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Korridore der Zeit

Korridore der Zeit

Titel: Korridore der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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dort die Waffen abzunehmen und sie zu fesseln. Wir müssen fort. Die Sache unserer Dame verbietet jeden Aufschub.«

11
     
     
    Regen prasselte auf das Dach der Hütte, die sonst einem Schäfer als Zuflucht diente. Auri schlief zusammengerollt auf dem kahlen Boden, den Kopf in Lockridges Schoß. Mikkel Mortensen kauerte mit Frau und Kindern vor der Hütte. Fledelius hatte darauf bestanden. »Wir beide müssen uns über geheime Dinge unterhalten, und meine morschen alten Knochen werden mich morgen nicht dazu kommen lassen, wenn wir den Weg zu Fuß fortsetzen.«
    Es hatte keine Möglichkeit gegeben, Pferde durch den Schmugglergang, der unter den Mauern Viborgs hindurchführte, aus der Stadt zu bringen. Die Flüchtlinge befanden sich nicht weit von der Stadt. Aber draußen gab es nur Leere, Regen und Dunkelheit, die gelegentlich von einem Blitz erhellt wurde. In der Hütte, die keine Feuerstelle hatte, war es kalt. Lockridge hatte sich wie Fledelius der nassen Kleidungsstücke bis auf die langen Strümpfe entledigt; er rieb seine Rippen und versuchte, das Klappern seiner Zähne zu unterdrücken. Er hätte lieber eines der Gastwirtskinder in die Hütte genommen, aber Auri brauchte seine Gegenwart in dieser Welt der Grausamkeit nötiger, als die anderen das Dach über dem Kopf.
    Wieder spaltete ein Blitz den Himmel. Donner folgte krachend. Dann herrschte wieder Dunkelheit. Der Wind heulte.
    »Verstehen Sie mich recht«, sagte der Däne ernst. »Ich bin ein guter Christenmensch. Ich will nichts mit der lutherischen Ketzerei zu tun haben, die die Junker und ihr Puppenkönig dem Reich aufzwingen wollen, noch mit dem Heidentum der Hexen. Aber es gibt ebensogut weiße wie schwarze Magie, oder nicht? Und es ist alter Brauch, Opfergaben für die Unsichtbaren zu hinterlassen. Sie rufen in Wirklichkeit gar nicht den Satan an, diese armen unwissenden Bauern, die sich morgen versammeln. Viborg war einst Vebjörg – der Heilige Berg. Wo jetzt sich die Kathedrale erhebt, war einst ein altes Heiligtum, bevor Odin sein Volk aus dem Osten hierher führte. Die Geister der Erde und des Wassers – kann man sie nicht anrufen, ohne schwere Sünde zu begehen? In diesen Tagen wissen die Bauern nicht, wohin sie sich sonst wenden sollen. Ich selbst stehe jedoch mit dem Bund nur in Berührung, ich gehöre ihm nicht an.«
    »Ich verstehe«, sagte Lockridge. »Und wie ist Sie zu Ihnen gekommen?«
    »Es ist eine lange Geschichte«, berichtete Fledelius mit heiserer Stimme. »Sie müssen wissen, daß ich Gutsbesitzer nahe Lemvig war, wie meine Vorväter seit dem ersten Waldemar. Es ist ein armes Gebiet, und wir Fledelius waren nie hochmütig, gehörten immer zur gleichen Klasse wie die armen Bauern. Auf meinem Boden gibt es einen kaempehoi -.« Ich kenne diesen Dolmen, dachte Lockridge –, »an dem die Leute kleine Opfer darbrachten. Sie sprachen von Wundern, die ihnen ab und zu begegneten, von Kommen und Gehen und was weiß ich. Wenn der Priester nichts sagte, wer war ich, mich in die alten Bräuche zu mischen?
    Ich focht in den Kriegen. Ich will nichts gegen meinen Herrn König Christian sagen. Schweden gehörte ihm nach altem Recht, das auf Königin Margarete zurückging, und ich nenne Sten Sture einen Verräter, daß er das Reich gegen die dänische Herrschaft aufwiegelte. Und doch ... ich bin kein Weichling, verstehen Sie ... als wir Stockholm betraten, war Amnestie erteilt worden, aber noch immer lagen die Toten wie Holz in der eisigen Kälte gestapelt. Krank im Herzen kehrte ich nach Hause zurück und schwor, auf meinen eigenen sandigen Äckern zu bleiben. Meine Frau starb, und mein Sohn, der in Paris studierte, blickte zweifellos auf mich herab, der ich kaum meinen Namen schreiben kann.
    Und dann erschien Sie mir an einem Sommerabend, als ich in den Feldern nahe dem sonderbaren Dolmen wanderte.«
    Aus den unbeholfenen Worten, mit denen er sie zu beschreiben versuchte, erkannte Lockridge Storm Darroway.
    »Hexe oder Heilige oder Geist des Landes, ich kann nicht sagen, was sie ist. Jedenfalls zog sie mich in ihren Bann. Sie versuchte nicht, mich von der Ausübung des Christenglaubens abzuhalten, sondern erzählte mir von Dingen, von denen ich nichts geahnt hatte, wie von dem Bund, und warnte mich, daß beschwerliche Tage kommen würden. Und sie zeigte mir Wunder. Mein armer, alter Verstand begreift nicht leicht, was Sie über Reisen aus der Vergangenheit in die Zukunft und zurück erzählte, aber sind bei Gott nicht alle Dinge möglich? Sie

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