Korridore der Zeit
richtig«, grinste Sverdrup. »Der Wirt hat ein hübsches Töchterlein.« Er musterte Lockridge und Auri. »Auch ein nettes Hühnchen, das Sie mit sich führen, Herr. Und welchem Zweck dient das Ganze?«
Ulfelds Blick durchbohrte Sverdrup und den Gastwirt. »Ich habe gehört, daß der Verräter Fledelius sich in diesem Haus aufhält.«
Sverdrup hob den Krug und trank einen mächtigen Schluck. »Man hört so manches. Genügt es Ihnen nicht, Kapitän Klement in Viborg zu haben?«
»Die Zelle neben ihm ist frei, und das Beil des Henkers wartet auf Fledelius. Diese Fremden behaupten, eine Verabredung mit ihm zu haben. Ich muß Sie bitten, sich auszuweisen.«
Sverdrup blinzelte den Gefangenen zu. »Ich möchte schon Fledelius sein, wenn ein so schönes Fräulein Sehnsucht nach ihm hat. Aber ich bin leider nur ein armer, alter Mann.« Er suchte in seinen Kleidern. »Hier. Ich hoffe, Ihre Schulkenntnisse sind weniger eingerostet als meine.«
Ulfeld blickte mit finsterer Miene auf das Dokument. Seine Leute kamen zurück. »Niemand außer der Familie des Wirtes, Herr«, meldete der eine.
»Habe ich es nicht gesagt, Herr?« schaltete sich der Gastwirt ein. »Torben ist schon in früheren Jahren Gast meines Hauses gewesen. Ich kenne ihn, und ich hatte immer einen guten Namen. Fragen Sie den Bürgermeister, ob Mikkel Mortensen nicht ein ehrlicher, treuer Mann ist.«
Ulfeld warf das Papier auf den Tisch. »Wir werden die Augen offen halten«, entschied er. »Es kann sein, daß der Verbrecher noch auftaucht. Versuchen Sie nicht, ihn zu warnen.« Er deutete auf zwei seiner Männer. »Ihr bleibt hier. Bewacht alle Türen und nehmt jeden fest, der hereinkommt. Laßt niemand hinaus. Ihr anderen folgt mir.«
»Wollen Sie keinen Krug Bier mit einem einsamen alten Mann trinken?« drängte Sverdrup.
»Nein. Ich muß diese Gefangenen vernehmen.«
Notfalls mit Daumenschrauben und glühenden Zangen, dachte Lockridge. Wie durch einen Nebel starrte er auf den Mann hinter dem Tisch. »Helft uns«, krächzte er heiser.
»Es tut mir leid«, murmelte Sverdrup. »Aber so viele sind tot, und viele andere werden bald sterben.« Er machte das Zeichen des Kreuzes.
Eine Hand stieß Lockridge auf die Tür zu. Er stemmte sich gegen den Druck. Eine Lanzenspitze krachte auf sein Knie nieder. Schmerz durchzuckte ihn; er taumelte und fluchte. Auris Kapuze war zurückgefallen, und einer der Soldaten packte sie beim Haar.
»Nein!« schrie das Mädchen. »Wir gehören Ihr! «
Sverdrups Krug knallte auf das Brett. Auri malte ein Zeichen in die Luft, etwas aus dem Ritual ...
Der große Mann griff unter den Tisch und kam schwerfällig auf die Beine. Eine Armbrust, die gespannt und geladen unter dem Mantel am Boden gelegen hatte, hob sich drohend.
»Nicht so hastig, Herr«, schnaufte er. »Nicht so eilig, wenn ich bitten darf.«
Ulfeld fuhr herum. Das Schwert blitzte. Speere senkten sich. Wenn ein Bär hätte grinsen können, hätte er ausgesehen wie der Mann, der Jesper Fledelius sein mußte. »Ruhig, ganz ruhig«, sagte er. »Eine Bewegung, eine ganz kleine Bewegung, und unser Herr Ritter wird nicht länger so gut aussehend sein. Wir wollen doch die Damen von Viborg nicht um ihr Vergnügen bringen, nicht wahr?«
»Sie werden Sie umbringen«, jammerte der Gastwirt. »Jesus sei uns gnädig.«
Fledelius nickte. »Mag sein, daß sie es versuchen. Aber hier ist auch noch mein Schwert. Es hat das Blut von Schweden, Holsteinern und sogar Dänen gekostet. Versuchen wir, unseren kleinen Streit friedlich beizulegen, wie es sich für gute Christen geziemt.«
Er wandte sich dem Gastwirt zu. »Mikkel, mein guter Mann, du mußt irgendwo ein Stück Seil haben, mit dem wir diese Burschen hier fesseln können.« Er strahlte Auri an. »Die Schrift spricht wahrlich von Weisheit in Unschuld, kleines Mägdelein. Worte hätten diesen feigen alten Körper kaum in Bewegung versetzt, denn Worte sind billig. Aber du hast mich Ihr Zeichen sehen lassen, das nicht lügt. Ich danke dir.«
Der Gastwirt begann zu schluchzen. Eine Frau und zwei Kinder schoben ihre erschreckten Gesichter durch die Hintertür. »Sei guten Mutes, Mikkel«, sagte Fledelius. »Natürlich mußt du diese Stadt mit uns verlassen. Ein Jammer, dieses schöne Gasthaus in die plumpen Hände der Gerichtsdiener des Junkers fallen zu lassen, aber der Bund wird dich nähren und beherbergen. Und wenn Sie zurückkehrt, wirst du belohnt werden.«
Er gab Lockridge einen Wink. »Herr, seien Sie so nett, denen
Weitere Kostenlose Bücher