Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Korridore der Zeit

Korridore der Zeit

Titel: Korridore der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
Vom Netzwerk:
Flamme.
    Lockridge achtete kaum darauf, welchen Weg sie nahmen. Schließlich öffnete sich eine Tür. Er ging hindurch und durch eine zweite Tür an der gegenüberliegenden Wand. In dem Raum, den er betrat, lag Auri auf einem Bett. Das Kleid, das sie trug, war recht hübsch, und sie hatte auch nicht an Gewicht verloren, aber sie stöhnte im Schlaf.
    Mit bebender Hand schaltete Lockridge den Diaglossa für ihre Zeit ein und streichelte sanft ihre Wange. Blinzelnd öffnete sie die Augen. »Malcolm«, murmelte sie.
    Er setzte sich und nahm sie in die Arme, und sie lachte und weinte und zitterte in seiner Umarmung. Worte brachen wie ein Strom aus ihr hervor: »Oh, Malcolm, ich dachte, du seiest tot. Bring mich fort, bring mich nach Hause, nur fort von hier. Nein, ich wurde nicht geschlagen, aber sie halten Menschen wie Tiere, sie züchten sie, und jeder haßt jeden, immer flüstern sie miteinander, warum wollen sie die andern besitzen, jeden einzelnen, sie kann nicht die Göttin sein, sie kann nicht ...«
    »Sie ist es auch nicht«, sagte er. »Ich kam durch ihr Land hierher, ich sah alles, und ich weiß Bescheid. Ja, Auri, wir werden in die Heimat zurückkehren.«
    Die innere Tür öffnete sich. Er wandte den Kopf und sah Yuria. Blonde Locken verbargen nicht, was sie im Ohr trug, noch vermochte ihr Nachtgewand zu verbergen, wie steif ihre Haltung war.
    »Ich wünschte fast, Sie hätten das nie zugegeben, Malcolm«, sagte sie.

18
     
     
    1827 vor Christus.
    Lockridge passierte den regenbogenfarbigen Vorhang. »Welche Zeit ist es?«
    Hu prüfte die Kalenderuhr. »Später, als ich wünschte«, sagte er. »Ende August.«
    Avildaro hat also ein Vierteljahr gelebt, seit wir Brann und die Yuthoaz schlugen, dachte Lockridge. Auri etwa ebensolange. Ich ein paar Tage, obwohl jeder Tag wie ein Jahrhundert war. Was hat Storm den ganzen Sommer hier getan?
    »Es ist der Unsicherheitsfaktor, der die Herstellung transtemporaler Verbindungen so schwierig macht«, sagte Hu. Er wandte sich wieder dem Tor zu. »Wir können es noch einmal versuchen.« Die vier Soldaten, die sie begleiteten, wurden unruhig. Einer von ihnen traf Anstalten zu protestieren. Hu überlegte es sich anders. »Nein. Wenn Sie Pech haben, können Sie dadurch mit den gräßlichsten Paradoxa konfrontiert werden. In den vergangenen Wochen brachte ich einige Kuriere hin und auch wieder zurück. Nach der letzten Meldung verlief alles glatt, und das war vor wenig mehr als einem Monat Ortszeit.«
    Er begann die Rampe hinaufzusteigen. Seine Männer setzten sich gleichfalls in Marsch und schirmten Lockridge und Auri ab. Das Mädchen umklammerte die Hand des Amerikaners und fragte heiser: »Sind wir wirklich zu Hause?«
    »Du bist es«, sagte er.
    Er fragte sich erstaunt, warum an einem Tor, das so wichtig geworden war, kein Aufgebot der Wardens Posten bezogen hatte. Sie wird verschiedene Gründe dafür haben, dachte er; unter anderem die Tatsache, daß sie soviel treue Männer wie möglich in ihrem eigenen Zeitalter zur Verfügung halten muß. Hauptsächlich aber wohl, um zu verhindern, daß die wahre Lage bekannt wurde, falls Kundschafter der Rangers tatsächlich hierher gelangen sollten.
    Sie stiegen hinauf. Die Sonne stand über satten grünen Wäldern im Zenit. Ein Rudel Rehe schreckte auf und setzte davon, wobei es Hunderte von Rebhühnern verjagte. Auri stand einen Augenblick mit strahlendem Gesicht, hob die Arme gegen den Himmel und warf das ungebundene Haar zurück. Bevor sie den Marsch angetreten hatten, hatte sie nach dem kurzen Gewand ihres Volkes verlangt. Mit Überraschung stellte Lockridge fest, wieviel fraulicher sie in der Zeit seiner Abwesenheit geworden war.
    »Wir sind wieder frei, Malcolm.« Sie tanzte und sang vor Freude.
    Du bist es. Vielleicht. Ich hoffe es wenigstens, dachte er. Und ich? Ich weiß es nicht.
    In den beiden Tagen, die er im Palast hatte verbringen müssen, war er nicht schlecht behandelt worden. Nur ein einziger Posten begleitete ihn, und er konnte gehen, wohin er wollte. Sehr höflich war er gebeten worden, seinen Bericht unter der Einwirkung einer Wahrheitsdroge zu verfassen, und er hatte sich damit einverstanden erklärt. Danach hatte Yuria lange Diskussionen mit ihm geführt, die darauf hinausliefen, daß seine Herkunft es ihm unmöglich machte, eine völlig andere Zivilisation zu verstehen; daß das, was er gesehen hatte, zufällig ein schlechtes Beispiel gewesen sei; daß das menschliche Leben ohne den tragischen Beigeschmack eben

Weitere Kostenlose Bücher