Korsar meiner Träume
Zuneigung und wollte es sich für immer einprägen.
»Du bist eine furchtbare Lügnerin«, antwortete er.
Weil seine Hand neben ihrem Knie lag, ergriff sie diese und versuchte nicht allzu fest zu drücken, als die Gefühle sie schier überwältigten.
»Kann ich irgendetwas für dich tun? Brauchst du etwas?«
Er seufzte.
»Es gibt so vieles, was ich tun möchte.«
Tränen brannten in ihren Augen, und sie blinzelte heftig, um sie zu vertreiben.
»Du wirst noch genug Zeit dafür haben.«
»Wir beide wissen, dass das nicht stimmt.« Er schloss die Augen und ruhte sich einen Moment lang aus.
»Du musst Nate helfen.«
»Was kann ich tun?«
»Blake hat Alicia.« Er lächelte wieder.
»Sie ist schon etwas Besonderes, unsere Alicia. Aber Nate hat niemanden. Er wird dich brauchen.«
»Bitte.« Claire führte Vincents Hand an ihre Wange.
»Ich habe Blake sagen hören, dass wir Santo Domingo noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen. Bitte gib nicht auf.«
»Ein Arzt kann mir jetzt nicht mehr helfen.«
Claire presste die Augen fest zusammen. Ihre Brust schmerzte, weil sie die Wahrheit seiner Worte laut schreiend verleugnen wollte, bis sich etwas daran änderte.
»Es tut mir leid.«
»Was tut dir leid, meine Liebe?«
»Ich sollte diejenige sein, die hier liegt. Du wärst nicht verletzt worden, wenn es mich und die Karte nicht gäbe, wenn ich nicht in dein Leben getreten wäre.«
»Das tut mir aber gar nicht leid.«
Claire konnte ihre Tränen nun nicht mehr aufhalten.
»Weine doch nicht.«
»Ich weiß, wir kennen uns noch nicht sehr lange, aber ich bin gekommen …« Sie drehte den Kopf zur Seite und wischte sich über die Wangen.
»Du bist ein Freund, Vincent, und sieh, was ich über dich gebracht habe.«
»Du hast mich zum Lächeln gebracht, du hast mir deine Freundschaft geschenkt.« Er seufzte.
»Ich wünschte mir, ich hätte auch so eine besondere Frau treffen dürfen, so wie Blake und Nate es getan haben.«
»Ruh dich aus«, flüsterte sie. Sie ignorierte den Schmerz in ihren Rippen, als sie sich vorbeugte, und legte ihm die Hand auf die Wange. Er sah klein und zerbrechlich aus im Bett, doch der Schnurrbart unter ihrer Handfläche bewies, dass dort kein kleiner Junge lag, ganz gleich wie sehr er auch wie ein solcher aussah.
»Pass auf Nate auf. Der Riesentölpel braucht jemanden, der auf ihn aufpasst.«
Die Zuneigung in seiner immer schwächer werdenden Stimme war klar und stark, auch wenn die Worte selbst nicht mehr als ein Flüstern waren. Weil sie Vincent sehr mochte, log sie ihn nicht an. Sie antwortete ganz einfach nicht.
Stattdessen wartete sie, bis er wieder eingeschlafen war, dann küsste sie ihn auf die Stirn und verließ die Kajüte. Nates Blick folgte ihr von der Luke bis hinüber zu ihrem Lager, aber sie ignorierte ihn. Sie musste alleine sein, musste alleine trauern.
Sie hatte doch gerade erst die Überreste ihres Vaters beerdigt. Sie wusste ebenso wie Vincent es tat, dass sie sehr bald schon einen Freund verlieren würde. In ihrem Herzen gab es keinen Platz mehr für weiteren Kummer, und an Nate zu denken, würde alles bloß noch schlimmer machen.
Trotz größter Anstrengung gingen ihr Vincents Worte nicht aus dem Kopf, wenngleich sie auch nicht richtig waren. Nate brauchte niemanden. Er hatte sein Leben ohne sie gelebt, war zu Reichtum gekommen, und obwohl sie es hasste, war er einer der berüchtigtsten Piraten geworden. Wenn jemand gut alleine zurechtkam, dann war es Nate.
Obwohl es mitten am Tag war, kroch sie unter das Rettungsboot. Die Sonne schien heiter durch ihre geschlossenen Augenlider, aber in ihrem Herzen war keine Heiterkeit.
Noch nie war es solch eine Erleichterung gewesen, Land zu sehen. Die Bäume von Santo Domingo wuchsen wie dunkle Smaragde aus der Erde. Und in Nates Vorstellung waren sie sogar noch kostbarer. Sie hatten Zeit gutgemacht. Die Sonne ging gerade erst am Horizont unter.
»Halte durch«, murmelte er, als er das Steuer Richtung Hafen ausrichtete, »halte nur noch ein bisschen länger durch.«
Er rief seine Befehle, und die Mannschaft gehorchte eilig. Segel wurden getrimmt, Seile zusammengerollt. Das Langboot wurde fertiggemacht. Nate segelte die Revenge so nahe heran wie möglich und fluchte leise vor sich hin, als das Schiff nicht schnell genug vorankam.
»Lasst den Anker fallen!«, brüllte er. Er wartete gar nicht darauf, dass der Befehl ausgeführt wurde. Er wusste ganz genau, es würde geschehen, da alle nur an Vincent dachten.
Dann
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