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Korsar meiner Träume

Korsar meiner Träume

Titel: Korsar meiner Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Beattie
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hatte nicht genau aufgepasst. Er war ihnen gefolgt, gewiss, aber er hatte zurückgelegen, und sein Sehvermögen war, wie Sid betont hatte, zum damaligen Zeitpunkt nicht besonders gut gewesen.
    Aber weshalb sollte der Bursche bei Nate sein? Welchen verdammten Grund mochte es dafür geben? James schüttelte den Kopf. Ein Junge und ein Zwerg. Was für eine verdammt seltsame Mannschaft segelte da mit Nate?
    »Mann, du steckst vielleicht in der Patsche«, lachte Sid.
    »Sie haben die Karte, und du weißt nicht, in welche Richtung sie segeln, jedenfalls nicht, seit deren Lichter aus sind.«
    James sah Sid an und wusste ganz genau, was er tun musste.
    »Du hast recht«, gab er zu, »ich stecke in der Klemme. Und bevor es noch schlimmer wird …«
    James zog seine Pistole und lächelte, als er den Schreck sah, der Sids Gesicht erfasste. Dann schoss er.
    »Kümmere dich um ihn«, bat er ein vorbeikommendes Mannschaftsmitglied. James stopfte sich die Pistole zurück in die Hose und machte sich auf den Weg zum Steuerruder.

4
    Die kühle feuchte Luft besänftigte Claires Laune keineswegs. Die unglaubliche Frechheit dieses Mannes – sie schnaubte vor Wut, als sie zum Bug marschierte. Da die Lichter aus waren und der Mond zum größten Teil hinter Wolken verborgen lag, musste sie sich vorsichtig ihren Weg bahnen. Eine kleine Schaluppe wie diese hatte nur wenig freie Deckfläche, wenn die Männer umhereilten, die Seile festzurrten und die Segel setzten. Claire lavierte sich um sie herum. Die Männer warfen ihr wegen ihres Huts und der Kleider, ganz abgesehen davon, dass die Dunkelheit sie schützte, kaum mehr als flüchtige Blicke zu.
    Claire stützte die Unterarme auf die Reling und ließ den Kopf zwischen ihnen baumeln. Nate. Wie zum Teufel konnte das Schicksal so grausam sein und Nate zurück in ihr Leben bringen? Und um es noch schlimmer zu machen, hatte er nicht bloß die Karte, sondern sie war auch noch auf seinem Schiff gefangen. Ihr Kopf schnellte hoch. Wo zum Teufel hatte er dieses Schiff her? Sie hatte genügend Zeit auf Schiffen verbracht, um am Zustand des Decks und der Reling, ganz abgesehen vom Rumpf, über den sie an Bord geklettert war, zu erkennen, dass dies kein altes Schiff war.
    Wie konnte er ein solches Schiff besitzen und zusätzlich eine Mannschaft unterhalten – war er ein Handelsseefahrer, fragte sie sich? – Weshalb brauchte er dann ihre verdammte Karte? Diese Ungerechtigkeit wütete solange in Claire, bis sie am liebsten irgendetwas geschlagen hätte. Oder vielmehr, irgendjemanden. Jemanden, der sehr groß gewachsen war.
    »Ich dachte, du könntest das hier gebrauchen«, erklang eine Stimme neben ihr.
    Claire drehte sich um und sah den Zwerg und den Becher, den er ihr mit seiner kleinen Hand entgegenstreckte.
    »Es ist Kaffee, aber ich habe einen ordentlichen Schuss Rum hineingeschüttet.« Er zuckte die Achseln.
    »Ich dachte, nachdem du mit Nate zu tun hattest, bräuchtest du vielleicht etwas Stärkeres.«
    Der Zwerg lächelte. Ein Bartschatten verdunkelte seine Wangen. Seine Stimme war tief wie die eines ausgewachsenen Mannes es sein sollte, doch mit seinen runden Wangen und seiner kurzen Statur – sein Kinn befand sich auf derselben Höhe wie Claires Ellenbogen – sah er so reizend aus wie ein Kind. Doch Claire hatte nicht vor, ihm das zu erzählen.
    »Vielen Dank. Der Mann ist unausstehlich.«
    Er lachte.
    »Ist das schon alles? Ich würde sagen dickköpfig, höllisch frustrierend oder wenigstens saumäßig nervig.«
    Claire konnte es nicht verhindern, sie musste lächeln.
    »Dann kennst du ihn gut, nicht wahr?«
    Er nickte.
    »Ich bin seit sechs Jahren mit ihm gesegelt, drei davon auf diesem Schiff und drei auf dem Schiff unseres besten Freundes Blake. Übrigens, ich bin Vincent.«
    »Claire«, antwortete sie. Es gab keinen Grund, ihr Geschlecht vor ihm zu verbergen, da sie vorhin auf der Straße auch kein Geheimnis daraus gemacht hatte.
    »Woher kennst du Nate?«
    Sie nippte vorsichtig an ihrem Kaffee. Er war heiß, aber nicht genug, um sich den Mund zu verbrennen, und es war tatsächlich ordentlich Rum darin. Sie nahm einen großen Schluck und schaute hinaus aufs Meer. Da gab es nicht viel zu sehen. Nevis lag hinter ihnen, und alles andere war bloß eine große onyxfarbene Decke. Wasser schlug an den Rumpf, und der Geruch von Seewasser strich über die Wellen.
    Sie dachte intensiv über Vincents Frage nach. Sie hatte noch nie gerne über ihre Vergangenheit gesprochen, da sie, um ihre Tarnung

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