Korsar meiner Träume
dafür ist, weshalb ich geneigt bin, ihnen zu glauben.«
Nate rieb sich das Gesicht.
»In Ordnung, das reduziert es auf zwei Schiffe und zwei Routen.«
Er schaute Claire an.
»Es gibt viele Inseln sowohl nahe Santo Domingo als auch nahe Barbados, die zerklüftete Küsten haben.«
»Ich weiß«, stimmte sie mit einem müden Seufzen zu.
»Lass mich das noch einmal sehen«, sagte Nate, und Vincent reichte ihm die Karte herüber.
Claire beobachtete Nate, wie seine Finger die Inseln nachzeichneten und seine Lippen sich bewegten, während er die Worte las. Obwohl oben die Männer trampelten und ihre dumpfen Stimmen ohne Probleme zu ihnen nach unten drangen, war es doch leise und ruhig in Nates Kajüte.
»Hier«, sagte Nate und klopfte auf die Karte.
»Wo es heißt ›kühne Küste‹. Was, wenn es nicht das bedeutet, was wir glauben?«
»Ich kann dir nicht folgen«, antwortete Claire. Trotzdem streckte sie ihr Bein aus und setzte sich aufrecht hin.
»Was, wenn anstelle einer Steilküste eigentlich gemeint ist, sie sei kühn oder dreist.«
Sie runzelte die Stirn.
»Dreist?«
Vincent sah sie an und zog verwirrt die Schultern hoch.
»Ich habe keine Ahnung, was er meint«, sagte er.
»Fällt dir denn kein Hafen ein, der unerschrocken und anmaßend, also dreist ist?«
»Tortuga?«, schlug Vincent vor.
»Nicht Tortuga. Piraten waren dort mehr als willkommen. Aber da gibt es eine kleine Insel, die einst einen Piratenangriff abwehrte. Die Einheimischen waren zahlenmäßig deutlich unterlegen, aber da sie leidenschaftliche Krieger waren, haben sie nicht nur um ihr Leben gekämpft und gewonnen, sie haben dabei auch die Hälfte der Piratenmannschaft getötet.«
Der Name fiel Claire schnell ein, und sie schnappte sich die Karte und sah, wo Nate sie eingezeichnet hatte. Sie deutete auf die Insel, die südöstlich von Santo Domingo lag.
»Isla de Hueso, die Knocheninsel.«
»Isla de Hueso?«, wiederholte Vincent.
Nate lächelte, seine Augen funkelten und steckten Claire mit ihrer Begeisterung an. »So wurde sie damals noch nicht genannt, aber seither ist das ihr Name. Der entscheidende Punkt ist, von jenem Tag an ließen sie eine verstümmelte Piratenflagge an ihren Küsten wehen.«
»Um andere Piraten abzuschrecken«, ergänzte Claire, »ich bin nie dort gewesen, aber ich habe davon gehört.«
»Nur aus Neugier, hat die Insel auch eine Steilküste?«, fragte Vincent.
»Die Insel«, erklärte Nate, »ist wie ein Knochen geformt, weshalb sie auch ihren Namen hat. Die beiden Enden sind stark bewaldet und sehr steinig, aber ich würde nicht so weit gehen, sie als kühne Küsten zu bezeichnen. Sie sind nicht sehr steil und die Felsen reichen ziemlich weit hinaus, was das Verankern eines Schiffes dort knifflig macht.
Der mittlere Teil entlang der beiden Längsseiten der Insel, vorbei an den Felsen und Bäumen, besitzt sandige Strände, und die Stadt liegt auf einer kleinen Erhebung zwischen diesen Stränden.«
»Wenn die Piraten vertrieben wurden, was lässt dich dann glauben, es wird uns da besser ergehen? Besonders wenn ihnen klar wird, wonach wir suchen?«
»Erinnere dich daran, dass das alles vor beinahe einhundert Jahren passiert ist, Vincent. Die Insel ist verödet und das schon seit fast hundert Jahren.«
Vincents Augen blitzen auf, als er es kapierte.
»Was passierte mit den Einheimischen?«
»Nun, sie waren nicht allen gegenüber ungastlich und mehr als froh, Besucher willkommen zu heißen, die vorbeikamen, um freundlich Handel zu treiben. Nach allem, was ich gehört habe, brachte eine solche Gruppe von Besuchern die Pocken mit. Sie töteten den Großteil des Stammes. Diejenigen, die überlebten, verließen die Insel aus Angst, sich mit der Krankheit anzustecken. Seither ist die Insel verlassen.«
Aufregung überlief Claire, und sie bekam eine Gänsehaut an den Armen. Das alles passte perfekt zusammen.
»Falls der Schatz auf der Isla de Hueso ist, dann bedeutet das, dass er auf der Emmeline war, da die Isla de Hueso auf dem Kurs nach Santo Domingo liegt«, schlussfolgerte Claire.
»Es ist naheliegend, dort einen Schatz zu verstecken. Alle Hinweise passen. Falls die Insel gefürchtet wurde, Spuren der Krankheit zu tragen, welch besseren Ort gab es dann, um ein Vermögen zu verstecken, als eine Insel, auf der niemand Halt zu machen wagte?«
»Ganz genau. Außerdem, falls die Insel damals unbewohnt war, und wenn auch erst seit relativ kurzer Zeit, und falls meine Daten korrekt sind, dann wäre auch
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