Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kosaken Liebe

Kosaken Liebe

Titel: Kosaken Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
hob die Schultern und zog den Kopf ein, als friere er an diesem warmen Juniabend. »Was soll nun werden?«
    »Reite nach Hause, Väterchen. Ich komme zurück.«
    »Wann, Töchterchen?«
    »In zwei, drei Jahren. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, Muschkow zu ändern. Aber ich komme nur mit ihm zurück. Ich bringe ihn mit.«
    Lupin nickte mehrmals. Wen soll man anklagen? dachte er. Gott? Das Schicksal? Den Zaren, weil er nicht alle Kosaken aufgehängt hat? Mich selbst, weil ich Widerstand leisten wollte und erst dadurch dieser Muschkow zu Marina kam? Was soll man machen? Ist es nützlich, sich in den Fluß zu stürzen und sich selbst zu ersäufen?
    »Es ist gut, Töchterchen«, sagte Lupin mühsam. Er brauchte mehr Kraft dazu, als zwei Bullen festzuhalten. »Ich verstehe es nicht – aber zieh mit Gott.«
    »Ich danke dir, Väterchen.« Ihre Stimme schwankte plötzlich. »Ich kann dich nicht umarmen und küssen … Es geht jetzt nicht.«
    »Natürlich nicht. Du bist ja ein Kosak …«
    Sie nickte, drehte sich um, nahm die Zügel ihres Pferdes und ging zurück zu der Herde. Langsam drehte sich Lupin um und blickte seiner Tochter nach. Sie ging in das letzte Tageslicht hinein, das sich noch im Fluß spiegelte. Ein kleiner, schmaler Kosak mit lustiger roter Mütze auf dem blonden Haar. Marinuschka …
    »Ich bleibe bei dir!« sagte Lupin laut. Niemand hörte ihn, die sechshundert Pferde tranken noch immer im Fluß. »Was soll ich in Nowo Orpotschkow? Du läufst mir davon, Töchterchen, aber ich laufe dir nach. Dein alter Vater läuft dir nach. Was soll er ohne dich auf der Welt? Außerdem wirst du mich einmal brauchen, das weiß ich.«
    Er blickte ihr nach, wie sie mit der ersten Gruppe zum Lager davonritt. Sie saß wie angewachsen im Sattel. Das machte ihn stolz, und er sagte zu sich: Das hat sie von mir gelernt!
    Er sah ihr nach, bis sie in der fahlen Dunkelheit und zwischen den Pferden unkenntlich wurde. Dann erst ging er zurück zu den udmurtischen Bauern an der Kama und hörte zu, was sie zu berichten hatten.
    Jermak und seine Kosaken zogen zu einem Stroganow, der sie im Namen des Zaren gerufen hatte.
    Kosaken – im Namen des Zaren?
    Lupin verstand die Welt nicht mehr. Irgendwie, dachte er, scheint die Zeit über mich hinweggerollt zu sein. Nur meine Tochter hat es begriffen: Es gibt keine anständigen Menschen mehr. Schwer, sich daran zu gewöhnen …
    Er hockte sich ans Flußufer, und jetzt erst kam die volle Freude über ihn, daß seine Tochter alles lebend überstanden hatte.
    Aus dem Lager klang der Gesang der Kosaken herüber. Es roch nach gebratenem Ochsenfleisch …
    Muschkow saß neben Marina am Feuer und freute sich auf das Essen.
    »Wie alt bist du?« fragte sie plötzlich.
    »Ich glaube, achtundzwanzig Jahre.«
    »Doppelt so alt wie ich!«
    Muschkow sah sie von der Seite an. Was ist denn das nun wieder, dachte er. Wenn sie so fragt, dann bedeutet das immer Gefahr.
    »Warum?« fragte er rauh zurück.
    Sie lachte und legte sich zurück in das vom Feuer gewärmte Gras. »Eigentlich bist du schon ein alter Mann …«, sagte sie. »Mach dir aber nichts draus …«
    Die ganze Nacht über lag Muschkow wach und dachte darüber nach, was Marina so leichthin und mit so verfluchter Fröhlichkeit gesagt hatte. Ein alter Mann … das stak in ihm wie ein Dorn mit Widerhaken. Überhaupt, diese schlaflosen Nächte … Sie waren so zahlreich, daß Iwan Matwejewitsch abmagerte und herumging wie ein Mensch, den man dauernd gegen den Hinterkopf geschlagen hat.
    Selbst Jermak fiel das auf. Muschkow hockte auf dem langen Ritt nach Norden oft neben ihm auf seinem Pferd, als schliefe er im Sattel, stierte in die Gegend mit einem geradezu blöden Blick, und wenn man ihn unverhofft ansprach, fuhr er zusammen, grinste verlegen und hatte nichts von dem verstanden, was man zu ihm gesagt hatte. Ein rätselhafter Zustand …
    »Du bist krank«, sagte Jermak zu ihm, als sie am nächsten Tag weiterritten und Muschkow auf seinem Pferd hing wie ein Hirsesack. »Ist's der Magen, Brüderchen? Überfressen hast du dich, nicht wahr? Oder fehlt dir ein kräftiges Weib, du Gauner?« Jermak lachte laut, gesund, kräftig, geradezu provozierend.
    Muschkow grinste bitter. »Ein Weib!« sagte er müde. »Jermak Timofejewitsch, erinnere mich nicht an ein weißes, warmes Körperchen! Man könnte weinen!«
    »Also doch! Nimm dir eine … Wir kommen noch durch genügend Dörfer, ehe wir bei den Stroganows sind. Keine Plünderungen mehr, habe ich

Weitere Kostenlose Bücher