Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kosaken Liebe

Kosaken Liebe

Titel: Kosaken Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
nicht genau hinsah, konnte glauben, der Adjutant Boris Stepanowitsch sei verletzt und eine Wunde am Fuß umwickelt worden. Außerdem war ja der alte Lupin bei ihm – ein Beweis also, daß er ärztlichen Rates bedurfte!
    »Er kommt wieder, Marinuschka, beruhige dich«, sagte Lupin und beobachtete mit gerunzelter Stirn, wie aus der fernen Stadt die ersten Rauchwolken aufstiegen. Hohlköpfe alle, dachte er grimmig. Der Winter naht, sie suchen feste Quartiere, und was machen sie? Sie brennen die Häuser nieder, in denen sie den Frost gut überstehen könnten! Wenn das so weitergeht, werden sie unter die umgestülpten Boote kriechen müssen, um überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben. Aber so sind sie, die Kosaken! Berauschen sich am Zerstören und wundern sich hinterher, daß es ihnen trotz aller Siege so dreckig geht. Gott im Himmel, womit habe ich einen solchen Schwiegersohn verdient!
    »Du hast mich festgehalten«, sagte Marina verbissen. »Ein Vater, der seine Tochter zu Boden drückt!«
    »Es war Notwehr, mein Täubchen. Jetzt lebst du aber … Wer weiß, was dir im Hagel der Pfeile geschehen wäre!« Lupin strich ihr über die kurzgeschnittenen blonden Haare, die Muschkow wieder mit dem Messer gestutzt hatte. Eine besonders lange, gekräuselte Locke hatte Iwan heimlich behalten, in ein Ledersäckchen gesteckt und um den Hals gehangen. Er war nicht abergläubisch, o nein, aber irgendwie hatte er die Hoffnung, daß ihn diese goldene Locke vor allen Gefahren bewahren würde wie jener Zauberstein, von dem die Märchen berichteten.
    »Ein Vater darf alles, um seine Tochter zu retten!« sagte Lupin, und vor Rührung schossen ihm dabei die Tränen in die Augen. »Bin ich den ganzen Weg mitgezogen, um dich den Tataren zu überlassen?«
    »Es ist, als wenn du gegen den Sturm kämpfen wolltest, Väterchen.« Sie richtete sich auf und starrte den Trupps entgegen, die zurückkamen. Verwundete, darunter Kosaken, die ihre toten Kameraden trugen. Eine Schar von etwa dreihundert Tataren wurde zum Fluß getrieben. Sie waren durch den Kampf entnervt, verschüchtert und hatten mit dem Leben abgeschlossen. Sie rechneten damit, noch vor Sonnenuntergang enthauptet zu werden, wie es mongolische Sitte war.
    »Hilf mir jetzt auf die Beine«, sagte Marina Alexandrowna.
    »Töchterchen …«, bettelte Lupin. »Du bist verwundet …«
    »Hilf mir hoch!« schrie sie hell. »Oder ich schreie es hinaus: Dieser Lupin, dieser hinterlistige Hund, hat mich festgebunden!«
    Da knüpfte Lupin das Tuch von ihren Füßen, und sie stand auf. Er kämpfte noch mit seinem Vaterherzen, ob er Marina verstoßen oder züchtigen sollte.
    »Wo ist Iwan Matwejewitsch?« rief sie den Zurückkehrenden zu. »Hat ihn einer gesehen? Lebt er noch? Weiß jemand, wo er jetzt steckt?«
    Die Verwundeten zuckten mit den Schultern. Nur einer, ein Kosak mit einem Pfeil in der Schulter, den er steckengelassen hatte, weil die Widerhaken sonst ein großes Loch gerissen hätten und nur ein geschickter Feldscher den Pfeil herausschneiden konnte, blieb stehen und zeigte auf die Frage des Adjutanten mit dem Daumen zur Stadt.
    »Muschkow stürmt mit dem Popen die Moschee! Ich habe sie gesehen, wie sie einen Mullah, der ihnen entgegentrat, durch die Luft warfen, als sei er ein Steinchen.«
    Er zeigte auf den Pfeil in seiner Schulter, blickte Lupin wehmütig an und taumelte näher.
    »Kannst du ihn herausholen, Alterchen?«
    »Mit oder ohne Betäubung?«
    »Bin ich ein Weib, he?«
    »Setz dich!« Lupin holte aus dem Gürtel seinen Dolch, wetzte ihn an einem Stein und prüfte mit dem Finger die Schneide. Dann steckte er dem Kosaken ein Stück Holz zwischen die Zähne und nickte ihm zu. »Beiß drauf und halt das Maul!«
    Er riß die Bluse des Kosaken herunter, betastete den Pfeil und sah, daß er nicht sehr tief zu schneiden brauchte. Darüber vergaß Lupin einen Augenblick sein Töchterchen, und als er sich wieder umdrehte, sah er sie weglaufen – der brennenden Stadt entgegen!
    »Boris Stepanowitsch!« brüllte er verzweifelt. »Dein Fuß! Du bist verletzt!«
    »Jermak sucht nach ihm!« sagte der Kosak mit dem Pfeil. »Es ist schon das zweitemal, daß sein Adjutant bei einem Kampf nicht an seiner Seite war.«
    Lupin schwieg. Er erkannte die Gefahr, in der Marina schwebte, und spürte die Angst in sich hochsteigen. Wie viele Tage und Wochen lagen noch vor ihnen, und es war unmöglich, jedesmal, wenn es ans Kämpfen ging, den Adjutanten zurückzuhalten.
    Dann schnitt er zu,

Weitere Kostenlose Bücher