Kostas Charistos 5 - Faule Kredite
fragt einer, der den Begriff nicht kennt.
Als ich nach dem englischen Wort suche, kommt mir ein anderer Typ zuvor, dessen Griechischkenntnisse offenbar besser als mein Englisch sind. »Posters«, stellt er klar.
»Posters? No… no…«, sagen die Übrigen wie aus einem Munde.
»Hat euch vielleicht jemand gefragt, ob ihr für ihn posters kleben wollt?«
»No«, ist die einhellige Antwort.
»Commissario«, mischt sich der Mann mit den Griechischkenntnissen ein, »wir machen jede Job. Blumen verkaufen, Autoscheibe waschen, Scheiße wegputzen… Aber posters, nein. Gestern nicht und vorher auch nicht.«
Das Gespräch wird durch das Klingeln meines Handys abgewürgt: Dermitsakis ist dran. »Herr Kommissar, können Sie in ein Kafenion gleich hinter der Kreuzung Michail-Voda- und Pafou-Straße kommen? Wir sind hier auf etwas gestoßen.«
»Vielen Dank, die Sache hat sich erledigt«, erläutere ich den ausländischen Gästen.
»Auf Wiedersehen«, sagt der Wirt im Namen aller, ein »Auf Nimmerwiedersehen« hat er brav hinuntergeschluckt.
Es ist gleich zwölf Uhr mittags, und die Hitze wird langsam unerträglich. Wie kamen wir bloß auf die Idee, in der Nähe des Viktoria-Platzes zu parken? Ich weise Vlassopoulos telefonisch an, den Streifenwagen zur U-Bahn-Station Agios Nikolaos zu fahren. Nachdem ich eine ganze Weile über den glühenden Asphalt gelaufen bin, komme ich endlich in die Michail-Voda-Straße. Das Kafenion liegt ein Stück weiter auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
Es ist größer und voller als das vorige Cafe. Lautes Stimmengewirr dröhnt mir entgegen, alle reden wild durcheinander, ja schreien sogar quer durch den Raum. Dermitsakis sitzt allein an einem Tisch. Bei meiner Ankunft steht er auf und kommt mir entgegen.
»Das ist hier so eine Art Jobcenter«, erklärt er mir lachend.
Hier sitzen sie also: Katerinas künftige Mandanten, mittellos und auf jeden Job angewiesen. Vermutlich behält Adriani in Hinblick auf Katerinas Berufsaussichten recht.
»Wer hat alles bei der Plakataktion mitgemacht?«, frage ich meinen Assistenten.
Dermitsakis winkt drei dunkle Typen heran, die ich auf den ersten Blick für Pakistaner halte. Den Wirt, ebenfalls Ausländer, fordere ich auf, die übrigen Gäste eine halbe Stunde um den Häuserblock zu schicken. Wenig begeistert fügt er sich in sein Schicksal. Nachdem er seiner Kundschaft etwas in einer mir unverständlichen Sprache erklärt hat, zieht die ganze Truppe ab.
»Sprecht ihr Griechisch?«, frage ich die drei, die zurückgeblieben sind.
»Bisschen«, sagt einer von ihnen.
»Wer hat euch gestern zum Plakatieren geholt?«
»Hamed.«
»Wer ist Hamed?«, fragt Dermitsakis.
»Hamed findet Arbeit für uns. Er sagt: Heute Arbeit, und dann wir kommen. Einmal er uns gibt fünf Euro, dann wieder sieben. Gestern hat uns gegeben zehn Euro.«
»Zehn Euro viele Geld«, sagt der Zweite des Trios.
Offenbar ist dieser Hamed gut vernetzt und vermittelt Jobs. Dafür zahlt er den Leuten hier dann nur einen Teil ihres Tagelohns aus und steckt den Rest in die eigene Tasche.
»Was hat euch Hamed gesagt?«
»Wir gehen Plakate kleben. Aber wir sollen aufpassen, weil wir kleben an Masten, und das forbidden.«
»Deshalb er uns gegeben zehn Euro«, erklärt der Zweite. »Wegen risk.«
»Kleben und weglaufen, kleben und weglaufen, und Hamed passt auf Bullen auf«, ergänzt der Dritte.
»Und wo habt ihr die Ausrüstung hergehabt?«
»Ausrüstung?«, wiederholt der Erste, während sie Blicke wechseln.
»Bürsten und Kleister«, erklärt ihnen Dermitsakis.
»Ah, er hat uns gebracht an ein Ort. Dort waren Bürsten und Kleister.«
»Was war das für ein Ort? Ein Lagerraum?«
»No, Stück Land. Nicht weit von hier.«
»Kommt, das möchte ich sehen«, sage ich zu ihnen.
Die drei führen uns zu dem >Stück Land<, das ein paar Straßen weiter liegt und sich als der Garten eines verlassenen Hauses herausstellt.
»Da wir haben alles gefunden«, erklärt der Erste und deutet auf eine Stelle am Fuß der Mauer, gleich neben der Gartentür. Dort war das Material von der Straße aus nicht zu sehen.
Demnach hat der Auftraggeber der Plakataktion zuerst die Ausrüstung hier deponiert und dann Hamed angesprochen. Der Rest war dann ein Kinderspiel. Das heißt, er muss die Einwandererszene gut kennen und gewusst haben, dass er Hamed damit beauftragen kann, seine Mannschaft zusammenzutrommeln.
»Wo können wir diesen Hamed finden?«, frage ich.
Sie müssen lachen. »Hamed ganze
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