Kostas Charistos 5 - Faule Kredite
ob er weitermacht.«
»Und was die Banken dagegen unternehmen werden«, fügt Sotiropoulos hinzu.
»Das haben sie heute Mittag in der Pressekonferenz verkündet«, meint Nestoridis.
»Was? In welcher Pressekonferenz?« Anscheinend sind die Bankmanager nach dem Ministertreffen direkt vor die Presse gegangen.
»Ja, und sie haben gesagt, sie geben keine Darlehen mehr, wenn sich der Boykottaufruf wiederholt«, erklärt Nestoridis.
Sotiropoulos zuckt gleichgültig die Achseln. »Die Zeitungen drucken bestimmt kein Inserat mehr ab. Und eine zweite Plakataktion birgt wesentlich mehr Gefahren, weil die Polizei jetzt auf jeden Plakatierer achtet.«
Schweigen macht sich zwischen uns breit - ein Zeichen, dass alles gesagt ist. Da ich merke, dass Sotiropoulos und Nestoridis noch zu zweit weiterplaudern wollen, stehe ich auf.
»Vielen Dank, jetzt sehe ich alles mit anderen Augen«, sage ich zu Nestoridis und strecke ihm meine Hand entgegen.
»Wenn Sie noch einmal meine Hilfe brauchen, bin ich gerne für Sie da. Meine Handynummer kann Ihnen Piaton geben.«
»Meine Zulage ist wahrscheinlich schon angewiesen, aber auf das Grundgehalt muss ich wohl noch warten«, scherzt Sotiropoulos.
»Die nächste Rate kommt, sobald sich neue Erkenntnisse ergeben.«
Da die Athener Straßen nur zu Maria Himmelfahrt oder an einem glühend heißen Nachmittag wie heute bequem befahrbar sind, bin ich in kürzester Zeit im Büro. Ohne Zeit zu verlieren, rufe ich die Kalaitzi, Stavridis’ Sekretärin, an, und zum Glück geht sie auch gleich ran.
»Kommissar Charitos hier.«
»Guten Tag, Herr Kommissar«, entgegnet sie freundlich.
»Beim heutigen Treffen mit dem Minister habe ich Herrn Stavridis um eine Liste jener Kunden gebeten, deren Vermögen von ihrer Bank gepfändet wurde.«
»Ich weiß, Herr Stavridis hat mich darüber informiert. Bis morgen wird sie vermutlich fertig sein.«
»Mir ist klar, dass ich Ihnen jetzt zusätzliche Arbeit bereite, aber ich brauchte noch eine Aufstellung der Bankangestellten, die in letzter Zeit entlassen wurden.«
»Ehrlich gesagt wundert es mich, dass Sie nicht schon früher danach gefragt haben. Sie hatten sich ja schon in unserem ersten Gespräch für die leitenden Mitarbeiter interessiert, die Sissimopoulos nicht mochten. Über den Bankenverband lasse ich Ihnen dann gleich beide Listen zukommen.«
»Frau Kalaitzi, darf ich Sie nach Ihrer persönlichen Meinung fragen? Glauben Sie, dass ein entlassener leitender Angestellter hinter der Kampagne gegen die Banken steckt?«
»Als Mörder könnte ich ihn mir eher vorstellen«, lacht sie.
»Wieso?«
»Hm, wie soll ich Ihnen das erklären?«, meint sie zögernd. »Bankangestellte haben eine besondere Beziehung zu ihren Arbeitgebern. Es gibt zwar viel Konkurrenzverhalten und Antipathien bis hin zu offenem Hass, aber dem Bankinstitut selbst bleibt man loyal. Vielleicht erklärt das die Tatsache, dass im Vergleich zu anderen Berufen so wenig Personal von einer Bank zur anderen wechselt. Darum habe ich gesagt, dass ein Mitarbeiter eher zum Mörder an einem Vorgesetzten wird als zum Verräter an seiner Bank.« Sie hält inne und wägt ihre Worte ab. »Mein Instinkt sagt mir: Diese Kampagne wurde von einem ehemaligen Kunden ausgedacht, der durch eine Bank Schaden erlitten hat.«
Alle weiteren Schritte hängen von den beiden Listen ab, die mir morgen vorliegen werden. Daher habe ich heute nichts weiter zu tun. Da ich außerdem hundemüde bin, beschließe ich, nach Hause zu fahren.
Na bestens, denke ich, als ich in den Fahrstuhl steige. Nestoridis und Sotiropoulos glauben, dass der Täter ein früherer Mitarbeiter ist, und die Kalaitzi, die besser über das Bankpersonal Bescheid weiß, hält einen Kunden als Täter für wahrscheinlicher. Das heißt also, wir müssen beide Gruppen überprüfen. Und das wiederum kostet uns mindestens einen Monat Zeit. Und währenddessen kann der Täter in aller Ruhe erneut zuschlagen.
Adriani steht in der Küche und putzt grüne Bohnen. In der Wohnung ist es angenehm kühl dank unserer Klimaanlage, die uns Fanis nach meinem Herzanfall dringend empfohlen hat.
»Putzt du die grünen Bohnen für Katerina?«, frage ich sie.
Sie hebt den Kopf und blickt mich überrascht an. »Wann habe ich denn für Katerina schon einmal Gemüse geputzt?«
»Du schleppst ihr ja auch Einkäufe nach Hause. Da frage ich mich, ob du ihr nicht die Bohnen auch schon vorschnippelst.«
Sie lässt das Messer sinken, wirkt jedoch gar nicht überrascht.
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