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Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Titel: Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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gleich um die Ecke kann sich erinnern, dass die Adamoglou Blätterteig und Eier eingekauft hat.«
      Folglich hat die Chambou nur das Pflanzengift bei sich gehabt. Die Käsepitta hat sie hier vor Ort zubereitet.
      Ich frage mich, ob es sich eigentlich lohnt, die Führung im Dolmabahe-Palast zu verpassen, um den Ort eines Verbrechens zu inspizieren. Hätte ich die Wahl, so wäre ich jetzt tausendmal lieber im Dolmabahe-Palast gewesen, zusammen mit Adriani, der Mouratoglou und den anderen Reiseteilnehmern.
      »Ist die Nachbarin Türkin?«, frage ich Murat.
      »Ja.«
      »Und die anderen? Der Krämer, der Gemüsehändler, der Apotheker?«
      »Alle sind Türken.«
      »Wohnen keine anderen Griechen in dieser Gegend?«
      »Not Greeks, not Yunan«, verbessert er mich. »They are not Greeks. You are Greek. They are Rum.«
      »Na schön, wohnen hier keine weiteren >Rum      Er blickt mich verwundert an. »Wieso? Warum wollen Sie das wissen?«
      »Weil sie vielleicht einem Landsmann eher anvertraut hätte, was sie den türkischen Nachbarn nicht erzählt hat.«
      Er wirft mir einen nachdenklichen Blick zu. »Sie haben recht, daran habe ich nicht gedacht«, sagt er und sieht dabei so zerknirscht aus, als sei er gerade bei einer Prüfung durchgerasselt. Er geht auf den Polizeibeamten zu und unterhält sich kurz mit ihm. »Der einzige Grieche hier in der Gegend ist der alte Hausmeister der Schule. Die ist zwar schon seit Jahren geschlossen, aber er sieht dort noch immer nach dem Rechten.«
      »Wollen wir ihm nicht ein paar Fragen stellen?«
      »Gut, es ist ganz in der Nähe.« Dann hält er inne und blickt mich an. »Ich führe aber die Befragung durch«, stellt er klar. »Und Sie fangen kein Gespräch auf Griechisch an.«
      »Schon gut, mein Chef hat es mir bereits gesagt, und Ihr Chef hat mich auch noch mal darauf hingewiesen. Die Vernehmungen werden von Ihnen durchgeführt. Daran müssen Sie mich nicht alle Viertelstunden erinnern, wie eine alte Pendeluhr.«
      »Okay, okay, don't be angry«, meint er und klopft mir freundschaftlich auf die Schulter, doch mir geht das alles schon gehörig auf die Nerven.
     
     

* 9
     
    »Die griechische Grundschule liegt auf dem zentralen Boulevard«, erklärt Murat. Und lachend fügt er hinzu: »Die >Rum< waren eben reich, sie haben sich die besten Schulen, die schönsten Häuser und die hübschesten Villen ausgesucht.«
      Möglicherweise hat er recht, aber die Wohngegend ist heruntergekommen, und was früher der zentrale Boulevard war, ist heute eine enge, stark befahrene Straße, in der sich die Fahrer genauso hasserfüllt anhupen und beschimpfen wie in Athen.
      Die Schule ist ein zweistöckiger, strahlend weiß gestrichener Holzbau mit einem hübschen Giebel und einem Ziegeldach. Die obere Etage weist den unerlässlichen Balkon auf wie alle Holzhäuser in Istanbul. Am mittleren Fenster weht die türkische Fahne im Wind. Das schmiedeeiserne Eingangstor ist verschlossen und von innen mit einem Stück Eisenblech verschalt, um indiskrete Blicke abzuwehren.
      Murat fährt am Eingang der Schule vorüber und parkt vor einem Laden mit Trockenfrüchten. Auf der entgegengesetzten Seite der Eingangstür spielen zwei Männer Tavli vor einem weiteren Laden, der Bettlaken und Handtücher feilbietet. Der einzig angenehme Anblick in dieser nicht sehr einladenden Straße sind die beiden riesigen Akazienbäume im Schulhof, die hoch in den Himmel ragen.
      Murat betätigt die Klingel, doch keiner macht sich die Mühe zu öffnen. Er versucht es, nachdem er kurz abgewartet hat, noch einmal - mit demselben Resultat. Ein Verkehrspolizist nähert sich Murat und flüstert ihm etwas zu, während er auf die Straßenbiegung deutet.
      »This way«, sagt Murat und geht voran.
      Daraufhin betreten wir ein schmales Sträßchen und treffen rechterhand auf eine zweite eiserne Tür, die ebenfalls verrammelt ist. Diesmal hämmert Murat mit der Faust gegen das Eisenblech. Wieder erfolgt keine Reaktion, genauso wie am Haupteingang, doch Murat lässt sich nicht entmutigen. Schließlich trägt seine Beharrlichkeit Früchte, denn es meldet sich eine Stimme von drinnen, während jemand gleichzeitig versucht, die Tür aufzuschließen. Dann taucht der Kopf eines etwa fünfundsiebzigjährigen Mannes im Türspalt auf und blickt uns neugierig an. Von der Antwort Murats auf die Frage des alten Mannes schnappe ich nur das Wort »police« auf. Alles andere bleibt mir

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