Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau
Securitybeamten in die Kirche schicken noch ihre Hochzeit verschieben, nur um der Chambou hinterherzujagen.«
Nach einer kurzen Funkstille vernehme ich seine bekümmerte Stimme: »Ich verstehe Sie ja, Kostas. Es ist eine verzwickte Situation. Aber Sie haben sich mit der türkischen Polizei zusammengerauft, Sie wissen, was passiert ist, und können den Fall besser handhaben als jeder andere. Sie werden das schon in einer Woche hinkriegen. Wenn ich Sie jetzt durch einen anderen Kollegen ablösen lasse, befürchte ich das schlimmste Chaos.« Und dann fügt er noch hinzu: »Sie sind schon ein Unglücksrabe, lieber Kostas. Alle kniffligen Fälle landen bei Ihnen. Aber Sie haben eben ein Händchen dafür.«
Was nichts anderes heißt, als dass ich selbst daran schuld bin. Der gute alte Gikas!
* 23
Es ist halb neun Uhr abends, und wir sind zu Murats Wohnung nach Laleli unterwegs. Ich habe meine Lieblingsangestellte an der Rezeption ersucht, mir einen Taxifahrer zu finden, der über Grundkenntnisse der englischen Sprache verfügt. Es gelang ihr, einen aufzutreiben, der mir auf jede Frage stereotyp antwortet: »Yes, yes, no problem...« was ich mit unserem »Keine Sorge, wir kriegen das hin« gleichsetze und was jeweils kein gutes Zeichen ist. Ich fürchte schon, wir werden am anderen Ende der Stadt landen und Murat verzweifelt per Handy um eine Wegbeschreibung bitten müssen.
Adriani sitzt neben mir, steif und schweigsam, und ihr Blick ist starr durch die Windschutzscheibe nach draußen gerichtet. Als ich ihr Murats Einladung überbrachte, verzog sie prompt das Gesicht. »Was habe ich mit der ganzen Sache zu tun, lieber Kostas? Ich spreche weder Türkisch noch Englisch, und die beiden sprechen kein Griechisch - wie sollen wir uns da verständigen? Ich sehe schon: Ihr werdet euch unterhalten, und ich sitze in einer Ecke und drehe Däumchen.«
Ich wollte ihr schon recht geben und die Verpflichtung allein auf mich nehmen, als die Kourtidou, die das mitbekommen hatte, uns vor einem Fehltritt bewahrte.
»Pardon, wenn ich mich einmische, doch das wäre nicht richtig, Frau Charitou. Die Türken sind sehr gastfreundlich, und Sie würden sie beleidigen, wenn Sie im Hotel blieben. Sie sind als Ehepaar eingeladen, und wenn nur der Mann kommt, sieht es so aus, als würde die Frau die Einladung verschmähen.«
Dieses Argument leuchtete Adriani ein, worauf sie halbherzig beschloss, mich zu begleiten. Ich kann sie ja verstehen, denn auch mich begeistert der Gedanke wenig, den Abend mit einem unbekannten Paar und mit englischer Konversation zu verbringen.
Das Taxi fährt die Straße hinunter, die vom Taksim-Platz zum Bosporus führt, biegt dann nach rechts ab und setzt die Fahrt parallel zur asiatischen Seite fort. Mein Orientierungssinn setzt wieder ein, als ich aus der Ferne die Galata-Brücke mit der Moschee am anderen Ende erkenne. Das Taxi überquert die Brücke und fährt die Küstenstraße entlang in Richtung Flughafen. Ich erkenne die Fischtavernen und den Park direkt am Meer wieder, so dass ich zu dem Schluss gelange, Murat müsse wohl in der Nähe von Makrochori wohnen.
Die Nacht ist hereingebrochen, und man sieht nur die Lichter der dahinziehenden Schiffe. Es ist, als stünde alles andere still und nur die Lichter bewegten sich, hin zur gegenüberliegenden Küste, die ebenso punktuell erleuchtet ist. Doch wir können uns diesem Anblick nicht lange hingeben, denn kurz darauf biegt der Taxifahrer nach rechts ab und fährt eine Anhöhe hoch.
»Wo sind wir jetzt?«, fragt mich Adriani.
»Keine Ahnung. Ich dachte zuerst, wir fahren in Richtung Makrochori, doch ich habe mich wohl getäuscht.«
Jedenfalls fährt das Taxi nun große Boulevards entlang und meidet kleine Gässchen, was bei mir den Eindruck erhärtet, dass wir auf dem richtigen Weg sind und nicht herumirren werden.
»Laleli«, sagt der Taxifahrer, während er in einen breiten Boulevard einbiegt.
Auf den ersten Blick wirkt die Wohngegend neuer als Pera und die Viertel um den Taksim-Platz. Die älteren Wohnblocks scheinen mir aus den fünfziger Jahren zu stammen, doch die Mehrzahl ist jüngeren Datums. Das Taxi biegt nach rechts ab und kommt vor der Hausnummer zwölf zum Stehen. Ich prüfe die Nummer anhand der Adresse nach, die mir Murat gegeben hat, und stelle fest, dass der Taxifahrer uns zuverlässig zum Ziel gebracht hat.
Das Wohnhaus hat sechs Stockwerke mit zwei großen Fenstern in jeder
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