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Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman

Titel: Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Fraser
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Kaffee vertreiben. Doch wir waren immer noch hier - Sonntagmorgen in Paris, vor etwa fünfzehn Jahren.
    Wie war das nur möglich?
    Das Pfeifen hatte wieder eingesetzt. Ich rührte mich nicht, wollte mich nicht bewegen, wartete nur darauf, dass mein Atem langsamer wurde, dass mein Herz nicht mehr so wild klopfte, dass ich wieder in unserem Bett zu Hause lag und dass Beattie eine neue Melodie anfing. Oben an der Zimmerdecke war noch der alte Riss zu sehen, der früher einmal Heimweh in mir ausgelöst hatte, weil er beinahe wie ein flach gedrücktes Australien geformt war, wenn man die Augen genügend zusammenkniff. Während ich ihn betrachtete, dachte ich darüber nach, was Marc auf dem Weg zu seiner Wohnung gesagt hatte - dass es anders kommen würde, wenn wir zu ihm führen, statt zu mir. Anscheinend hatte meine Äußerung im Café, alles sei ganz genauso wie beim ersten Mal, ihm zu denken gegeben. Deswegen also hatte er mich im Auto so angesehen - beunruhigt. Er hatte zwei und zwei zusammengezählt und sich ausgerechnet, dass sie, seine »Ex«, möglicherweise da war. Mag sein, dass er es nicht genau gewusst hatte, denn schließlich war er damals beim ersten Mal ja mit zu mir gekommen.
    Wenn wir uns genauso verhalten hätten wie damals, dann hätte ich natürlich nie von ihr erfahren - so wie ich damals ja auch nichts von ihr gewusst hatte. Ich fragte mich, wie es meiner Mutter wohl gegangen war. Hatte sie ähnliche Gedanken gehabt? Vielleicht hatte sie gedacht: Wenn ich nicht in die Stadt gefahren wäre, wenn ich nicht einkaufen gegangen wäre und nicht haltgemacht hätte, um dieses blöde Vanilleeis zu holen, dann hätte ich ihn nicht mit dieser Frau im Coffee Shop sitzen sehen. Ich hätte nie davon erfahren - und er wäre nicht gestorben. Ich fand diese Geschichte ohnehin merkwürdig, denn meine Mutter hatte eigentlich nie Eis gegessen, jedenfalls nicht zu meinen Lebzeiten.
    Jetzt drehte ich mich um. Marc lag auf dem Rücken und starrte zur Zimmerdecke hinauf. Mir wurde unheimlich, als ich sein Profil betrachtete, wieder hier in meinem alten Zimmer. Ich habe oder, besser, hatte ein Foto von ihm, auf dem er ganz genauso daliegt. Mit einem Seufzer erinnerte ich mich daran, wie ich es aufgenommen hatte.
    Ich schloss die Augen, um die Tränen zurückzuhalten, und dachte daran, wie wir in unserem ersten gemeinsamen Sommer zusammen weggefahren waren. Wir waren im Morgengrauen aufgestanden und in den Kastenwagen gesprungen, mit dem Zelt hintendrin und nicht viel mehr. Den ganzen Vormittag über waren wir nach westen gefahren, bis wir in der Bretagne die Küste erreichten, in Quiberon. das war ein merkwürdiges graues Städtchen, wo es Crêpes gab, viele Crêpes, und Cidre. An mehr erinnere ich mich nicht, denn wir hatten gleich die Fähre auf die Belle Ile genommen. Es war, als wären wir in eine andere Zeitzone geraten, in ein anderes Land, das ganz weit vom übrigen Frankreich, ja, von jedem Land der Welt entfernt war. Wenn ich es mir jetzt wieder vorstelle, fällt mir die Farbe Blau ein, leuchtendes Blau. Es war genau so, wie man es auf Postkarten von winzigen Fischerdörfern sieht: Malerische Holzboote lagen in der Bucht vor Anker und schaukelten auf dem Wasser wie das bunte Spielzeug, mit dem Charlie immer in der Badewanne geplantscht hatte.
    Wir hatten unser Zelt aufgebaut - ein riesiges, schiefes Ungetüm, das Marc aus der Zeit seines Militärdienstes behalten hatte - und waren auf Fahrrädern an den Strand gefahren. Ach, wenn ich daran denke - wir waren so frei und unbeschwert, oder jedenfalls hatte ich das damals geglaubt. Und jetzt frage ich mich, ob uns das eigentlich bewusst war, während wir gemeinsam im Wasser herumtobten und uns dann später, als die Sonne schon tief am Himmel stand, im Sand hinter den Felsen leidenschaftlich liebten.
    Wo war sie jetzt - diese Leidenschaft?
    »Weg«, sagte Marc.
    »Was ist Weg?« Der Adrenalinstoß ließ mein Herz heftig klopfen. Hatte er meine Gedanken gelesen?
    Aber er zeigte zur Decke. »Sydney.«
    Ich richtete mich auf, stützte mich auf einen Ellbogen und schaute auf ihn hinunter, suchte nach einem Hinweis, um erraten zu können, was er meinte.
    »Tu ne te rappelles pas?« Marc erwiderte meinen Blick. Ich hatte tatsächlich vergessen, wie schön seine Augen waren - dieses intensive Blau mit der schwarzen Iris in der Mitte, wie mein altes Parfümfläschchen von Yves Saint Laurent.
    »An was soll ich mich erinnern?«
    »Wir haben den Schreibtisch hier rübergeschoben

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