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Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman

Titel: Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Fraser
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abstritt - er sollte mir versichern, dass es überhaupt nicht mehr weitergegangen war, auch wenn die Tatsache, dass Frédérique da halb nackt mitten in seinem Wohnzimmer gestanden hatte, Bände sprach.
    »Du kapierst das nicht, Marc, oder? Es hat sie doch gegeben! Und es gibt sie immer noch. Aber du hast mich angelogen.« Ich beugte mich vor, um ihm ins Gesicht zu sehen, um es ihm begreiflich zu machen. »Also ist sie nach wie vor wichtig.«
    Er ließ die Hände schwer auf die Schenkel sinken und rieb sich unruhig die Beine.
    »Mais de quoi tu parles, Annie?« In der Kälte war sein Atem weißer Dampf. »Letzte Nacht war nichts zwischen uns, wenn es dir darum geht, rien du tout. Ich bin dir gleich nachgefahren, gleich anschließend ...«
    Doch ich hätte gern gewusst, wie viele Nächte er damals noch mit ihr zusammen gewesen war in unserem ersten Jahr, in dem wir nie zu ihm nach Hause gegangen waren. Ein bitterkalter Wind brannte mir im Gesicht und peitschte mir das Haar in die Augen. »Darum geht es ja gar nicht!«
    »Dann erkläre es mir bitte, Annie, enfin!« Seine Stimme war jetzt tief, seine Geduld verwandelte sich in Ärger. »Worum geht es denn dann?«
    Mir war kalt. Die Feuchtigkeit des Steins drang durch die Jeans in meine Beine. Ich stand auf, schlang mir die Arme um die Brust und trat wie ein Kind unruhig von einem Bein auf das andere.
    »Es geht um die Vergangenheit - darum, was damals passiert ist -«
    »Aber warum ist das jetzt noch wichtig, Annie?«
    Verblüfft blickte ich auf Marc hinunter. Hatte er mich jemals geliebt? Doch mein Stolz erlaubte mir nicht, diese Frage zu stellen. Außerdem war das nicht alles - es ging um viel, viel mehr.
    »Es geht um Charlie.« Es fiel mir schwer, seinen Namen auszusprechen.
    »Quoi?«
    Ich beugte mich zu Marc hinunter und schob mein Gesicht so dicht vor seines, dass ich die wärme seines Atems auf meiner Haut, auf meinen Lippen spürte. »Um Charlie, um unseren Sohn, erinnerst du dich?«
    Er sah mir in die Augen, als forsche er dort nach einem Hinweis. »Oui?«
    Ich richtete mich wieder gerade auf, schaute zum Himmel hinauf, an dem immer noch schwere, dicke winterwolken hingen, und dachte: wie soll ich ihm das bloß erklären?
    »Als wir zu dir nach Hause gefahren sind - da war sie da. Also wird jetzt alles anders. Du hättest es mir im Auto sagen müssen.«
    »Non, Annie, das konnte ich nicht.« Marc schüttelte den Kopf. »Du warst so müde. Wie hätte ich es dir da sagen können?«
    »Du hast fünfzehn Jahre Zeit gehabt, um mir reinen Wein einzuschenken. Wenn ich von ihr gewusst hätte, dann hätte ich doch niemals vorgeschlagen, dass wir zu dir fahren. Es hatte schon seinen Grund, dass wir immer in meine Wohnung gegangen sind. Jetzt ist es zu spät.«
    »Wovon redest du überhaupt? Was ist zu spät?«
    »Wir haben den Ablauf der Ereignisse verändert, wir haben nachträglich in unser Leben eingegriffen, und aus diesem Grund wird jetzt auch die Zukunft anders, verstehst du das denn nicht?«
    Ein tiefes, fernes Grollen zog über den Himmel.
    Marc starrte mich bloß an. Ich glaube, dass in diesem Augenblick der Groschen endlich fiel. »Tu ... Du meinst ...?«
    Ein junges Pärchen kam auf uns zu. Die beiden schoben einen Kinderwagen die Steigung hinauf, lachend, weil es anstrengend war. »Ja.« Ich nickte. »Aber ich will Charlie nicht verlieren, Marc.«
    »Mais attends.« Er streckte die Hand aus, griff nach meinem Ellbogen und zog mich wieder zu sich auf die Bank. »Das muss doch nicht heißen, dass wir Charlie nicht kriegen!«
    Aber wie konnte er das wissen? Wie konnten wir überhaupt noch irgendetwas mit Sicherheit sagen? Ab jetzt würden unsere Lebenswege anders verlaufen.
 
    Es gibt Augenblicke im Leben, da empfindet man es: das Glück in seiner reinsten Form. Solche Momente dauern natürlich nicht ewig, aber gerade das macht sie so kostbar - wie Goldkörnchen im Sand.
    Als sie mir nach der Geburt Charlie brachten, weinte ich, so ergriffen war ich, als ich dieses winzige, komische Wesen sah, als sein Händchen sich um meinen Finger krallte, als das zahnlose Mündchen sich zu einem breiten Gähnen öffnete, als ich das flaumige Köpfchen mit der Beule streichelte.
    Nach Charlie könne ich nicht mehr schwanger werden, sagten die Ärzte. Ich glaubte ihnen nicht - schließlich hatte ich ja Charlie geboren, da würde ich auch noch ein zweites Kind bekommen. Marc und ich versuchten es hartnäckig, jahrelang, trotzdem glaubte ich ihnen nicht. Erst jetzt, im

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