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Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman

Titel: Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Fraser
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Schmerz.«
    Oder ihm den Schmerz mit einem Kuss genommen.
    Aber wenn ich mich dann neben ihn legte, wenn ich meinen dicken Bauch gegen ihn wälzte, den arm über seine Brust legte und die Hand auf sein Herz gleiten ließ - das früher einmal im gleichen Rhythmus wie meins geschlagen hatte -, wehrte er mich mit dem Ellbogen ab und drehte sich auf die Seite, sodass er mir den Rücken zuwandte. Dann lag ich da, im Schatten seines Schweigens, und sagte mir: Es wird schon wieder gut - er trauert.
    Ich schlief ein und träumte von seiner Hand auf meinem Bauch. In den ersten Monaten meiner Schwangerschaft hatte sie immer dort gelegen, Marc hatte mit den Fingerspitzen über die straff gespannte Haut gestrichen und nach Charlies Füßchen getastet, die von unten gegen die Bauchdecke traten und auch damals schon seltsam lang waren. Doch dann erwachte ich wieder, geweckt von der Stille, und sah immer noch seinen Rücken.
    Manchmal rief Rosa spät am Abend an. Dann schloss Marc die Flurtür hinter sich und sprach mit gedämpfter Stimme. Aber selbst durch die geschlossene Tür konnte ich die Qual in seiner Stimme hören, den Schmerz in seinem Herzen. Und noch lange, nachdem er schon aufgelegt hatte, hörte ich aus seinem Schweigen die Angst heraus. Er blieb im dunklen Flur sitzen, während ich unruhig hinter der Tür auf ihn wartete. Am liebsten wäre ich zu ihm gegangen, hätte ihn in die Arme geschlossen und ihm versichert, dass es in Ordnung sei, dass ich um seine Angst wisse.
    Sein Vater lag im Sterben. Doch viel mehr ängstigte mich, dass ein Teil von Marc mit ihm starb. Seine Starre erschreckte mich. Warum reiste er nicht zu ihm? Ich sah die beiden Männer vor mir, deren Gesichter und Bewegungen so ähnlich waren in ihrer schweigenden Komplizenschaft. ich hatte wirklich Angst um Marc, denn ich befürchtete, dass er sein Gelähmtsein im Rückblick bereuen würde. Schuldgefühle und Verbitterung würden dann an ihm nagen - und die Bitterkeit, die in seiner Stimme und in seinen Augen lag, wenn ich ihn dabei ertappte, wie er mich ansah, würde bleiben. Schon als Mädchen hatte ich mit Verbitterung gelebt: Ich hatte sie in den Augen meiner Mutter gelesen, in ihrer Stimme gehört. »Sie ist nicht immer so gewesen, Annie!«
    »Marc, warum fliegst du denn nicht hin?«, fragte ich eines Abends.
    Aber er schaute mich nicht an.
    »Hast du Angst, mich allein zu lassen? Befürchtest du, dass das Baby kommen könnte, während du drüben bist?«
    »Glaubst du etwa, das wäre es?« So viel Gift in seiner Stimme. Ich ließ es auf sich beruhen. Er trauert, sagte ich mir.
    Aber an jenem letzten Abend, nach Rosas letztem, unausweichlichem Anruf, als wir im Dunkeln im Bett lagen und Marcs Tasche gepackt in der Ecke stand, bereit für den Flug am nächsten Morgen, versuchte ich ihm zu sagen: »Ich verstehe, was in dir vorgeht, Marc.«
    Nichts.
    Erst als ich schon wegdöste, antwortete er. »Gar nichts verstehst du, Annie.«
    Seine Trauer war zu einer giftigen Schlange geworden, und ach, dieses Gift brannte! Ich biss mir auf die Lippen und hielt die Luft an, denn ich wollte nicht weinen.
    »Bleib so lange, wie es für dich nötig ist«, sagte ich, als wir am nächsten Morgen im Flughafencafé saßen. »Bleib länger, wenn du möchtest. Mach dir keine Sorgen wegen des Babys. Das kommt noch nicht so bald.«
    Und er nickte, ohne etwas zu sagen. Schweigen.
    Dann reiste er ab.
    Zwei Wochen vor dem Entbindungstermin wurde ich nervös. Inzwischen war Marc einen Monat fort. Obwohl ich etwas anderes gesagt hatte, hoffte ich doch, er würde eher zurückkehren, denn ich befürchtete, dass das Baby vor dem Termin kommen könnte.
    Aber dann rief er an. Ich hörte es schon an seiner Stimme - er war immer noch wütend. Also log ich, behauptete, mir gehe es gut, uns gehe es gut, und sagte, er solle sich Zeit lassen. »Gar nichts verstehst du, Annie«, hatte er gesagt.
 
    Natürlich kehrte er schließlich nach Hause zurück, kurz bevor meine neun Monate um waren. Das war zwar anständig von ihm, beruhigte mich aber nicht.
    Als ich ihn dazu bringen wollte, über seinen Vater zu sprechen, verfiel er wieder in sein eisiges Schweigen; er wurde mürrisch und unzugänglich und war überhaupt nicht mehr der Marc von früher. Ich kämpfte gegen meine wachsende Befürchtung, dass tatsächlich etwas in Marc gestorben war, als er daheim in ozouer seinen Vater beerdigt hatte.
    Ich dachte an den Friedhof, vor dem ich davongerannt war, kichernd und kreischend, an der hohen

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