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Kottenforst

Kottenforst

Titel: Kottenforst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Thiesmeyer
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Tagung mit Vertretern aller EU -Länder verlassen, um seiner Frau beizustehen. Sie sah sich im Zimmer um. Die Möbel schienen im Kerzenlicht zu schwanken, die Schatten bewegten sich, und die Ecken blieben schwarz. Das war unheimlicher als der Weg in den Keller.
    Mit dem Handy in der einen und dem Leuchter in der anderen Hand stieg Pilar die Treppe hinab. Auf jeder zweiten Stufe hielt sie inne, um zu lauschen. Unten angekommen hob sie den Leuchter hoch und ließ den Blick über die geschlossenen Türen wandern. Flüssiges Wachs tropfte auf ihre Füße. Sie stellte den Leuchter auf ein Regal, in dem alte Sportschuhe aufgereiht standen, und öffnete die Tür zum Hausanschlussraum.
    »Pilar, was machst du?«, drang es aus dem Handy.
    An der Wand hing der graue Sicherungskasten. Sie klappte seine Metalltür auf. In dem schwachen Licht, das von der Kerze in den kleinen Raum fiel, erkannte sie, dass die beiden Schutzschalter nach unten zeigten, und drückte sie hoch. Ihre Hand glitt weiter zum Lichtschalter. Die Lampe über ihr strahlte auf. Endlich Helligkeit! Sie knipste auch die Treppenbeleuchtung an. Ihr Blick fiel auf den staubigen Hundekorb, der hochkant an der Wand lehnte. Der Korb der toten Paula. Die große Hündin fehlte ihr – nicht nur jetzt. Sie klemmte sich den Korb unter den rechten Arm und trug ihn die Treppe hinauf. Morgen Nacht würde hier ein Hund bellen, dafür würde sie sorgen. Sie stellte den Korb in der Diele unters Fenster.
    »Was kramst du da herum, Pilar?« Richys Stimme klang nun hellwach. »Ruf bitte sofort die Polizei an!«
    »Sofort? Hast du vergessen, wie es hier aussieht? Was für ein Chaos ihr hinterlassen habt?«
    »Das ist doch egal! Sag einfach, das war der Einbrecher.«
    Pilar lächelte das Handy an. Für so kreativ hatte sie ihren Mann nicht gehalten.
    Der Streifenwagen der Polizei erschien wenige Minuten nach Pilars Anruf. Sekunden später standen zwei uniformierte Polizisten vor der Tür. Bald darauf trafen zwei Beamte des Kriminaldauerdienstes in Zivil ein und noch etwas später ein Team vom Erkennungsdienst sowie die junge Fotografin, die Pilar aus dem Gemeindehaus kannte. Sie alle stiegen, ohne eine Miene zu verziehen, über die am Boden liegenden Sachen und nickten, als wunderte es sie nicht, zu Pilars Erklärung, die Unordnung stamme von ihrer Familie. Die Fotografin nahm das eingedellte Kopfkissen und den beschädigten Rahmen des Bettes von allen Seiten auf. Die Beamten der Spurensicherung steckten den Hammer in einen durchsichtigen Plastikbeutel und untersuchten Türen, Klinken, Möbel, Teppiche, Fliesen und alles, was sich darauf befand.
    »Ziemlich verwischt«, murmelte in hessischem Tonfall der pummelige Beamte, der an der Schlafzimmertür mit einem Pinsel und durchsichtigem Klebeband hantierte. »Der Täter dürfte Einmalhandschuhe getragen haben. Trotzdem brauchen wir die Fingerabdrücke der ganzen Familie zum Vergleich. Ist schon vorgekommen, dass der Täter die Handschuhe nach getaner Arbeit abgestreift und mit bloßer Hand die Tür hinter sich zugezogen hat. Ein besonders schlauer hat mal seine Handschuhe in die Mülltonne vor dem Haus geworfen.« Er lachte. »Anfänger!«
    »Wahrscheinlich Socken an den Füßen«, brummte der andere Beamte, der sich mit dem Boden befasste. »Die Wollflusen wirken frisch. Oder tragen Sie auch Wolle, Frau Álvarez-Scholz?« Er sah auf ihre Füße, die sie nach ihrem Ausflug in den Keller in grobe Islandsocken gesteckt hatte, und seufzte. »Dasselbe Grau.«
    »Die gab es günstig im Drogeriemarkt«, erklärte Pilar.
    Sie stand abseits am Durchgang zur Küche, um nicht zu stören. Die Unordnung war ihr peinlich. Was mussten die Polizisten von ihr denken? Mal abgesehen davon, dass das herumliegende Zeug ihre Arbeit erschwerte. Wenn man ihr am Telefon nicht gesagt hätte: »Unbedingt alles so lassen, bloß nicht aufräumen!«, hätte sie trotz der Schmerzen alles aufgehoben, bevor sie kamen.
    »Mit DNA wird das nicht viel«, meinte der hessisch sprechende Polizeibeamte. »Keine Blutspuren, keine Spucke, gar nichts.«
    »Kein Anfänger«, sagte der andere. »Das dachten wir uns doch schon.«
    Als Pilar heißen Kaffee an die Beamten verteilte, erschienen Ahrbrück und Möller von der Mordkommission Theater. Sie besahen sich den beschädigten Bettrahmen, wollten wissen, ob irgendetwas fehlte, und ließen sich von Pilar erklären, wo sie sich während des Angriffs befunden und was sie wahrgenommen hatte.
    Anschließend quälte sich Pilar in

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