KR068 - Ich suchte den Gangster-Chef
die Tür neben dem Eingang zum Büro.
»Was ist los?« hörte ich Grannocks verschlafene Stimme.
»Der G-man ist hier«, antwortete Robby. »Er will dich sprechen.« Die Nachricht schien für Mr. Grannock nicht weniger überraschend zu sein als für seinen Knecht.
»Kommt herein, wenn ihr etwas von mir wollt!« schrie Grannock wütend zurück.
Ich lachte schallend.
»Er ist allein da!« brüllte Traint durch die geschlossene Tür. »Keiner ist bei ihm. Ich halte ihn mit der Kanone in Schach.«
»Allein?« fragte Grannock ungläubig. »Ist er verrückt geworden?« Dann schien er sich gefaßt zu haben. »Bring ihn ins Büro. Ich komme.«
Grannock ließ mich lange warten. Als ich in die Seitentasche griff, um eine Zeitung herauszunehmen, fuhr Robby hoch. Ich sah ihn vorwurfsvoll an, schüttelte den Kopf und produzierte die Zeitung ans Licht. Langsam setzte er sich wieder.
Es dauerte fast eine Stunde, bis Grannock durch die Wandtür den Raum betrat. Ich fand, daß er sehr befremdend angezogen war, denn er trug, obwohl es doch heller Vormittag war, denselben Smoking, in dem ich ihn bisher immer gesehen hatte. Gut geschlafen zu haben schien er auch nicht, denn er machte ein sehr finsteres Gesicht. Es schmeichelte mir, die Ursache seiner unruhigen Nacht gewesen zu sein. Er stellte die gleiche Frage wie durch die Tür. »Bist du verrückt, G-man?«
»Nein, ich halte nur meine Verabredungen ein.«
»Es könnte deine letzte gewesen sein«, sagte er, aber ich merkte ihm an, daß ihn allein schon die Tatsache, daß ich dreist und fröhlich und ohne Maschinenpistole unter dem Arm zu ihm kam, unsicher machte. »Ich liefere erste Arbeit für die zweihundert Dollar«, antwortete ich voller Gemütsruhe. »Heute nacht um ein Uhr nehmen die G-men Tony Craigh hoch. Wenn ich nicht irre, sind Craigh und Ihr Boß Pickford miteinander befreundet.«
»Woher weißt du das?«
»Der FBI ist über die Verwandtschaftsverhältnisse seiner Freunde bestens informiert«, grinste ich.
»Hoffentlich sagst du die Wahrheit«, entgegnete er knapp, ging zum Telefon, nahm den Hörer ab und wählte eine Nummer.
»Tony«, sagte er, als der Teilnehmer sich meldete. »Morning. Ich erhalte eben die Nachricht, daß du heute nacht ausgehoben werden sollst. Besser, du quartierst dich um. Von wem ich das weiß? Von einem G-man selbst. Ja, da staunst du. Ich habe einen, der für uns arbeitet, aber ich weiß nur nicht genau, ob er es ehrlich meint.« Er warf den Hörer auf die Gabel.
Zwei Minuten lang starrte er mich an. Sein Blick war nicht leicht zu ertragen. Vielleicht erst in diesem Augenblick ging mir auf, wie gefährlich Grannock war, sicherlich nicht viel weniger gefährlich als Pickford selbst.
»Wie war das mit Rocky?« fragte er leise.
»Genau so, wie ich es erzählte«, antwortete ich ruhig.
»Du kannst gehen«, sagte Grannock. »Komm morgen wieder.«
Ich erwischte noch einmal einen Blick, von ihm, und in diesem Blick lag etwas, das mir überhaupt nicht gefiel.
***
Den ganzen Tag über wollte mir nicht aus dem Kopf, warum Grannock am Vormittag in demselben Smoking wie in der Nacht herumlief. Gangster waren für gewöhnlich in Bezug auf ihre Kleidung sehr eitel. Fast jeder von ihnen hatte sein Dutzend Anzüge im Schrank hängen. Aber ich kam auf keine Lösung, und so schlug ich es mir endlich aus dem Sinn.
Nicht anders ging es mir mit dem letzten Blick, den ich aufgefangen hatte. Das war wie ein unsichtbarer Funke gewesen, der von einem zum anderen überspringt. Ich wußte bei diesem Blick, Grannock hatte in derselben Sekunde einen Einfall, und ich hätte drei Jahresgehälter dafür gegeben, diese Idee zu erfahren. Ich drückte mich im Gebäude des FBI herum und war ziemlich mißmutig, obwohl ich doch allen Grund hatte, mich meines Erfolges zu freuen.
Mr. High organisierte den Einsatz gegen Tony Craigh, als handele es sich tatsächlich um ein ernsthaftes Unternehmen und nicht nur um einen Bluff, der dazu diente, der Pickford-Gang meine Zuverlässigkeit zu demonstrieren.
Er bestellte für Mitternacht ein Dutzend G-men, dazu einen Wagen voll Cops in voller Uniform. Phil und ich waren natürlich auch mit von der Partie, und außer uns beiden wußte nur Mr. High, daß es sich um gut inszeniertes Theater handelte.
Pünktlich um Mitternacht sausten wir in vier Wagen, die als Taxis getarnt waren, los. Das Überfallauto der Uniformierten folgte in einer Meile Abstand. Craighs Villa lag in der Nähe des Beston Parks, umgeben von einem großen
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