KR071 - Ich sprengte die Mordfirma
zu haben. Die Kneipen füllten sich. In den Geschäften setzte der Betrieb ein. Die Zahl der Kinder, über die man stolperte, schien sich verdoppelt zu haben.
Ich verabschiedete mich von Phil, wünschte ihm eine gute Nacht und ging in mein Zimmer, in das ohne fließendes Wasser, denn da er die fünfzig Dollar Vorauszahlung geleistet hatte, wurde ihm von Señora Castienos der bessere Raum zugewiesen.
***
Am anderen Morgen begann ich meinen neuen Beruf. Berufswechsel schien mein Schicksal zu sein. Vom Nachtportier wurde ich G-man und vom G-man Reisender in Fernsehapparaten.
Nach zwei Stunden stand mir die Sache bis zum Hals. Es schmerzte mich nicht sonderlich, dass ich bis dahin noch keinen Käufer gefunden hatte, denn schließlich waren wir nicht hergekommen, um Fulton die Apparate zu verscheuern, aber die Arbeit selbst war alles andere als freundlich. Ich stolperte über die Schwelle eines jeden Hauses und klopfte an jede Tür. Ich schaute in Küchen, in denen es roch, als würde Schweinefutter darin zubereitet. Damen öffneten mir die Tür, die eben aus dem Bett gestiegen zu sein schienen und noch die Lockenwickler im Haar trugen. Männer fauchten mich mit einem Atem an, aus dem noch die Anzahl der in der letzten Nacht getrunkenen Schnäpse festzustellen war. Manchmal wurde mir die Tür vor der Nase zugeknallt, aber öfter wurde ich hereingebeten.
Wir hatten eine ziemlich raffinierte, aber nicht ganz ungefährliche Methode, um etwas über die Leute zu erfahren, die wir suchten. Wir trugen fotokopierte Bogen mit Dankschreibungen unserer angeblichen Kunden bei uns. Die Namen waren fett gedruckt und obenan stand der Name Jolly Almanti. Das nächste Schreiben war von Darry L. und das übernächste von Jeff B. Wir hofften darauf, dass irgendjemand, der diesen Bogen las, den wir immer als Erstes überreichten, sich durch einen Ausruf wie: »Ach, den kenne ich«, oder: »Ich kenne auch einen Darry. Ist es der?«, verraten und uns auf die richtige Fährte bringen würde, aber bis zum Mittag hatte ich keinen Erfolg. Wie vereinbart, traf ich mich mit Phil. Er wartete schon.
»Vielleicht hatte ich Glück«, überfiel er mich. »Eine Frau sagte mir, sie kenne einen Darry Bretain. Sie nannte mir die Adresse, aber er arbeitet in den Schlachthöfen und ist erst ab vier Uhr nachmittags zu erreichen.«
Wir aßen zusammen zu Mittag, dann gingen wir unserer Tätigkeit weiter nach. Der Nachmittag verlief für mich so trübe wie der Morgen. Um sechs Uhr machte ich Schluss und ging ins Hotel zurück. Offen gestanden, war ich reichlich schlechter Laune.
Ich kam an einem Mädchen vorbei, das mich herausfordernd anlächelte. Als ich an ihr vorüberging, sprach sie mich an.
»Hallo, Jolly«, sagte sie.
Ich blieb wie gebannt stehen, drehte mich langsam um und ging zwei Schritte zurück.
»Meinten Sie mich, Miss?«, fragte ich und zog den Hut. »Ich heiße aber nicht Jolly.«
»Ich nenne Männer, die so gut aussehen wie du, immer Jolly«, antwortete sie. »Das ist Französisch und heißt ›Hübscher‹.«
Ich wusste zwar von der Schule her, dass es Jolie hieß, aber darauf kam es in diesem Fall kaum an. Ich wollte der Dame nicht die Illusionen ihrer Bewanderung in Fremdsprachen rauben.
»Ich heiße Amy«, gurrte sie weiter.
»Ich wunderte mich, als Sie mich so anredeten. Ich hatte mal einen Freund, der auch Jolly gerufen wurde. Stammte aus Chicago. Kannten Sie ihn vielleicht? Jolly Almanti hieß er.«
Ich Gesicht veränderte sich jäh. Sie kam aus der Hausnische heraus und fasste mich am Ärmel. »Wann haben Sie ihn gesehen?«, stieß sie hervor. »Schnell, sagen Sie es!«
Ich tat, als überlegte ich. Was war jetzt richtig? Die Wahrheit zu sagen? Oder irgendetwas zu erfinden? Ich entschloss mich zu Letzterem.
»Ach, das ist eine Ewigkeit her. Ein Jahr mindestens. Es war hier in Chicago. Ich suchte einen passenden Job, und wir begegneten uns per Zufall auf der Straße. Sie wissen wohl auch nicht, wo er jetzt steckt?«
Die Maske des einstudierten Lächelns war von ihrem Gesicht abgefallen. Ihre Miene drückte echte Verzweiflung aus.
Auch für einen Kerl wie Almanti gab es also Frauen, die ihn liebten und sich um ihn sorgten.
»Vor mehr als vier Wochen sah ich ihn zum letzten Mal«, sagte sie. »Er musste verreisen, aber er wollte mir nicht sagen, wohin. Seitdem ist er wie vom Erdboden verschluckt.«
Ich hätte der armen Amy sagen können, wo sich ihr Jolly aufhielt, aber das hätte ihr wenig genützt. Aus der Anstalt
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