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Krabat (German Edition)

Krabat (German Edition)

Titel: Krabat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
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entlang, durch Säle und Gänge, die marmorne Innentreppe hinab zum Portal – und hinaus auf die Freitreppe, wo noch immer der baumlange Offizier stand, die Augen weit aufgerissen, die Rechte am Degenknauf, steif und starr wie ein Zinnsoldat.
    »Mach ihn los, Krabat«, sagte der Meister.
    Das kostete Krabat nicht mehr als ein Fingerschnalzen, wie er es in der Schwarzen Schule gelernt hatte. »Ab mit Ihm!«, kommandierte er. »Rrrechtsum – kehrt!«
    Der Offizier zog den Degen, er salutierte mit blanker Klinge. Dann machte er die befohlene Kehrtwendung und marschierte ab.
    Auf dem Schlossplatz stand schon die Kutsche für sie bereit. Der Stallknecht meldete, dass er die Braunen versorgt habe, wie befohlen.
    »Das will ich Ihm auch geraten haben!«, sagte der Meister. Dann stiegen sie auf und erst jetzt merkte Krabat, dass er sich wieder in seinen gewohnten Kleidern befand. Recht so – was hätte er auf der Mühle denn anfangen sollen mit Dreispitz, Degen und Waffenrock?
    Sie rumpelten über die steinerne Elbbrücke. Als sie zur Stadt hinaus waren und die Höhen am anderen Ufer des Stromes erreicht hatten, lenkte der Meister die Kutsche auf freies Feld. Dort erhoben die Pferde sich wieder vom Boden und weiter ging es, in luftiger Höhe heimzu.
    Der Mond stand im Westen, recht tief schon, er musste bald untergehen. Krabat hing schweigend seinen Gedanken nach. Er blickte hinab auf die Dörfer und kleinen Städte, die sie im Flug überquerten, auf Felder und Wald, auf Teiche und Wasserläufe – und auf die Heide mit ihren Mooren und flachen Sandkuhlen. Friedliches Land da unten, dunkel und still.
    »Woran denkst du?«, wollte der Meister wissen.
    »Ich denke darüber nach«, sagte Krabat, »wie weit man es bringen kann mit der Schwarzen Kunst – und dass sie ein Mittel ist, das einem selbst über Fürsten und Könige Macht verleiht.«

 
    Ostern war diesmal spät im Jahr, es fiel in die zweite Aprilhälfte. Am Abend des Karfreitags wurde Witko in die Schwarze Schule aufgenommen. Nie zuvor hatte Krabat einen so dürren und struppigen Raben gesehen wie ihn; auch glaubte er einen rötlichen Schimmer auf seinem Gefieder wahrzunehmen, aber das bildete er sich vielleicht nur ein.
    Den Karsamstag verbrachten die Müllerburschen, indem sie auf Vorrat schliefen. Am späten Nachmittag tischte Juro ihnen gewaltig zu essen auf. »Haltet euch nur dazu«, mahnte Hanzo, »ihr wisst ja, es muss eine Weile vorhalten!«
    Lyschko durfte zum ersten Mal wieder aus der gemeinsamen Schüssel essen: bei Anbruch der Osternacht musste aller Streit, den es unter den Müllerburschen gegeben hatte, begraben sein – das verlangte die Regel.
    Ums Dunkelwerden schickte der Meister die Knappen aus, sich das Mal zu holen. Alles vollzog sich genau wie im Jahr zuvor. Wieder wurden die Burschen vom Meister ausgezählt, wieder gingen sie paarweise aus der Mühle. Krabat kam diesmal mit Juro zusammen.
    »Wohin?«, fragte Juro, nachdem sie sich Decken geholt hatten.
    »Wenn es dir recht ist: zu Bäumels Tod.«
    »Ist gut«, meinte Juro, »wenn du den Weg nur weißt. Auf mich ist bei Nacht kein Verlass, da muss ich schon froh sein, wenn ich vom Haus in den Stall finde, ohne mich zu verlaufen.«
    »Ich gehe voraus«, sagte Krabat. »Sieh zu, dass du in der Dunkelheit nicht abhanden kommst!«
    Den Weg, den sie gehen mussten, war Krabat erst einmal gegangen, mit Tonda damals. Den Koselbruch zu durchqueren war ja nicht schwer. Erst draußen, jenseits des Waldes, konnte es schwierig werden, wenn es den Feldweg zu finden galt, der an Schwarzkollm vorbeiführte. »Schlimmstenfalls«, sagte sich Krabat, »müssen wir querfeldein laufen  … « – aber da fehlte nichts.
    Trotz der Finsternis stießen sie wie von selbst auf den Pfad. Die Lichter des Dorfes zur Linken, gingen sie durch die Felder, erreichten nach einer Weile die Fahrstraße jenseits des Ortes und folgten ihr bis zur nächsten Biegung.
    »Hier müsste es sein«, sagte Krabat.
    Sie tasteten sich am Waldrand von Föhre zu Föhre. Krabat war froh, als er endlich den kantigen Stamm des Holzkreuzes mit den Fingern berührte.
    »Zu mir her, Juro!«
    Eilends kam Juro herbeigestolpert.
    »Wie du das bloß geschafft hast, Krabat – das soll dir mal einer nachmachen!«
    Er kramte in seinen Taschen nach Stahl und Feuerstein, dann setzten sie eine Hand voll Reisig in Brand. Beim Schein des Feuerchens klaubten sie auf dem Waldboden Rindenstücke und dürre Äste zusammen.
    »Das Nachschüren

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