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Krabat (German Edition)

Krabat (German Edition)

Titel: Krabat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
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kommen?«

 
    Dieser Lobosch! Vom ersten Tag an hatten ihn alle gern. Selbst Merten war freundlich zu ihm, wenngleich er ihm seine Freundlichkeit ohne Worte erwies: durch ein Kopfnicken allenfalls, einen Blick, eine Handbewegung.
    Den anderen gegenüber schloss Merten sich weiter ab. Er tat seine Arbeit, er fügte sich in den Ablauf des Tages ein, er bockte nicht, widersetzte sich keiner Anweisung, sei es vom Meister, sei es vom Altgesellen: aber er sprach nicht. Mit niemandem und zu keiner Zeit. Selbst an den Freitagabenden, wenn der Meister sie aus dem Koraktor abfragte, wahrte Merten das Schweigen, das er sich seit dem Neujahrstag auferlegt hatte.
    Der Meister nahm es gelassen hin. »Ihr wisst ja«, erklärte er den Gesellen, »dass es euch freisteht, ob und wie weit ihr euch um die Geheimen Wissenschaften bemühen wollt – mir ist das einerlei!«
    Krabat machte sich Sorge um Merten. Er hatte den Eindruck, dass er versuchen sollte mit ihm zu reden. An einem der nächsten Tage ergab es sich, dass er mit Petar und ihm auf den Schüttboden musste, Getreide umschaufeln. Sie hatten kaum richtig angefangen, als Hanzo heraufkam und Petar wegholte, in den Pferdestall.
    »Macht hier einstweilen alleine weiter! Sobald unten einer frei wird, schicke ich ihn herauf.«
    »Schon recht«, meinte Krabat.
    Er wartete, bis sich Hanzo mit Petar entfernt und die Tür hinter sich geschlossen hatte; dann stellte er seine Kornschaufel in die Ecke und Merten die Hand auf die Schulter legend meinte er: »Weißt du, was Michal zu mir gesagt hat?«
    Merten wandte ihm das Gesicht zu und blickte ihn an.
    »Die Toten sind tot«, sagte Krabat. »Er hat es mir zweimal gesagt und beim zweiten Mal hat er hinzugefügt: Wer auf der Mühle im Koselbruch stirbt, wird vergessen, als ob es ihn nie gegeben habe; nur dann lässt sich’s für die anderen weiterleben – und weitergelebt muss werden.«
    Merten hatte ihm ruhig zugehört. Nun griff er nach Krabats Hand, die noch immer auf seiner Schulter lag. Schweigend streifte er sie herunter, dann fuhr er in seiner Arbeit fort.
     
    Krabat wusste sich keinen Rat mit Merten. Wie sollte er sich verhalten? Tonda hätte ihm sicherlich raten können, auch Michal vielleicht. Jetzt war Krabat auf sich allein gestellt und das war nicht einfach.
    Ein Glück, dass er Lobosch hatte!
    Dem Kleinen erging es um kein Haar besser als allen Lehrjungen vor ihm. Er hätte die erste Zeit auf der Mühle kaum durchgestanden, wenn Krabat ihm nicht geholfen hätte: und Krabat half ihm.
    Er wusste es einzurichten, dass er von Zeit zu Zeit bei der Arbeit mit ihm zusammentraf – nicht zu oft und als habe der reine Zufall ihn hergeführt. Er blieb bei ihm stehen, sie wechselten ein paar Worte, er legte dem Jungen die Hand auf und flößte ihm Kraft ein: nach Tondas Beispiel und wie er es eines Freitagabends gelernt hatte. »Aber lass dir nichts anmerken!«, hatte er Lobosch eingeschärft. »Achte darauf, dass der Meister es nicht erfährt – und auch Lyschko nicht, der ihm alles zuträgt.«
    »Ist es verboten, dass du mir hilfst?«, hatte Lobosch gefragt. »Was geschieht, wenn dir jemand draufkommt?«
    »Das«, hatte Krabat geantwortet, »braucht dich nicht zu bekümmern. Hauptsache: du verrätst dich nicht!«
    Lobosch, so klein er war, hatte augenblicklich begriffen, worauf es ankam. Er spielte mit viel Geschick seine Rolle, von der nur sie beide wussten, dass er den anderen etwas vortäuschte, was in Wirklichkeit halb so schlimm war. Er ächzte und stöhnte bei jedem Handgriff zum Gotterbarmen. Kein Abend, an dem er sich nicht vom Tisch weg auf seine Pritsche verzog, kaum fähig, die Bodentreppe hinaufzukriechen; kein Morgen, an dem er nicht schon beim Frühstück so müde aussah, als werde er gleich vom Stuhl fallen.
    Er war aber nicht nur ein heller Kopf und ein ausgezeichneter Schauspieler: das erwies sich zwei Wochen später, als Krabat dazukam, wie Lobosch sich hinter der Mühle damit herumplagte, einen Eishaufen wegzupickeln. »Ich möchte dich etwas fragen«, begann der Kleine. »Wirst du mir antworten?«
    »Wenn ich kann  … «, meinte Krabat.
    »Du hilfst mir nun, seit ich hier auf der Mühle bin«, sagte Lobosch, »und hilfst mir, obgleich es der Meister nicht wissen darf, weil du sonst Ärger bekommen würdest – das stimmt doch, das kann man sich an zwei Fingern ausrechnen  … «
    »Ist es das«, unterbrach ihn Krabat, »wonach du mich fragen wolltest?«
    »Nein«, sagte Lobosch, »die Frage kommt

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