Kraft des Bösen
wo gehst du hin?« rief Kara.
»Lauf!«
Der Stiel der Sense kam zur Tür hereingeschnellt und traf Kara brutal zwischen den Augen. Die wunderschöne junge Frau sackte lautlos in sich zusammen und schlug mit dem Kopf auf dem Herd auf. Natalie stürzte zur Hintertür hinaus, sprang über das Geländer, landete und rollte sich auf dem gefrorenen Boden einen Meter zwanzig tiefer ab, dann schnellte sie wieder in die Höhe und lief weiter, bevor die Tür hinter ihr aufging.
Natalie lief durch die kalte Nacht, über das geröllübersäte Ödland hinter dem Community House, eine pechschwarze Gasse entlang, über eine Straße und durch eine weitere Gasse. Hinter ihr wurden die Schritte lauter und kamen näher. Sie hörte schweres Atmen und keuchendes, animalisches Hecheln.
Natalie senkte den Kopf und rannte.
27. Kapitel
Germantown: Sonntag, 28. Dezember 1980
Tony Harod bekam nur halb mit, worüber Colben und Kepler redeten, als sie ihn am Samstagabend ins Chestnut Hills Inn zurückfuhren. Harod lag halb zurückgelegt auf dem Rücksitz des Autos und hielt einen Eisbeutel an Ort und Stelle. Seine Konzentrationsfähigkeit schien mit den Gezeiten der Schmerzen zu- und abzunehmen, die in seinem Kopf und Hals wogten. Er war nicht sicher, weshalb Joseph Kepler hier oder woher er gekommen war.
»Verdammte Schlamperei, wenn Sie mich fragen«, sagte Kepler.
»Ja«, stimmte Colben zu, »aber sagen Sie mir nicht, es hätte Ihnen keinen Spaß gemacht. Haben Sie die Gesichter der Passagiere gesehen, als der Busfahrer auf die Tube gedrückt hat?« Colben bellte ein seltsam kindisches Lachen hinaus.
»Jetzt müssen Sie drei tote Zivilisten, fünf Verletzte und einen schrottreifen Bus erklären.«
»Haines kümmert sich darum«, sagte Colben. »Kein Problem. Vergessen Sie nicht, wir haben hierbei Rückendeckung bis an höchste Stelle.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß Barent erfreut sein wird, wenn er davon hört.«
»Barent kann mich mal.«
Harod stöhnte und schlug die Augen auf. Es war dunkel, die Straßen fast menschenleer. Jede Unebenheit von Kopfsteinpflaster oder Straßenbahnschienen jagte bohrende Schmerzen in seinen Schädel hinein. Er wollte etwas sagen, mußte aber feststellen, daß seine Zunge zu dick und unbeholfen war und ihm den Dienst versagte. Er beschloß, die Augen wieder zuzumachen.
». wichtig war, sie innerhalb des gesicherten Areals zu
halten«, sagte Colben.
»Und wenn wir nicht als Unterstützung hier gewesen wären?«
»Wir waren als Unterstützung hier. Glauben Sie, ich würde etwas so Wichtiges dieser Niete auf dem Rücksitz überlassen?«
Harod hielt die Augen geschlossen und fragte sich, von wem sie sprachen.
Keplers Stimme ertönte wieder. »Sind Sie sicher, daß die beiden von dem alten Mann benützt werden?«
»Von Willi Borden?« sagte Colben. »Nein, aber bei dem Juden waren wir ganz sicher. Und wir sind sicher, daß diese beiden etwas mit dem Juden zu tun haben. Barent glaubt, daß der Deutsche mehr im Sinn hat, als eine Rechnung mit Trask zu begleichen.«
»Weshalb war Borden überhaupt hinter Trask her?«
Colben lachte wieder bellend, »Nieman-Baby hat ein paar Handlanger nach Deutschland geschickt, damit sie Borden terminieren. Die ruhen in Frieden, und Sie sehen ja, was mit Trask passiert ist.«
»Und warum ist Borden hier? Um die alte Frau zu erledigen?«
»Was weiß ich. Diese alten Fürze waren alle so verrückt wie Bettwanzen.«
»Wissen Sie, wo Borden steckt?«
»Glauben Sie, dann würden wir derart herumstolpern? Birent sagt, diese Schlampe Fuller ist unser bester Lockvogel, aber ich habe das verdammte Warten allmählich satt. Es erfordert eine Menge Aufwand, die hiesigen Behörden und Bullen aus der Sache herauszuhalten.«
»Besonders wenn man derart mit ihren städtischen Bussen umspringt«, sagte Kepler.
»Wie wir mit ihnen umspringen«, sagte Colben, worauf beide Männer lachten.
Maria Chen sah überrascht auf, als Colben und ein Mann, den sie nicht kannte, Tony Harod halb ins Wohnzimmer der Hotelsuite trugen. »Ihr Boß hat sich heute nacht ein bißchen übernommen«, sagte Colben und ließ Harods Arm los, worauf dieser auf das Sofa sank.
Harod versuchte, sich aufrecht auf den Rand der Couch zu setzen, schwankte und sank in die Polster zurück.
»Was ist passiert?« fragte Maria Chen.
»Tony-Baby ist von einem eifersüchtigen Kerl im Schlafzimmer einer Dame erwischt worden«, lachte Colben.
»Wir haben ihn vom Arzt im Einsatzhauptquartier
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