Krafttraining - Die 100 Prinzipien
mit Sauerstoff (also aerob) ablaufen. Muss allerdings sehr viel Energie in kurzer Zeit zur Verfügung stehen, steigt der Anteil der anaeroben Glykolyse an der Energiegewinnung. Ab 50 % der Maximalkraft ist sie die klar dominierende Form der Energiebereitstellung. Allerdings fällt bei dieser Stoffwechselvariante Milchsäure (Laktat) an, die sich – wenn sie in großen Mengen produziert wird – in der Muskelzelle anhäuft, wodurch die Zelle zunehmend übersäuert. Ab einer gewissen Übersäuerung ist die Muskelleistungsfähigkeit eingeschränkt. Bei weitergehender Übersäuerung muss die Muskelzelle ihre Arbeit vollständig einstellen. Dies geschieht oberhalb von 50 % der Maximalkraft besonders schnell, weil bei dieser Kontraktionsstärke durch den hohen Muskelinnendruck keine Blutzufuhr über die abgedrückten Gefäße mehr möglich ist. Dadurch fehlt einerseits die Möglichkeit, die Milchsäure über das Blut abzutransportieren, andererseits kommt kein Sauerstoffnachschub in die Muskelzelle.
Der Muskel kann durch Training allerdings den Abbau der Milchsäure verbessern und Mechanismen entwickeln, hohe Milchsäurekonzentrationen abzupuffern, um die Übersäuerung hinauszuzögern. Dadurch ist der kraftausdauertrainierte Sportler länger in der Lage, die Stärke der Muskelkontraktionen aufrechtzuerhalten. Damit diese Anpassungsmechanismen stattfinden, müssen im Training große Milchsäuremengen produziert werden, was zu einem Brennen und Ziehen in der Muskulatur führt. Da dies über einen längeren Zeitraum toleriert werden muss, ist das Training der Kraftausdauer relativ unangenehm (metabolischer Stresszustand) und erfordert daher eine hohe Motivation und Willensanstrengung. Für den Fitnesssportler ist diese Form des Trainings meist nicht vorrangig relevant, da zwar im intensiven Kraftausdauerbereich auch durchaus Muskelaufbaureize gesetzt werden, aber eine hohe Laktattoleranz im Alltag relativ selten abgefordert wird. Die meisten Fitnesstrainierenden bevorzugen daher Muskelaufbaumethoden im Bereich von 70–80 % der Maximalkraft. Der Intensitätsbereich der Kraftausdauer wird allerdings unterhalb einer hohen Übersäuerung (also durch eine Verkürzung der Belastungsdauer) häufig im Anfängertraining bzw. im Fitness-Krafttraining von Frauen angewendet. In diesen Fällen hat man es allerdings nicht mit einem effizienten Kraftausdauertraining im eigentlichen Sinne zu tun, denn dafür müsste man »sauer« werden.
Neben den beschriebenen Stoffwechselvorgängen und der Willensanstrengung spielen für die Kraftausdauerleistung auch eine optimierte, ökonomische Bewegungstechnik (Koordination) und die Hinauszögerung neuronaler (auf das Nervensystem bezogener) Ermüdung eine Rolle.
Für ein leistungsorientiertes Kraftausdauertraining sind mindestens drei intensive Serien mit hoher Übersäuerung durchzuführen. Die Wiederholungszahlen pro Serie liegen im Wesentlichen im Bereich von 20–60. Die Serienpausen werden kurz gehalten (30–60 Sekunden), da eine aufstockende Ermüdung gewünscht ist. Für die Entwicklung der allgemeinen lokalen Kraftausdauer sind langsame Bewegungsausführungen ohne Wiederholungenpause effektiv. Für die sportartspezifische Kraftausdauer sollten die jeweils typischen Bewegungsgeschwindigkeiten (bis hin zu explosiven Krafteinsätzen und Reaktivkrafteinsätzen) angewendet werden.
Methoden zur Steigerung der Kraftausdauer
VERWEISE:
Trainingssteuerung ( 11 )
Bewegungstempo ( 58 )
Serienanzahl ( 39 )
Serienpause ( 40 )
Zirkeltraining ( 56 )
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Plyometrisches Training
Sprungformen trainieren die Reaktivkraft
Die Reaktivkraft ist eine Form der Schnellkraft, in der eine Dehnungsphase der konzentrischen Muskelaktion vorausgeht, wodurch eine höhere Kraftentwicklung ermöglicht wird. Man nennt die Kopplung dieser exzentrischen und konzentrischen Kontraktion einen Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus (DVZ). Reaktive Muskelaktionen kommen in nahezu allen Sportarten vor. Alle Lauf- und Sprungsportler haben reaktivkräftige Beanspruchungen, wenn der Fuß auf dem Boden aufsetzt und der Wadenmuskel zunächst vorgedehnt wird, um dann durch einen kräftigen Abdruck den Körper nach vorn oder nach oben zu katapultieren.
Eine Voraussetzung für eine hohe Reaktivkraftentwicklung ist neben der Maximalkraft und der Kraftbildungsgeschwindigkeit, die auch für die konzentrische Schnellkraft leistungsbestimmend sind, die sogenannte reaktive Spannungsfähigkeit. Diese bedeutet z. B., dass der Wadenmuskel dem
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