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Krampus: Roman (German Edition)

Krampus: Roman (German Edition)

Titel: Krampus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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suchen.«
    »Genau. Und jetzt nimm mich in den Arm und lauf rein zu den beiden.«
    Das Mädchen umarmte sie so fest, wie ein sechsjähriges Mädchen einen umarmen konnte. Isabel musste die Tränen zurückhalten. Sie wusste, dass es das denkbar Schlechteste für Lacy wäre, sie jetzt weinen zu sehen. Schweren Herzens zog sie sich zurück, zeigte auf die Eingangstreppe und gab Lacy einen leichten Schubser. Das Mädchen ging die Stufen empor, erreichte das große Portal, zögerte und warf einen unsicheren Blick zurück zu Isabel.
    Die nickte und warf ihr eine Kusshand zu.
    Lacy zog an einem der schweren Torflügel. Er öffnete sich ein Stück weit, aber sie bekam ihn nicht richtig auf. Sie versuchte es noch zweimal, dann sah sie zu ihrer Freundin hinüber und zuckte mit den Schultern.
    »Verflixt«, sagte Isabel, huschte aus den Schatten und die Treppe hoch. Sie zog die große Tür auf und schob Lacy hinein. Aus dem Vorraum führte eine Doppeltür in die Kapelle. Durch die Buntglasfenster konnte sie Musik hören und Menschen erkennen, die sich bewegten. Rechts und links des Vorraums führten Treppen nach unten. Sie entdeckte ein handgeschriebenes Schild, auf dem stand: SCHEIDUNGSBERATUNG. Isabel begriff, wohin die beiden Frauen unterwegs gewesen waren.
    »Dort entlang«, rief sie Lacy mit gedämpfter Stimme zu und deutete auf die Treppe.
    »Hä?« Lacy wirkte verwirrt.
    »Die beiden sind dort runtergegangen …« Hinter sich hörte Isabel Stimmen, und ein kurzer Blick über die Schulter verriet ihr, dass vier Frauen sich über den Fußweg zur Kirche näherten.
    Da sie in keine andere Richtung fliehen konnte, schlüpfte sie in den Vorraum, nahm Lacy bei der Hand und eilte mit ihr die kurze Treppe hinunter. Sie durchquerten eine Schwingtür und betraten einen langen, halbdunklen Flur. Vor ihnen gab es zwei Türen. Die nähere war geschlossen, während aus der am Ende des Flurs ein heller Lichtschein drang, in dem ein weiteres handgeschriebenes Schild zu erkennen war.
    Als sie Gelächter und Fußgetrappel hinter sich auf der Treppe hörte, hastete Isabel zu der ersten Tür und drehte am Knauf. Sie war verschlossen. Doch einen anderen Fluchtweg gab es nicht. Sie stemmte sich mit der Schulter gegen die Tür und versetzte ihr einen Stoß, doch das Holz hielt ihr stand. Sie versuchte es erneut, diesmal fester, und der Rahmen knackte.
    »Entschuldigung. Können wir Ihnen helfen?«
    Isabel wirbelte herum und sah sich den vier Frauen gegenüber, die sie vom Fuß der Treppe musterten. Sie hielt den Kopf gesenkt und den Blick abgewandt.
    »Kennen wir uns vielleicht?«, fragte eine stämmige Frau in einer grünen Försterjacke laut. Sie war die kleinste der vier, aber ihr Auftreten vermittelte einem sofort, dass sie sich nichts gefallen ließ. »He, schau mich an.« Sie trat einen Schritt näher, um Isabel genauer in Augenschein zu nehmen, und verharrte. »Was zum Teufel …?«
    »Was ist hier los?«, rief eine weitere Stimme vom gegenüberliegenden Ende des Flurs. Eine schlanke Frau, die ein schlichtes, knielanges Kleid trug, stand im Licht, das aus der offenen Tür fiel. »Gail, bist du das? Was ist denn los?«
    Drei weitere Frauen traten hinter ihr aus dem Zimmer.
    Isabel begriff, dass sie in der Falle saß. Sie musste die Frauen an der Treppe irgendwie überrumpeln, zwischen ihnen hindurchstürmen und das Beste hoffen. Nur war sie sich nicht so sicher, ob ihr das gelingen würde, jedenfalls nicht, wenn diese sich ernsthaft widersetzten. Die Frauen hier waren kräftig und konnten zupacken, sie trugen Flanellhemden und Stiefel, denn sie waren die Frauen und Töchter von Bergleuten, die viele Kinder großgezogen und mehr als genug Ärger durchgemacht hatten. Gerade als Isabel dachte, es könnte nicht schlimmer kommen, kamen fünf weitere Frauen die Treppe herunter und spähten über die Schultern der anderen hinweg neugierig zu ihr und Lacy.
    »Sie ist eine von denen!«, schrie eine der Hinzugekommenen und zeigte auf Isabel. »Seht nur. Das ist eine von denen aus der Zeitung. Eine von den Verrückten, die überall für Unruhe sorgen.«
    »Was machen Sie denn mit dem kleinen Mädchen?«, fragte die Frau in der Försterjacke, und ihr Tonfall verriet Isabel alles, was sie wissen musste. Sie kannte die Vorwürfe, und es bestand kein Zweifel, dass ihre Lage sich soeben noch weiter verschlimmert hatte.
    »Cindy«, rief die Frau. »Geh und ruf die Polizei. Sag Mark und seinen Jungs, dass sie herkommen sollen. Na mach schon,

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