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Krampus: Roman (German Edition)

Krampus: Roman (German Edition)

Titel: Krampus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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der Herr der Julzeit noch in anderer Weise Kontakt aufnehmen.
    Das Tier wich erst einen Schritt zurück und dann noch einen. Krampus legte das Fleisch vor ihn hin. Der Wolf schnüffelte daran. Er wirkte verwirrt und knurrte und winselte abwechselnd, immer wieder.
    Krampus näherte sich dem verletzten Wolf und ging neben ihm in die Hocke. Er riss ein Stück Fleisch ab und hielt es dem kauernden Wolf vor die Nase. Das Tier hob den Kopf, schnüffelte, leckte an dem Fleisch und biss hinein. Krampus verabreichte ihm ein weiteres Stück und dann noch eines und streichelte ihm dabei das Fell, während der andere Wolf zusah. Schließlich trat der gesunde Wolf ängstlich schnüffelnd und mit eingeklemmtem Schwanz einen Schritt näher. Krampus schob das Fleisch in seine Richtung. Er leckte daran, biss hinein und kaute gierig. Jesse fragte sich, wann das Tier zum letzten Mal etwas gefressen hatte.
    Der Alte redete weiter mit leiser, beruhigender Stimme auf sie ein; was auch immer er sagte, es schien zu wirken. Schon bald streichelte er beide Tiere, und Jesse beobachtete ungläubig, wie der stehende Wolf Krampus die Hand abschleckte und den Herrn der Julzeit sogar mit der Schnauze anstupste.
    »Sieht ganz so aus, als wäre heute wohl doch nicht dein Glückstag, Vernon«, bemerkte Jesse.
    »Ja, anscheinend hat der Wahnsinn gesiegt«, sagte Vernon seufzend.
    Krampus erhob sich und winkte ihnen zu.
    »Was denn jetzt?«, ächzte Vernon.
    »Er will, dass wir runterkommen«, sagte Isabel. »Ich nehme mal stark an, er möchte, dass wir den verwundeten Wolf zum Wagen hochtragen.«
    Vernon stieß ein gedehntes Stöhnen aus.
    Die Shawnees machten sich sofort auf den Weg nach unten, doch Isabel zögerte. »Vernon, du musst hierbleiben und auf den Wagen aufpassen. Denk dran, der Sack liegt noch hinten drin. Ruf, wenn du jemanden kommen hörst.«
    Er lächelte. »Soll mir recht sein.«
    Sie warf Jesse einen Blick zu. »Und lass ihn hier nicht aus den Augen.«
    Die vier Belznickel ließen sich den Hang hinabrutschen, gingen zu den Felsbrocken und näherten sich wachsam den Wölfen.
    Jesse hielt die Hände vors Gesicht und blies hinein, um sie zu wärmen. Dann steckte er sie in die Taschen. Als er den Autoschlüssel ertastete, schlug sein Herz schneller. Er hatte ganz vergessen, dass er ihn noch hatte. In Gedanken war er bei den Wölfen gewesen – bei der Frage, ob und wann sie zwischen den Bäumen hervorspringen und sie alle in Stücke reißen würden. Vor Angst und Aufregung war er nicht einmal auf die Idee gekommen, zu fliehen, und jetzt wurde ihm klar, dass auch die anderen nicht an den Schlüssel gedacht hatten.
    Er warf einen kurzen Blick zum Wagen. Der Pick-up wartete nur darauf, dass Jesse hineinsprang. Er sah zu Vernon hinüber, der vorne am Hang stand. Ein kleiner Schubs würde genügen. Jesse umklammerte den Schlüssel. Vielleicht ist das meine letzte Chance.
    »Oh, wie wunderbar«, sagte Vernon, von dem Schauspiel zu seinen Füßen völlig gebannt.
    Jesse trat einen Schritt näher an ihn heran.
    Vernon schaute ihn an, und Jesse erstarrte. »Was machst du da?«
    Jesse machte den Mund auf, aber weil ihm keine Antwort einfiel, zuckte er bloß mit den Schultern. »Sieh lieber wieder hin. Sonst verpasst du alles.«
    Der stehende Wolf sträubte das Fell, als die Belznickel sich ihm näherten, und fing wieder an zu knurren. Sie blieben wie angewurzelt stehen.
    »Es wäre wirklich zu dumm, wenn einem dieser holzköpfigen Barbaren der Arm abgebissen würde.« Vernon kicherte. »Eine schreckliche Vorstellung.«
    Jesse betrachtete die Felsen und das Wurzelwerk am Fuß des Hangs. Natürlich wollte er Vernon nicht umbringen, sondern nur von hier verschwinden. Tut mir leid, dachte er und versetzte Vernon einen Stoß, auf den der Belznickel nicht im Geringsten vorbereitet war.
    Als Vernon über die Kante segelte, wartete Jesse nicht ab, was als Nächstes geschah. Er stürzte Richtung Wagen, sprang hinein und stieß den Schlüssel ins Zündschloss. Der Motor heulte kurz auf, als er ihn anließ, und verstummte. Jesse stellte sich vor, wie die Belznickel den Hang emporkletterten. Er wusste, dass ihm nur noch wenige Sekunden blieben. Er versuchte es erneut, trat behutsam aufs Gas und gab sich alle Mühe, den Motor nicht vor Aufregung abzuwürgen. Diesmal sprang der Wagen an, der Auspuff knallte und stieß eine schwarze Rußwolke aus. Hektisch legte Jesse den Gang ein und trat aufs Gas.
    Durch die Spurrinnen holperte er bergab, als er irgendwo

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