Krank für zwei
Täter habe eine Botschaft hinterlassen wollen, und das trifft die Sache auf den Punkt. Das Kreuz ist ein Zeichen. Ein Zeichen, das irgend jemand verstehen soll.«
»Das Kreuz steht für den Tod.«
»Ja, natürlich, aber so banal ist die Sache meiner Meinung nach nicht. Jedenfalls ist es nicht so direkt zu verstehen. Nicht in dem Sinne: Dieser Mensch ist jetzt tot.«
»Du hast recht, das wird es nicht sein.«
»Gestern habe ich schon mal im Ernst daran gedacht, daß es genauso gut ein Pluszeichen sein könnte«, erklärte ich, »denn so sah das Zeichen aus: wie ein rotes Plus.«
»Das Rot kam vom Blut?« Alexas Blick war angewidert.
»Ja, der Kerl muß ziemlich tief geritzt haben, durch die Kleidung hindurch bis in das Fleisch hinein. Blut ist aus der Wunde ausgetreten und hat die Ränder des Kittels rot gefärbt.«
Alexas Gesichtsausdruck hatte sich noch immer nicht gewandelt.
»Das ist das Bild vor meinen Augen«, erklärte ich. »Dr. Peuler, wie er da mit starrem Blick vornüber auf der dunklen Schreibtischplatte liegt, und auf seinem Rücken das rote Kreuz auf weißem Untergrund.«
»Das ist ja schaurig!« Alexa schüttelte sich.
»Weißt du, ich habe lange darüber nachgedacht. Ich glaube, daß die Sekretärin, Schwester Berthildis und ich unmittelbar nach dem Mord da gewesen sein müssen. Und mit unmittelbar meine ich wirklich wenige Minuten. Wenn dem Opfer in die Haut geschnitten wurde, wird das Blut schnell ausgetreten sein. Ich schätze, wenige Minuten später hat man das blutige Kreuz gar nicht mehr erkannt.«
Alexa nickte mit leicht angewidertem Gesichtsausdruck.
Ich warf noch einen Blick in die Zeitungen. »Und die Polizei hat noch keine heiße Spur?«
»So steht’s jedenfalls da drin. Und Max hat sich leider auch noch nicht wieder gemeldet.«
Ich überlegte, was das bedeutete. Hatten die verschwundenen Medikamente nichts mit dem Mordfall zu tun? Oder hielt die Polizei sich aus rein strategischen Gründen bedeckt?
»Es gibt da noch etwas«, ich legte die Zeitungen beiseite. »Du hast doch Benno kennengelernt, meinen ehemaligen Schüler.«
Alexa hörte mit großen Augen zu, den Mund leicht geöffnet. Als ich geendet hatte, sagte sie zunächst gar nichts.
»Ich habe lange gezögert, ob ich dich mit dem ganzen Kram überhaupt belasten soll«, erklärte ich. »Du bist hochschwanger, und die Geburt steht bald an. Du solltest besser –«
»Halt!« Ich zuckte zusammen. Alexas Gesichtsausdruck hatte etwas Bedrohliches. »Mir reicht’s jetzt mit dieser Rücksichtnahme. Ich bin weder krank noch psychisch labil. Sicher, die Geburt steht bald an, aber das heißt nicht, daß ich mich bis dahin ins Bett legen und Rosamunde-Pilcher-Romane lesen sollte. Wenn es etwas zu tun gibt, dann werde ich das in Angriff nehmen. Und das gleiche sollte auch für dich gelten. Unser Freund Max steckt als Praktikant im Ermittlungsteam. Vielleicht können wir ihm helfen, indem wir Informationen bereitstellen.« Alexa legte einen trotzigen Gesichtsausdruck auf. »Ich habe nicht vor, von nun an mit Lupe und kariertem Käppi durch die Gegend zu rennen. Aber wenn ich etwas höre, was Max helfen könnte, werde ich ihm natürlich davon erzählen. Du machst dir doch etwas vor, wenn du behauptest, du wolltest nichts damit zu tun haben. In Wirklichkeit beschäftigst du dich sehr wohl mit der Sache, gib es doch zu!«
Ich antwortete nicht gleich, so daß Alexa ein feistes, hochschwangeres Grinsen aufsetzte.
»Weißt du, Vincent, manchmal weißt du einfach selbst nicht so genau, was in dir vorgeht. Meinst du nicht auch?«
»Oh ja«, stimmte ich mißmutig zu, »eigentlich ist das das Schönste an unserer Ehe: Daß du mich immer wieder gratis informierst, was ich eigentlich denke.«
»Mach’ ich doch gern«, hauchte Alexa und gab mir einen sanften Kuß auf die Nase.
16
Es wurde elf Uhr, bevor Max etwas zu tun bekam. Vorher hatte sich niemand zuständig gefühlt. Alle waren herumgehetzt, hatten telefoniert oder am Computer gearbeitet.
Jetzt aber war Besprechung für alle Mitglieder des Ermittlungsteams, und Max durfte dabei sein. Das Treffen fand im Konferenzzimmer statt, das außer einem riesigen runden Tisch ein Flipchart und einen Fernseher zu bieten hatte. Vier Leute in Zivil waren außer Hauptkommissarin Oberste im Raum, außerdem zwei Polizisten in Uniform. Marlene Oberste hatte Max in zwei Sätzen vorgestellt und war nun dabei, die Ereignisse zu resümieren.
»Wir stehen mit unseren Ermittlungen noch ganz am
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