Krank für zwei
diese Luckners. Herr Luckner war offenbar mit Hartmut Peuler zusammen im Lions-Club gewesen. Aber wie der Teufel es so wollte, waren gerade diese Leute derzeit im Urlaub, und nicht etwa in Holland oder Dänemark, nein, in den USA! Es war zum Heulen. Marlene Oberste konnte sich nicht erinnern, daß sie jemals in einem Fall so viele widrige Umstände erlebt hatte. Trotzdem war sie wild entschlossen, der Sache auf die Spur zu kommen. Bielefeld, Frankfurt, Detmold, Soest. Irgendwo dort mußte etwas versteckt sein. Peuler hatte seine Frau in Detmold kennengelernt. Vielleicht war das ein Ansatz. Unter Umständen gab es da eine Frau, die von Peuler enttäuscht worden war. Eine Frau, die er verlassen hatte, weil plötzlich die verführerische Eva vor der Tür gestanden hatte. Das würde auch ein neues Licht auf den Mord an Eva Peuler werfen. Ein Mord, der ihr bislang noch völlig rätselhaft war. Den sie, wenn überhaupt, bislang nur damit erklären konnte, daß Eva Peuler irgend etwas gewußt hatte. Etwas, das den Mörder gefährdete, so daß er sie aus dem Weg hatte räumen müssen – im ganz wörtlichen Sinne. Dazu paßte natürlich die Aussage der Krankenhausseelsorgerin. Andererseits hatte die auch von einer alten Geschichte geredet – eine Geschichte, die womöglich mit den Haaren zusammenhing. Also doch die verlassene Schwarzhaarige? Eine Frau, die ein Kind von Peuler bekommen hatte? Ein Kind, das heute vielleicht Krankenschwester war? Die Sache schien verrückt, aber auch diese Morde waren verrückt. Wo sonst hatte man schon einmal von einem Kreuz im Rücken gehört?
Marlene Oberste rieb sich die Augen. Das Kreuz. Krankenhaus. Das Krankenhauskreuz. Vielleicht stimmte ja doch die Patiententheorie. Eine Sache, die schon vor langer Zeit passiert war, in den ersten Jahren von Peulers hiesigem Chefarztdasein – oder vielleicht sogar in der Zeit davor – in den Krankenhäusern in Detmold oder Soest? Die Sache war schwierig. Marlene Oberste versuchte noch einmal, sich zu konzentrieren. Die Haare aus Peulers Schreibtisch waren am hellichten Tag aus dem Nachtschränkchen von diesem Jakobs gestohlen worden, direkt im Krankenhaus. Da mußte sie ansetzen! Einmal war sie den Dienstplan der Station schon durchgegangen. Aber sie mußte tiefer graben. Vielleicht gab es irgend jemanden, der indirekt mit Peulers Biographie verknüpft war. Vielleicht ein Mitarbeiter einer anderen Station, der sich unbemerkt auf der Drei hatte aufhalten können.
Marlene Oberste seufzte. Sie konnte das nicht alleine machen. Vedder und die Neuen hingen in der Fahndung, Brigitte, Rainer und Bertram waren mit Eva Peuler beschäftigt, Spurensicherung, Zeugen – alles, was dazugehörte. Ein, zwei Kripokollegen mehr hätte sie jetzt noch gut gebrauchen können. Klar, die Beamten aus dem Präsidium konnten ihnen einiges abnehmen, vor allem dieser Brandt war ein helles Köpfchen, aber das Durchwühlen der Akten, das mußte jemand machen, mit dem sie gut zusammenarbeiten konnte. Marlene Oberste rieb sich schon wieder die Augen. Sie war so müde. Sie konnte kaum mehr klar denken.
Skilaufen, kam ihr plötzlich in den Sinn. In diesem Jahr würde sie sich die Weihnachtstage freiblocken. Und dann käme sie mit Skiern hierher. Es mußte phantastisch sein, hier durch die Landschaft zu brettern. Zumindest, wenn nicht Mord und Totschlag in Sicht waren.
39
Alexas Stimme klang unglaublich fröhlich. Ganz nebenbei klang sie unglaublich laut.
»Ich schlafe noch«, sagte Max und meinte es auch so.
»Das hört sich aber gar nicht so an. Im übrigen bin ich putzmunter.«
»Das freut mich für dich.«
»Was ist denn los mit dir? Bist du krank?«
»Ja. Oder besser noch, ich bin verletzt.«
»Verletzt, um Gottes willen. Was ist- passiert?«
»Man hat mir einen Spaten über die Rübe gezogen.«
»Einen Spaten? Bist du nebenberuflich in die Spargelernte eingestiegen?«
»Das nicht gerade. Außerdem braucht man dafür keinen Spaten.«
»Jetzt sag schon, was ist passiert?«
»Ich war da vorgestern bei einem Mann, oder besser gesagt bei einem Paar. In polizeilichem Auftrag – na ja, in weitestem Sinne.«
»Du wolltest etwas herausfinden?«
»Ja, und stell dir vor: Ich habe es sogar herausgefunden. Oder besser, ich habe herausgefunden, daß der Typ es nicht war.«
»Na klasse, dann habe ich ein super Angebot für dich. Vincent und ich haben gestern eine ganz neue Spur aufgetan. Hast du Lust, dem nachzugehen?«
»Von Lust kann gar keine Rede sein. Meine
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