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Krank in Deutschland. Ein Tatsachenreport

Titel: Krank in Deutschland. Ein Tatsachenreport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Hartwig
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Familie, die über ein Haushaltsbudget von rund 20 000 Dollar verfügt, muss für ihren Eigenanteil an Gesundheitsrechnungen mindestens 30 Prozent ausgeben. Wer das Doppelte verdient, zahlt mehr als ein Viertel. Diese wachsende Überforderung veranlasst den Staat, immer neue Versuche zu starten, um diese Bürden zu mildern. An die Ursachen der Kostensteigerungen wagt er sich jedoch nicht heran. Auch die Reforminitiativen unter dem Hoffnungsträger Barack Obama bekämpfen nur die Symptome, statt die Fehlentwicklungen an ihren Wurzeln zu packen. Das weiß die Lobby der Versicherer schon zu verhindern. Die Folge: Es wird noch mehr Geld in die Gesundheitswirtschaft gepumpt.
    Etwa 47 Prozent – knapp eine Billion Dollar – der Gesundheitsausgaben entrichten die US -Bürger nicht über ihre Prämien, sondern über Steuern und Abgaben. Damit unterstützen die Zentralregierung in Washington und die Bundesstaaten zunächst einmal 65-Jährige und Ältere – egal, über welches Einkommen sie verfügen –, dauerhaft Behinderte und an schweren Nervenleiden Erkrankte. Diese Geldspritze fließt in das bestehende System: Zu privaten Versicherungspolicen, Eigenbeteiligungen und Zuzahlungen gesellen sich staatliche Zuschüsse. Liefern die Offerten nicht mehr die Gewähr, dass alle Menschen die notwendige Versorgung erhalten, wird staatlicherseits nachgebessert – nach dem immer gleichen Schema. Der Wust an Angeboten, die an finanzielle oder krankheitsbedingte Hürden geknüpft sind, ist verwirrend unübersichtlich.
    Das älteste Unterstützungsprogramm ist die
Medicare-
Versicherung. Sie gliedert sich in vier Teile, wobei Langzeitversorgung, Zahn- und Augenbehandlungen nicht versichert sind.
     Die zwei wichtigsten:
     
    Versorgung im Krankenhaus für 60 Tage. Daran muss sich der Kranke mit einem Festbetrag von 1100 Dollar beteiligen. Danach wird eine Zuzahlung von mehr als 200 Dollar pro Tag fällig. Diese verdoppelt sich vom 91. Tag an. Arbeitgeber und Arbeitnehmer finanzieren diese Klinikversorgung paritätisch. Jeder schiebt 1,45 Prozent von Löhnen und Gehältern in diesen Topf. Lohnnebenkosten heißt dies bei uns.
Teil zwei versichert die ambulante Versorgung inklusive Hausbesuche durch Ärzte und Schwestern sowie Vorsorgeuntersuchungen. Pro Monat ist dafür eine Prämie von 110 Dollar fällig. Wer über ein hohes Jahreseinkommen verfügt (85 000 Dollar/170 000 Dollar bei Verheirateten) zahlt einen daran bemessenen höheren Beitrag. Ein Fünftel der Arztrechnung zahlt der Patient dann noch selbst.
     
    Die geforderten Zuzahlungen sind unbegrenzt zu leisten. Daneben können
Medicare
-Teilnehmer sich gegen monatlich 48 Dollar in einen Gesundheitsplan (siehe unten) einkaufen oder gegen 39 Dollar im Monat rezeptpflichtige Arzneimittel günstiger beziehen. Bis 2003 zahlte
Medicare
keine der verschreibungspflichtigen Medikamente. Mit einem Konzert von Einschränkungen, gestaffelten Zuzahlungen und Selbstbeteiligungen trägt sie die Aufwendungen. Ein Beispiel: Jährliche Arzneikosten zwischen 2250 und 5100 Dollar muss der Versicherte selbst übernehmen. Das
Medicare
-Programm kostet die öffentliche Hand zurzeit rund 500 Milliarden Dollar im Jahr. 46 Millionen Amerikaner nehmen daran teil.
    Medicaid
( = Medizin-Hilfe), ursprünglich für Sozialhilfeempfänger gedacht, finanziert heute die Gesundheitsversorgung von 60 Millionen US -Amerikanern. Versichert werden Kinder, Schwangere und Eltern mit geringem Einkommen, sofern sie unterhaltspflichtige Kinder haben, sowie Behinderte und Senioren. Die Regeln legt Washington fest, die Zentralregierung übernimmt 57 Prozent der Ausgaben. Die Bundesstaaten können großzügiger verfahren, wenn sie dafür die Kosten tragen. Die Einkommenshürden richten sich nach der Armutsgrenze: Für Kinder unter 6 Jahren darf das Jahreseinkommen einer dreiköpfigen Familie 24 350 Dollar (rund 16 150 Euro) nicht überschreiten. 6- bis 18-Jährige werden versorgt, wenn das Einkommen des 3-Personen-Haushalts nicht mehr als 18 310 Dollar (12 113 Euro) beträgt. Gleiches gilt für Schwangere und in den meisten US -Bundesstaaten auch für die erziehungsberechtigten Eltern. Wer keine Kinder zu versorgen hat, fällt durch die Maschen dieses sozialen Netzes.
    Die öffentliche Hand übernimmt auch krankheitsbedingte Ausgaben und Anteile an Versicherungsprämien für die oben genannten Gruppen der Einkommensbezieher, die
Medicare
nicht abdeckt. Armen Rentnern finanziert die Gesundheitsfürsorge Pflegeheimkosten.

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