Krank in Deutschland. Ein Tatsachenreport
jede Bank! Außerhalb der Branche ist kaum bekannt, dass AIG eine Art Schattenimperium aufgebaut hat. In 130 Ländern. Mit 74 Millionen Kunden. Unter ihnen sind Tausende von Banken, Versicherern, Großunternehmen, Städten und Gemeinden rund um den Globus – auch in Deutschland. Mit 150 Milliarden Dollar Steuergeld hat die US -Regierung bisher die AIG unterstützt, um den Konzern vor der Pleite zu bewahren. Das entspricht dem Bruttoinlandsprodukt von Ungarn. Noch nie hat eine Regierung so viel Geld eingesetzt, um ein privates Unternehmen zu retten.« Wer Zeit hat für Recherche, möge sich einmal im Internet die »American International Group Inc.« anschauen und dabei im Auge behalten, welche Volumina dort bewegt werden. Staatshaushalte nehmen sich daneben wie Peanuts aus.
Die Mehrheit der US -Amerikaner hält bisher eisern an ihrem Weltbild fest, in dem Staat und Staatsmacht eher misstrauisch beäugt werden. Selbst ist der Cowboy – ein freier Mann in einem freien Land! Traditionell ist die Gesundheitsversorgung Privatsache. Heute bieten 1300 Unternehmen Versicherungspolicen an. Wer sich die hohen Prämien nicht leisten kann, ist auf seinen Arbeitgeber angewiesen. Diesem ist es freigestellt, seine Mitarbeiter und ihre Familien für den Krankheitsfall abzusichern. Welchen Anteil der Arbeitnehmer an der monatlich fälligen Prämie trägt, wie stark sich der Versicherte selbst an den Krankheitskosten beteiligt, welche Zuzahlungen zu leisten und welche Behandlungen nicht abgedeckt sind, handelt die Firma mit einem oder mehreren Versicherern aus. Die Arbeitnehmer können nun einen Anbieter wählen. Meist laufen die Verträge ein Jahr, manchmal nur sechs Monate.
Floriert das Unternehmen, übernimmt es die Prämienzahlung weitgehend oder teilweise. Will oder muss der Arbeitgeber Kosten sparen …
… fällt die Offerte ganz weg,
… sinkt sein Beitragsanteil zulasten der Mitarbeiter,
… erhöhen sich dessen Zuzahlungen für Medikamente, Diagnosen, ambulante oder stationäre Behandlung,
… steigt der Eigenanteil des Arbeitnehmers.
Diese Summe muss bezahlt werden, bevor die Versicherung einspringt. Zurzeit übernehmen noch sechs Prozent der US -Arbeitgeber den Versicherungsschutz der Beschäftigten und ihrer Familien. 40 Prozent bieten gar keine Krankenversicherung an. Alle übrigen Firmen beteiligen sich in unzähligen Varianten, mal mehr, mal weniger, am Schutz ihrer Mitarbeiter.
Die Finanz- und Wirtschaftskrise treibt die Zahl der Un- oder Unterversicherten rasch in die Höhe. Die Arbeitslosigkeit ist von Dezember 2007 bis Ende 2009 von knapp fünf auf zehn Prozent gestiegen. Doch sie verschärft nur eine Entwicklung, die schon lange andauert. Die privaten Versicherer sind unersättlich. Von 1999 bis 2009 klettert ihre jährliche Prämienrechnung im Schnitt um satte 131 Prozent, von 5800 auf 13 375 Dollar. Der Anteil, den die Mitarbeiter bezahlen, steigt in diesem Jahrzehnt um 128 Prozent, von 1543 auf 3515 Dollar.
Das geht doch, denken jetzt viele deutsche Arbeitnehmer: Knapp 200 Euro im Monat in die Krankenversicherung zu stecken wäre für Besserverdienende eine Entlastung. Die Summe entspricht etwa der großen Kopfpauschale, die der FDP vorschwebt. Im Bundestagswahlkampf 2005 hat auch die CDU dieses Modell propagiert.
In den USA zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die private Krankenversicherung zusammen im Schnitt 10 000 Euro pro Beschäftigten. Dies können sich viele Firmen nicht leisten. Und die Mitarbeiter brauchen Geldreserven, um weiter anfallende Arztgebühren, Zuzahlungen und Eigenanteile berappen zu können. Zahn- und Augenbehandlungen samt Brillen und Sehhilfen sind dabei prinzipiell noch nicht einmal abgedeckt. Diese Leistungen müssen selbst übernommen oder über eine Extra-Prämie versichert werden. Kein Wunder also: Die US -Bürger geben unter allen wohlhabenden Industrieländern für ihr Gesundheitssystem mit Abstand das meiste Geld aus. 2009 sind es rund 2,2 Billionen ( = 2200 Milliarden!) Dollar. Pro Kopf zahlen die Amerikaner 7450 Dollar, die Deutschen mit 3600 Dollar weniger als die Hälfte. Rein rechnerisch verschlingt die US -Gesundheitswirtschaft knapp 15 Prozent des jährlichen Durchschnittseinkommens eines amerikanischen Privathaushalts, das bei rund 50 000 Dollar liegt. Im Vergleich dazu zahlt ein Deutscher von seinen rund 44 000 Euro Jahreseinkommen im Schnitt 5,5 Prozent.
Massiv belasten die Zuzahlungen die US -Haushalte der weniger Wohlhabenden. Eine vierköpfige
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