Krank in Deutschland. Ein Tatsachenreport
zu Wort. Im krassen Gegensatz steht dieses Sich-selbst-Beweihräuchern zu den Alltagserlebnissen, die zahlreiche Kaiser-Versicherte in den Versorgungszentren und Kliniken des Unternehmens schildern – öffentlich, im Internet.
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25. Amerika III
Schmerzen? Na und!
D ebby freut sich auf diesen Abend. Tanzen ist eine ihrer Leidenschaften. Bewegungsabläufe gilt es auf die Sekunde einzustudieren, sollen sie den Akteuren und möglichen Zuschauern gefallen. Also wird trainiert. Immer und immer wieder. Plötzlich bleibt Debby abrupt stehen – wie versteinert. Sie spürt einen tiefen, heftigen Schmerz. Im Oberschenkel? Ihre Tanzpartner stützen sie, geleiten sie an den Rand des glatten Parketts. Bei jeder falschen Bewegung des Beines könnte sie aufschreien. Vorsichtig setzt sie sich auf eine der Holzbänke an der Wand des Probenraums. Dies entlastet. Aber nur, wenn sie die Position beibehält. Mehrfach versucht sie aufzustehen. Ein Zucken, Sekundenbruchteile lang, fährt durch ihren Körper, lässt die Muskeln zittern. Nein, eingeübte Tanzschritte blendet ihr Gehirn aus – vorläufig, aber vollständig.
»Geh da nicht hin«, rät ein Tänzer nach der Probe. Er meint die nächstgelegene Notfallaufnahme. »Sie sind so lahm dort. Ich war da schon mal und blutete stundenlang im Warteraum, bevor ich drankam«, lautet die Begründung. Der Tanzlehrer trägt Debby zu seinem Kleinbus. Er fährt sie ans andere Ende der Stadt. Dort befindet sich das nächste Kaiser Permanente Hospital. Will Debby die Kosten nicht komplett selbst tragen, muss sie sich dort untersuchen lassen. Nach der Anmeldung wird nach einiger Wartezeit ihre Hüfte geröntgt. Dann sitzt sie im Wartesaal, bis sie in ein Behandlungszimmer der Ambulanz geschickt wird. Dort stellt sich heraus, dass der Arzt die falschen Aufnahmen gesehen hat. Wieder warten. Jetzt klemmen die richtigen Bilder vor der beleuchteten Milchglasscheibe. Die Knochen sind weder gebrochen noch weisen sie Risse auf. Fehlstellungen? Fehlanzeige. Der Doktor schaut nur kurz auf die Hüfte, lässt Debby ein paar Schritte gehen. »Nächste Woche«, beantwortet er die Frage, könne sie bestimmt wieder tanzen. Dann entlässt er sie. Dass sie in einem Klinik-Rollstuhl sitzt, bei jeder Bewegung, die ihr Bein belastet, extreme Schmerzen verspürt, stört das Klinikpersonal nicht. Kann sie Krücken ausleihen – für den Heimweg? Die Krankenschwester trägt dem Arzt die Bitte vor. »Nein. Es geht Ihnen gut«, sagt er. Sein letzter Tipp: »Versuchen Sie einfach aufzustehen.« Freunde bringen sie nach Hause und ins Bett.
Die nächsten Tage kann sie vor Schmerzen kaum aufstehen, schleppt sich, wenn unbedingt nötig, auf Krücken ins Badezimmer. Ihre Mutter hat diese vorbeigebracht. Sie standen bei ihr noch in einer Wohnungsecke. Ohne die Gehhilfen hätte es Debby wohl kaum geschafft, sich mit Essen und Trinken zu versorgen. Zwei Wochen vergehen, ohne dass sich Wesentliches bessert. Jetzt sucht sie ihren Chiropraktiker auf. Seine Rechnung begleicht ihr Versicherer nicht. Nur Einzel- und Familienverträge mit Selbstbeteiligung umfassen bei Kaiser Permanente diese Behandlung. Viele Patienten wenden sich bei Problemen des Bewegungsapparats dennoch an diese Spezialisten, die in den USA eine wachsende Rolle spielen (um der Fachgesellschaft anzugehören, bedarf es einer Ausbildung an der Universität. Sie wird meist mit dem Doktorgrad abgeschlossen. Möglich ist auch ein Collegestudium nach Abschluss eines Bachelorstudiums, vor allem in den Fächern Biologie oder Gesundheitswissenschaft).
Der Chiropraktiker tastet das Schmerzareal ab. Seine Diagnose: Debby hat einen Muskel überanstrengt. Für möglich hält er aber auch, dass sie sich die Lippe des Hüftgelenks ein-, abgerissen oder etwas gebrochen hat. Aufschluss darüber liefere zuverlässig nur ein Magnetresonanzbild ( MRI ). Die magnetischen Signale bilden die verschiedenen Gewebe ab. Die Patientin bezahlt bar für die Behandlung wie für Akupunktur. Die korrekt gesteckten Nadeln lindern den Schmerz. Obwohl sie wusste, dass Kaiser prinzipiell nicht dafür aufkommt, hat sie nachgefragt. Ihr Argument: »Das normale Gesundheitssystem hilft mir ja nicht.« Sie erntet dennoch eine Absage. Wenigstens hinterlässt sie eine Nachricht an die Primärärztin mit der Bitte um ein MRI . Anders als Mediziner, denen sie sonst begegnet ist, hört diese zu, nimmt ihre Krankheitsgeschichte auf. Als Referenz gibt Debby die Telefonnummer des Chiropraktikers an.
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