Kraut und Rübchen - Landkrimi
eine warme Schulter. Dann wurde es wieder dunkel.
Marylin kam auf mich zugelaufen, ihre weißen Ohren freundlich nach vorne gestellt. Im Maul hielt sie eine Kordel, an der ein Salzleckstein befestigt war.
»Du musst daran lecken«, sagte sie und schaute mich aus ihren goldenen Augen an. »Dann geht es dir besser.«
Ich schüttelte den Kopf und nahm ihr den Stein ab. »Eine Ziege kann nicht sprechen, Marylin. Merk dir das.«
»Das wusste ich nicht. Entschuldige bitte.« Marylin senkte betreten den Kopf und meckerte leise. »Ich werde versuchen, daran zu denken.« Sie grinste. »Du solltest trotzdem daran lecken. Es hilft gegen die Kopfschmerzen.«
Erstaunt fasste ich mir an den Kopf. Bis zu diesem Moment hatte ich gar nicht gemerkt, dass ich überhaupt Schmerzen hatte, aber als Marylin darüber sprach, fielen sie über mich her wie eine Horde wilder Affen.
»Danke.« Meine Zähne knirschten gegen den scheußlichen Geschmack an, der über meinen Gaumen kroch. Ich stöhnte leise. Marylin drehte sich um, nickte mir zu und klapperte aus dem Zimmer. Der Schmerz im Kopf drehte Kreise und nahm mein Bewusstsein mit sich. Dunkelheit. Nacht. Vergessen.
Eine Amsel brüllte in mein Ohr und verbreitete ätzend gute Vogellaune. Ich presste meine Lider aufeinander, atmete langsam aus und wieder ein. In meinem Kopf pochte es leise, wie das Echo von etwas Größerem, das sich langsam zurückzog.
»Geht’s wieder?« Eine Männerstimme, warmer Atem über meinem Gesicht.
Ich öffnete die Augen. Alex.
»Gut«, sagte er und seufzte erleichtert. »Ich dachte schon, ich hätte dich doch besser ins Krankenhaus fahren sollen.« Er legte mir eine Hand auf die Stirn und wiegte bedächtig den Kopf hin und her. »Scheint wieder alles in Ordnung zu sein.« Er richtete sich auf. »Möchtest du einen Kaffee?« Ich nickte und wunderte mich darüber, dass mein Schädel an der dafür vorgesehenen Stelle blieb und nicht wie eine Murmel durch den Raum kullerte.
»Und bitte drei Aspirin unterrühren.« Auch meine Stimme gehorchte. Ich sah mich um. Ich lag in Marions Schlafzimmer auf dem Bett. Alex hockte auf der Kante und widmete mir seine ganze Aufmerksamkeit. Meine Hose und auch die Bluse, die ich heute, bevor mein Bewusstsein mich verlassen hatte, getragen hatte, lagen ordentlich gefaltet auf einem kleinen Hocker. Ich hob vorsichtig die Bettdecke an. »Wann habe ich mich denn ausgezogen?«
»Gar nicht.«
»Aha.« Ich ließ die Decke wieder sinken. Die Unterwäsche trug ich noch.
»Katharina, ich bin Arzt. Da dürfte das doch kein Problem sein, oder?«
»Du bist Tierarzt, Alex.«
»Ich hatte Angst, dass du eine Alkoholvergiftung hast. Da musste ich doch sichergehen. Außerdem hättest du nicht in diesen Klamotten ins Bett gewollt. Nicht mit der Mischung aus Gras, Marzipan und Kirschen darauf.« Er stand auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Hinter ihm auf dem Sessel lag eine Decke. »Du musst dir auch in anderer Hinsicht keine Sorgen machen. Ich war ganz Gentleman.« Er ging zu dem Sessel, setzte sich und zog seine Schuhe darunter hervor. »Wenn es jetzt besser geht, kann ich ja wieder verschwinden.« Es klang ein wenig beleidigt. Ich richtete mich auf und stützte mich auf meine Ellenbogen.
»Schon gut. Danke.« Ich versuchte ein Lächeln. »Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.«
»Haben sie dich mit ihrem selbst gemachten Schnaps abgefüllt?«
»Ich glaube schon.«
»Das ist ein Teufelszeug.«
»Sie nannten es anders.«
»Egal, wie sie es nennen. Du solltest damit vorsichtig sein. Ich glaube, man muss damit aufwachsen, um keinen Leberkollaps zu erleiden.« Er stand auf, schlug beiläufig ein Buch zu und schob es in die Mitte des kleinen Beistelltischchens neben dem Sessel. Ich kniff die Augen zusammen. Er hatte das Tagebuch gelesen. Sofort war ich hellwach und sprang aus dem Bett.
»Wo hast du das her?« Ich war mir sicher, das Buch in Marions Arbeitszimmer in die unterste Schreibtischschublade gelegt zu haben. Wenn es jetzt neben Alex auf dem Tisch lag, konnte das nichts anderes bedeuten, als dass er es gezielt gesucht hatte. Über eine unterste Schublade in einem Schreibtisch stolperte man nicht einfach so.
»Es lag unten.«
»Es lag in Marions Schreibtisch.«
»Nein, das tat es nicht.« Er bemühte sich krampfhaft, mir ausschließlich in die Augen zu sehen und seinen Blick nicht an meinem Körper hinabwandern zu lassen.
Ich sah an mir herunter, fluchte und griff mir die Decke vom Sessel.
»Das Buch lag auf
Weitere Kostenlose Bücher