Kraut und Rübchen - Landkrimi
die beiden einander aus dem Weg, wo es nur ging. Trotzdem konnte sie nicht umhin, Wilhelms Arbeitskraft wertzuschätzen. Vor allem, weil Matthias voll des Lobes über den jungen Mann und seine Umsicht war.
An einem späten Abend im Mai ging ich aus dem Haus, um Kräuter zu sammeln, die um diese Zeit ihre Blüte und ihre größte Wirksamkeit entfalteten. Ich kannte die Stellen genau, einige Zeit Fußweg vom Hof entfernt, am Waldrand und im Unterholz. Ich bemerkte Wilhelm erst, als er mit einem Mal neben mir stand.
»Ist etwas auf dem Hof passiert?«, fragte ich und versuchte, ihn meinen Schrecken über sein unvermitteltes Auftauchen nicht spüren zu lassen. »Hat sich jemand verletzt?«
»Nein.« Er sah mich an.
»Warum bist du dann hier?«
»Ich wollte nicht, dass dir etwas geschieht.«
»Was soll mir hier geschehen?« Ich umfasste mit einer Geste die Umgebung. »Es gibt keine Bären, und die letzten Wölfe haben wir im Dezember gehört. Außerdem«, ich griff nach einem dicken Knüppel, den ich mitgenommen und an einen Baum gelehnt hatte, »weiß ich mich ganz gut meiner Haut zu erwehren.«
Wilhelm lachte. »Das glaube ich dir unbesehen.« Er trat einen Schritt näher zu mir heran und beugte sich über meinen Korb, in dem sich Blätter und weiße Blüten befanden. »Was ist das?«
»Frauenmantel und Brennnesseln.« Ich griff in den Korb, holte eine Brennnessel hervor und hielt sie ihm unter die Nase. Er zuckte zurück. Ich lächelte. »Keine Angst. Sie beißt nicht.«
»Das kenne ich aber ganz anders.«
»Es kommt darauf an. Die Brennnessel ist wie eine Katze. Man muss wissen, wo man sie anfassen darf, ohne dass sie ihre Krallen ausfährt.« Ich drehte die Pflanze in meinen Fingern. »Siehst du die feinen Härchen?« Er blinzelte, schob sein Gesicht näher an die Pflanze und nickte. »Sie sind am Stiel und an der Unterseite der Blätter«, fuhr ich fort. »Wenn man gegen den Strich darüberfährt, fahren sie ihre Krallen aus und beißen uns. Wenn man sie aber …«
»… mit dem Strich streichelt, dann tun sie uns nichts«, unterbrach Wilhelm mich. »Wie das Kätzchen.« Er lächelte schelmisch. »Und wie bringe ich sie zum Schnurren?«
»So.« Ich zeigte ihm, wie er das Blatt fassen und zu einer kleinen Kugel zusammenrollen musste, bevor ich es in den Mund nahm, kaute und herunterschluckte. Seine Augen wurden weit. Ich zupfte ein zweites Blatt vom Stiel, faltete und rollte es, bis ich sicher sein konnte, alle feinen Härchen auf der Unterseite zerstört zu haben, und hielt es ihm hin. Er betrachtete das grüne Knäuel zwischen meinen Fingerspitzen. Dann umfasste er mit seiner Rechten mein Handgelenk und zog mich so nahe zu sich, bis meine Finger dicht vor seinem Gesicht waren. Frischer Brennnesselgeruch stieg in meine Nase. Ich versteifte mich in seinen Armen, bog meinen Oberkörper nach hinten und versuchte, mich ihm zu entwinden.
»Nicht gegen den Strich streichen«, murmelte er. »Sonst fährt sie ihre Krallen aus.« Er hielt mich fest, beugte sich über meine Hand und aß das Grün von meinen Fingerspitzen. Seine Lippen waren weich und warm. Ich spürte ein flatterndes Echo der Berührung seiner Zunge in meinem Unterleib und das Brechen meines Widerstands. Er drückte meine Hand zur Seite, legte seinen Arm um meine Schultern. Ich fühlte die Hitze, die von seinem Leib aufstieg, und schloss die Augen.
Es war lange her, dass ich mit einem Mann zusammen gewesen war. Zum Glück war mein Schoß damals leer geblieben, weil ich mit Bedacht die richtigen Tränke gerührt und für mich selbst bereitet hatte, sobald mir ein Mann gefallen hatte. Seit ich bei Agnes auf dem Hof lebte, hatte ich ein tugendsames Leben geführt. Die Kirche predigte die Heiligkeit des Ehelebens und missbilligte sündiges Treiben. Doch die meisten Knechte und Mägde konnten nicht heiraten und einen Hausstand gründen. Es fehlte an Land und Geld für den eigenen Hof, und in vielen Landstrichen bestanden Heiratsverbote. Solange man nicht genügend Geld aufbrachte, erhielt man keine Erlaubnis des Gutsherrn zur Ehe. Trotzdem wollten die Körper zu ihrem Recht kommen, und so füllte sich manche Kammer und manches Bett.
Wilhelm küsste mich. Er schmeckte nach dem frischen Kräutergrün. Ich spürte seinen Atem an meiner Wange, seine Muskeln, die mich umschlangen. Das Moos unter unseren Füßen bettete uns weich und nach dem neuen Leben des frühen Sommers duftend. Seine Hände strichen über meinen Leib, öffneten meine Bluse und
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