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Kraut und Rübchen - Landkrimi

Kraut und Rübchen - Landkrimi

Titel: Kraut und Rübchen - Landkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Essen eingeladen wurde. Wir tischten auf, was die Kammer hergab, wollten nicht schlecht dastehen. Der Pfarrer saß bei Agnes, ich brachte Schüsseln und Töpfe, lauschte und beobachtete.
    »Ein gutes Leben führst du, Agnes.«
    »In aller Bescheidenheit.«
    »Der Witwenstand bekommt dir.«
    »Ich trage meine Last, wie sie mir aufgetan wurde.«
    »Dein Sohn?«
    »Wächst auf, wie es sich einem christlichen Haushalt geziemt.«
    »Aber du bist noch jung. Willst du nicht wieder heiraten?« Der Pfarrer legte die Serviette nieder und schob seine Brille, die ihm bis auf die Nasenspitze gerutscht war, hoch. »Die Verlockungen des Leibes sind groß, und du kannst dem Herrn noch viele Kinder schenken.«
    Agnes senkte den Kopf und räusperte sich. Ich sah, wie es um ihre Mundwinkel zuckte. Sie kämpfte tatsächlich gegen ein Lachen an.
    »Herr Pfarrer«, begann sie mit gequälter Stimme und musste erneut husten, bis sie sich im Zaum hatte, um weiterzusprechen. »Seit dem Tod meines Ehewirtes habe ich bei keinem anderen Mann gelegen und werde das auch nicht mehr tun.« Sie warf mir über die Schulter unseres Gastes einen Blick zu. Aus meinem Lächeln wurde ein verschmitztes Grinsen, und zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich frei und unbeschwert. Als der Pfarrer, begleitet von guten Worten, ging, war das Lachen in unser Haus eingezogen.

Schafgarbe , Achilla millefolium  – auch Blutstillkraut genannt. Schon seit dem Altertum weiß man um ihre Heilwirkung und setzt sie bei Menstruationsstörungen und anderen Frauenleiden ein. Sie wirkt zudem lindernd bei Krämpfen und Entzündungen. Kleinen Kindern legte man Schafgarbe auf die Augen, um ihnen schöne Träume zu schenken.

Dreizehn
    Ich fuhr herum. Die Tür fiel vor meiner Nase ins Schloss.
    »Das glaube ich jetzt nicht.« Ich ballte die Fäuste. »Er hat mich wirklich rausgeschmissen.« Das hatte sich bisher noch niemand erlaubt.
    Ich wusste nicht, wohin mit meiner Wut, und hätte am liebsten gegen seine Tür getreten. Mit einem Mal sah ich mich selbst vor mir, ein wütendes und beleidigtes Rumpelstilzchen, und musste lachen.
    Ich drehte mich um und setzte mich auf die oberste Stufe der Treppe.
    Kindergartengetue. Meinte er mich damit? Oder die anderen? »Weil ich nicht einfach die ganze Sache gefährde, nur weil mir ein paar Hormone querschießen«, hatte er gesagt.
    Die Rettung des Dorfes lag ihm wirklich am Herzen, war ihm wichtiger als alles andere. Auch als sein persönliches Glück. Wobei schießende Hormone nicht zwingend mit persönlichem Glück in direktem Zusammenhang standen. Im Gegenteil. Sie konnten sich auch ganz schön nachteilig auswirken.
    Aber er hatte recht. Es gab Dinge, die drängend waren, die Einsatz forderten, Rücksichtnahme und vor allem eine gehörige Portion Altruismus. Es hatte nichts mit einer Feuer-und-Flamme-Mentalität zu tun, die in einem Schwall aufloderte und dann genauso schnell wieder erlosch. Nein. So eine Haltung erforderte Konsequenz. Überlegte Handlungen. Vorausschauendes Denken. Kurz: Es verlangte Erwachsensein.
    Ich zog die Knie an, verschränkte meine Arme darüber und stützte das Kinn auf. Kindergartengetue. Ich gab es ungern zu, aber Alex hatte recht. Ich benahm mich wie ein Kind. Die Zweiunddreißig ergab sich nur aus den Geburtsdaten meines Personalausweises, nicht aus meinem Verhalten. Es wurde Zeit, das zu ändern. Ich stand auf, legte meine Hand auf die Klingel und zögerte einen Moment. Wenn ich das jetzt machte, gab es kein Zurück.
    Ich nickte. »Es wird Zeit, dass du erwachsen wirst, Katharina Rübchen. Höchste Zeit.« Ich läutete, hörte Alex’ Schritte im Flur und seufzte.
    Mit Schwung öffnete er die Tür, ein professionell freundliches Lächeln auf dem Gesicht. Als er mich sah, verschwand es innerhalb von Augenblicken.
    »Was willst du noch?«
    »Mich entschuldigen.«
    »Wofür?«
    »Dafür, dass ich mich nicht für deine Hilfe bedankt habe, als ich zu viel von dem Teufelsgebräu getrunken habe.«
    »Keine Ursache. Ich bin Arzt. Ich muss so was tun.«
    »Du hättest mich ins Krankenhaus fahren können.«
    »Hätte ich.«
    »Hast du aber nicht. Dafür das Danke.« Ich räusperte mich. »Und dafür, dass du mich rausgeschmissen hast.« Er runzelte die Stirn, sagte aber nichts. »Mir ist da eben auf deiner Treppe so einiges klar geworden. Über mich und mein Leben. Was ich will und was nicht. Ich möchte dich nicht mit Details langweilen, aber im Endergebnis habe ich beschlossen, dass ich euch helfen werde.

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