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Kraut und Rübchen - Landkrimi

Kraut und Rübchen - Landkrimi

Titel: Kraut und Rübchen - Landkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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sprach eindringlich, sah mir in die Augen. Ich nickte bedächtig. »Er hat mich gestoßen und zu Boden geworfen. Dann ist er über mich …« Sie brach ab und schluchzte.
    »Dreh dich einmal um«, bat ich sie.
    »Warum?«
    »Damit ich sehen kann, was er dir an deinem Rücken für einen Schaden angetan hat.« Ich wollte sie sehr genau untersuchen, denn oft genug verhinderte der Schock den Schmerz, und zu spät entdeckte Wunden entzündeten sich. Zögernd drehte sie sich um. Ihr Rücken war makellos. Keine Schürfwunde an den Schulterblättern, wo ich sie nach ihren Schilderungen erwartet hätte. Aber vielleicht war der Stoff ihrer Bluse stark genug gewesen, um sie zu schützen. Ich stand auf, ging in die Kräuterkammer und holte eine Paste aus Beinwell und Schafgarbe. Gern hätte ich auch noch Bärlauch dazugemischt, aber der entfaltete seine Wirkung nur, wenn man ihn im Frühjahr frisch schnitt. Ich versorgte die Wunden.
    »Kannst du mir denn helfen?« Ihre Stimme gewann an Festigkeit.
    »Ich helfe dir doch.«
    »Das meine ich nicht.«
    »Was meinst du denn?« Ich richtete mich auf und stützte die Hände ins Kreuz, um den Schmerz in meinem Rücken zu lindern.
    »Es ist nicht das erste Mal, dass er sich in dieser Weise an mir vergeht. Und es wird auch nicht das letzte Mal gewesen sein.« Sie verstummte und sah mich an. In ihrem Blick lag etwas Lauerndes. Ich trat einen Schritt zurück und betrachtete sie. Sie war nicht aus unserem Dorf. Ihr Gesicht kam mir zwar bekannt vor, weil ich sie vielleicht früher einmal auf einem Fest oder einer Hochzeit gesehen hatte, aber ich wusste nicht, wer sie war. Nichts Ungewöhnliches, kamen doch oft Frauen aus den umliegenden Dörfern zu mir, wenn ihnen das Geld für den Arzt fehlte. Bei ihr hatte ich Scham als Grund für ihren Besuch bei mir vermutet.
    »Was willst du?«
    »Deine Hilfe.«
    »Die hab ich dir gegeben.« Ich wandte mich ab, nahm die Tiegel und Tücher an mich und ging zur Kammertür. »Zieh dich wieder an. Ich fülle dir ein wenig von der Salbe in einen kleinen Topf, damit du deine Wunden damit behandeln kannst.«
    »Das meine ich nicht.« Ihre Stimme schnitt mir den Weg ab. »Ich meine eine andere Art der Hilfe.«
    Ich blieb stehen und schloss die Augen. In meinen Ohren rauschte das Blut.
    »Anders helfen kann dir nur die Polizei.«
    »Du weißt genau, was geschieht, wenn ich zum Wachtmeister gehe.« Sie sprang auf, lief zu mir und packte mich am Arm. Ihr Griff war stark und fest. Sie zog mich zu sich. »Ich weiß, was du und deine Kräuter gegen Männer, die Unrecht begehen, bewirken können. Ich habe gehört, was die Frauen tuscheln.« Sie wurde immer lauter, rang nach Luft. »Ich hasse meinen Schwager«, schrie sie. »Er muss …« Sie brach ab, beugte sich zu mir und legte ihre Wange an meine. Das geflüsterte »weg« konnte ich kaum hören, so leise sprach sie es aus. Trotzdem drang das Wort bis in mein Innerstes, so endgültig klang es. Vor mir tauchten die Gesichter der Männer auf, deren Frauen ich von ihnen befreit hatte. Der Schmied, Gregor und die der letzten Jahre. Schatten der Vergangenheit. Lange schon hatte ich kein Elend mehr gesehen, das die letzte aller Möglichkeiten rechtfertigte. Und nun stand sie hier vor mir. Eine Frau, nach ihren eigenen Worten geschunden und geschändet durch die Hand des Schwagers. Sie bat um Hilfe. Nein, sie bat nicht. Sie forderte. Und alles, was sie mir zeigte, ließ ihr Anliegen als gerecht erscheinen. Trotzdem zögerte ich.
    »Komm morgen wieder«, bat ich sie. »Dann sehen wir weiter.«
    Sie nickte, klaubte ihre Kleider zusammen und verließ mich. Nachdenklich stellte ich den kleinen Krug mit der Salbe, die sie mitnehmen sollte, wieder ins Regal zurück. Sie hatte nicht mehr danach gefragt, ihn einfach vergessen.
    Die letzten Strahlen der Sonne wärmten meinen Abend. Meine Arbeit im Haus und im Stall war erledigt. Ich genoss sie auf einem kleinen Schemel vor dem Haus. Meine Gedanken wanderten zu Agnes, die nun schon seit beinahe einem Jahr auf dem Kirchhof lag. Ich vermisste sie. Ihre ruhige Art, unsere gemeinsame Zeit. Ihr Ende war plötzlich gekommen, es hatte alle überrascht. Etwas hatte an ihr gezehrt und alle Kraft, alle Energie aus ihrem Leib gefressen. Meine Kräuter waren machtlos gewesen. Ich konnte nicht heilen, nur lindern und zum Ende hin nicht einmal mehr das. Sie hatte Schmerzen gelitten. Stumm ertragen in den meisten Stunden, nur manchmal, wenn wir allein waren, hatte sie geweint und gehadert. Es

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