Kraut und Rübchen - Landkrimi
andere Sache überprüft.«
»Sie hatten mir aber nicht gesagt, dass ich alles unverändert lassen soll.«
Schröder seufzte. »Bevor wir einen Fall abschließen, möchten wir jede Spur bis zum Ende geklärt haben. Auch wenn die Beteiligten, wie im Fall Ihrer Tante, bereits verstorben sind.«
»Sie haben mir übrigens immer noch nicht gesagt, wessen Sie meine Tante verdächtigen.«
»Wir verdächtigen niemanden. Wir klären ab, Frau Rübchen.« Er fixierte mich mit seinem Blick. »Nicht mehr. Und auch nicht weniger.«
Ich demonstrierte Gelassenheit, auch wenn mir innerlich nicht danach war. Sie hatten Marion im Verdacht, etwas mit dem Tod des Mannes zu tun zu haben. Das war eindeutig. Auch wenn ich es schaffte, ihnen Unwissenheit vorzuspielen, mir selbst gegenüber konnte ich es nicht leugnen: Wenn sie recht hatten, stimmte auch meine Theorie, und die anderen logen mich an. Vielleicht sagten sie aber auch die Wahrheit, und Schröder lief einfach nur in die falsche Richtung mit seinen Verdächtigungen. Hatte ich mein Vertrauen zu früh vergeben? Schröder und seine Kollegin waren ja nun keine Trottel, sondern gestandene Polizisten, die sicher die meisten ihrer Fälle lösten oder damit zumindest im guten Bundesdurchschnitt lagen. Ich hatte keine Veranlassung, sie für blöd zu halten oder mir falsche Vorstellungen vom Schwierigkeitsgrad möglicher Täuschungen zu machen. Wenn es mir gerade gelungen war, musste das eher dem Zufall denn meiner Geschicklichkeit zugerechnet werden.
Es wurde höchste Zeit, ein anderes Licht auf die Sache zu werfen. Mila und die anderen direkt damit zu konfrontieren, hatte keinen Sinn. Ich musste es anders versuchen.
»Hast du die Kräuter für mich gemischt? Wie muss ich sie anwenden?« Sie warf mir die Frage wie einen nassen Lappen ins Gesicht, noch bevor sie eingetreten war.
»Komm erst einmal herein.« Ich drehte mich um und ging durch den Flur tiefer in das Haus hinein. Sie folgte mir bis in die Kräuterkammer. Ich schloss die Tür. Heute waren nicht alle Mägde mit auf das Feld gegangen, und ich wollte nicht, dass uns jemand belauschte. Ich trat vor sie hin. »Lass mich deine Wunden sehen.«
»Warum?«
»Ich will nachprüfen, ob meine Salben geholfen haben. Zieh deine Bluse aus.«
»Deswegen bin ich nicht hier.«
»Ich weiß.«
»Warum soll ich denn dann …«
»Mach, was ich dir sage«, forderte ich sie streng auf. »Zuerst muss ich sehen, ob es heilt. Dann reden wir über das, was du von mir möchtest.«
Sie schnaubte widerwillig, während sie die Bluse ablegte. Von der Verzweiflung, die sie am Tag vorher gezeigt hatte, konnte ich keine Spur mehr entdecken. Es war, als ob das Geschehnis ohne Folgen an ihr vorübergezogen wäre. Oder gar nicht stattgefunden hätte.
»Hat dein Schwager dich heute in Ruhe gelassen?«
»Ja.«
»Weiß er, dass du hier bist?«
»Nein. Er würde mich erschlagen.« Sie legte ihre Bluse über eine Stuhllehne. Ich winkte sie näher zu mir ans Fenster, damit ich ausreichend Licht bekam, um ihre Wunden zu begutachten. Ich nickte langsam. Gestern schon war mir die Gleichmäßigkeit der Verletzungen aufgefallen. Die Schnitte an ihrem Leib, einer neben dem anderen, parallel auf ihre linke Körperhälfte gesetzt.
»Gib mir bitte den Tiegel dort«, murmelte ich wie abwesend und zeigte auf das Regal hinter ihr.
Ich ließ sie nicht aus den Augen, registrierte jede ihrer Bewegungen. Ohne zusammenzuzucken, drehte sie sich halb um, griff mit der rechten Hand nach dem Gefäß und reichte es mir. Ich nahm das kalte Porzellan entgegen, griff nach ihren Fingern und starrte auf ihre Handinnenfläche. Außer einigen Schwielen war nichts zu sehen. Es passte alles zusammen. Die Art der Wunden, die Stellen, an denen sie zu finden waren, ihre mangelnde Schwere.
»Dein Schwager hat dich nicht geschändet und verletzt. Du lügst«, sagte ich wie beiläufig mit leiser Stimme und stellte langsam den Tiegel auf den Boden.
»Was?« Sie riss die Augen auf. »Wie kannst du so etwas sagen? Er hat mich mit dem Messer angegriffen, mich bedroht und verwundet.«
»Nein, das hat er nicht.« Ich wunderte mich über die Ruhe, die sich in mir ausbreitete, aber ich war mir ganz sicher. Sie riss ihre Bluse von der Stuhllehne, zog sie über und verschloss sie mit hastigen Fingern.
»Gib mir deine Kräuter, wie du es mir gestern versprochen hast«, herrschte sie mich an.
»Ich habe dir nichts versprochen.«
»Heißt das, du willst mir nicht mehr helfen?«
»Das heißt,
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