Kreuz des Südens
auf irgendeine Weise gefährlich aussah, aber er tastete ihn dennoch ab, um sich zu vergewissern, dass er nichts Verbotenes bei sich hatte. »Was machst du denn dann hier?«, fragte Brazil. Brazil trat näher an die Statue heran, um einen besseren Blick auf Magic Jeff werfen zu können. Er konnte nicht anders als lächeln.
»Ich glaub, die haben heute so 'ne Art Arbeitssitzung für Lehrer«, sagte Weed halbherzig. »Ich weiß nur, dass da irgendwas war, wissen Sie, irgendwas, das sie tun mussten, und wir mussten nicht hin. Und meine Mutter musste zur Arbeit, wissen Sie? Also trieb ich mich rum.«
»Ich bräuchte genau eine Minute, um herauszufinden, dass du nicht die Wahrheit sagst«, sagte Brazil. Er war immer noch sauer, dass West ihn stehen gelassen hatte und dass 199 noch nicht aufgekreuzt war. »Was ich eigentlich tun sollte, wäre deinen kleinen Hintern zur Godwin zu befördern und deine Lehrer das regeln lassen. Aber stell dir vor: Alles, was die täten, wäre dich vom Unterricht ausschließen, mit dem Ergebnis, dass du noch länger beim Unterricht fehlen würdest, nicht wahr? Und dann hättest du genau, was du wolltest. Oder?«
»Ich will nicht beim Unterricht fehlen!«, schoss es aus Weed heraus. »Ich wäre ja dort, wenn nicht...«
»Ich dachte, du hättest gesagt, es sei Feiertag?«
Weed war entsetzt, dass er soeben über seine eigene Lüge gestolpert und flach auf dem Hintern gelandet war. Nun gab es keinen Weg mehr zurück. Unruhig blickten seine Augen hin und her und suchten einen Fluchtpunkt. »Gut«, sagte Brazil. »Kommen wir zum Geschäft.«
»Zu welchem Geschäft?«
»Langsam wird es Zeit für die Wahrheit«, sagte Brazil. Plötzlich tauchte Pigeon auf und ging auf sie zu. Sein Gang war unbeholfen und schwerfällig.
»Erstens mal ist dein Nachname nicht Jones, nicht wahr?«, sagte Brazil, der Pigeon in seinem Rücken nicht sehen konnte.
»Nein«, sagte Weed.
»Du heißt Gardener, und dein Bruder war Twister.« Weed war sprachlos.
»Weed, sag mir, warum du die Fünf trägst.«
»Ha?«
»Die tätowierte Fünf auf deinem Finger. Versuchen wir's noch mal mit dieser Geschichte und schauen wir, ob diesmal was Besseres dabei herauskommt.«
Angst wandelte sich in Entsetzen. Weeds Nerven lagen blank. »Ich hab es Ihnen doch gesagt, das bedeutet nichts«, sagte Weed.
»Ich weiß, dass es was bedeutet«, beharrte Brazil. »Die Hechte. Die Gang, die sich dazu bekannt hat, die Statue angemalt zu haben, richtig?«
Weed begann zu zittern. Pigeon war nun unmittelbar hinter ihnen. Brazil hatte ihn vermutlich gerochen. Er schwang herum, die Hand auf der Pistole.
»Erschießen Sie mich nicht. Ich bin's nicht wert«, sagte Pigeon ruhig. Und dann sah er die Statue. »Das ist ja ein Ding.«
»Wer sind Sie?«, fragte Brazil Pigeon und entspannte dabei seine Schusshand.
»Ich bin Pigeon. Ich hab Sie schon öfters gesehen. Gewöhnlich mit 'ner heißen Polizistin. Jemand, der auf der Straße lebt wie ich, hat jeden irgendwann schon mal gesehen.« Pigeon schaute wieder die Statue an. Weed war sich nicht sicher, aber er dachte, er sähe Bewunderung in Pigeons Augen aufblitzen. Für einen kurzen Augenblick verspürte Weed Freude.
»Also«, sagte Brazil, »hat jemand von euch beiden eine Ahnung, wer die Statue so angemalt haben könnte, dass sie aussieht wie Weeds Bruder?« Weed überlegte angespannt. Pigeon wartete.
»Nun«, sagte Weed mit beklommener Stimme, »sie waren beide achtzehn. Vielleicht ist das der Grund, warum's jemand gemacht hat.«
Pigeon sah auf die Inschrift am Sockel der Statue. »Was?« Brazil zog die Stirn in Falten.
»Das steht es doch«, sagte Weed und deutete mit dem Zeigefinger auf den Sockel. »Der Mann war achtzehn, genau wie Twister.«
»Du solltest mal deine Arithmetik überprüfen«, sagte Pigeon zu Weed. »Jeff Davis war einundachtzig, als er starb.«
»Egal. Was hat er getan?«, fragte Weed.
»War 'ne Zeit lang im Knast«, sagte Pigeon. »Ungefähr zwei Jahre lang. Fußeisen und alles, soweit ich mich erinnere.« Weed starrte die Statue an und bekam einen erschrockenen Gesichtsausdruck. Er fragte sich, ob Fußeisen so etwas wie große Handschellen wären und ob er so was auch tragen müsste. Er wollte nicht zwei Jahre ins Gefängnis. Er versuchte sich zu beruhigen und hoffte, Mr. Davis hätte etwas Schlimmeres getan, als eine Statue anzumalen.
»Was werden Sie ihm tun, wenn Sie ihn fangen?«, fragte Weed.
»Wen fangen?«, fragte Brazil. »Den, der die Malerei gemacht
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