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Kreuz des Südens

Kreuz des Südens

Titel: Kreuz des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Roop machte sich wild Notizen, »dann sind wohl die anderen alle abgeschnitten.«
    »Scheiße. Das ist das Unheimlichste, was mir je passiert ist. Wir haben hier oben drei Experten sitzen, die gerade versuchen, das verdammte Ding vom Bildschirm wegzukriegen. Aber nichts geht. Also, ich mache ja den ganzen Computerscheiß nicht selbst, wissen Sie? Aber ich hab Augen und Ohren im Kopf, und ich weiß, wann etwas wirklich schlimm ist. Soweit ich mitbekomme, haben wir im Moment nicht den geringsten Überblick über Brennpunkte oder irgendwelche Strukturen.«
    »Genau.« Roop blätterte seinen Block um. »Wie's aussieht, hat das niemand momentan.«
    Roops Redakteurin Clara Outlaw blieb vor dem Schreibtisch stehen, um zu sehen, wie weit Roop war und wie es mit der Schlagzeile für die Spätausgabe aussah. Er zeigte mit dem Daumen nach oben. Sie wollte etwas sagen, er schüttelte den Kopf und legte den Finger auf die Lippen. Sie tippte auf ihre Armbanduhr. Er nickte ihr zu und machte mit den Fingern das O.K.-Zeichen. Sie war skeptisch, tippte wieder auf die Uhr. Er schüttelte den Kopf und bedeutete ihr, eine Minute zu warten. »Es war am frühen Nachmittag, wie man mir sagte, und plötzlich soll da die Karte mit den Fischen aufgetaucht sein, und jetzt werden wir sie nicht mehr los. Sie kam sozusagen aus dem verdammten Nichts.« Mazzonelli hörte nicht mehr auf zu reden.
    Roop kritzelte Fischsterie auf seinen Block. Er riss den Zettel ab und gab ihn Outlaw. Sie zog die Stirn in Falten und schrieb Pfiesteria darunter. Roop schüttelte den Kopf. Dieser Vorfall hatte nichts mit den Mikroben zu tun, die ein gewisser Dr. Pfiester vom Institut für Meeresforschung entdeckt hatte und die für das massive Fischsterben an der Ostküste verantwortlich waren - oder etwa doch? Was wusste man schon. Roop griff sich den Zettel wieder und unterstrich Fischsterie viermal.
    Um zehn vor drei schlich sich Weed aus seinem Zimmer. Er blieb vor der geschlossenen Zimmertür seiner Mutter stehen und hoffte, dass er sie schnarchen hören würde. So war es, genauso laut wie immer. Weed verließ das Haus und wartete an der Straßenecke, wie Smoke es ihm befohlen hatte. Minuten später konnte man den Le Mans bereits vo n weitem hören. Weed erinnerte sich an seinen Albtraum mit dem Müllwagen. Seine Hände begannen so stark zu zittern, dass er fürchtete, er könne so nicht malen. Er fühlte wieder, wie ihm schlecht wurde. Er dachte daran, nach Hause zurückzulaufen und die Polizei anzurufen oder wenigsten die Acrylfarben zu holen, für den Fall, dass Smoke herausfand, dass er ihn betrügen wollte.
    Die Hintertür des Le Mans schwang auf. Weed stieg ein und stellte sich wie zum Schutz den Rucksack und die Tüte mit den Farben auf den Schoß. Er starrte auf Smokes Hinterkopf. Divinity saß auf dem Beifahrersitz und lehnte sich an Smokes Schulter.
    »Die anderen kommen wohl nicht«, sagte Weed und tat sein Bestes, um mit fester Stimme zu sprechen.
    »Die brauchen wir nicht«, sagte Smoke.
    »Wie kommt's, dass du nicht mit deinem eigenen Auto fährst?«, fragte Weed und fühlte, wie eine Angstwelle ihn fast erdrückte.
    »Weil ich nicht will, dass mein Auto erkannt wird«, sagte Smoke.
    »Hat Dog nichts dagegen, dass man sein Auto erkennt?«, fragte Weed.
    »Ist doch egal, ob er was dagegen hat«, antwortete Smoke kalt. »Und du hältst jetzt die Fresse, Schwachkopf. Ich stelle hier die Fragen, du antwortest. Hast du das kapiert?« Divinity lachte und steckte ihre Zunge in Smokes Ohr.
    »Ja«, sagte Weed leise und wischte sich die Tränen, die in seine Augen traten, so schnell weg, dass sie gar nicht erst zu laufen beginnen konnten.
    Während der ganzen Fahrt durch die Stadt und durch die Reihenhaussiedlung von Oregon Hills sagte Weed keinen Ton. Sie stellten den Wagen in einem kleinen Park am Fluss ab. Der Zaun des Friedhofs war etwa drei Meter hoch und dick mit Efeu bewachsen. Weed dachte, es würde nicht einfach sein, darüber zu steigen, Smoke war anderer Meinung. Weed hatte noch nie von einem Unternehmen gehört, das an einem Friedhofszaun plakatierte. Victory-Teppich-Reinigung hingegen hielt das wohl für eine gute Idee. Das große Metallschild war an dem Abschnitt des Zauns befestigt, der zwischen South Cherry und Spring Street lag.
    Smoke zeigte Weed und Divinity, wie einfach es war, sich an den Ecken des Schildes festzuhalten und sich hinaufzuziehen, bis man den dicken überhängenden Ast der alten Eiche auf der anderen Seite zu fassen bekam.

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