Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kreuz des Südens

Kreuz des Südens

Titel: Kreuz des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
sich zu beanspruchen. Sie nannten ihn Funksau. Sie nannten ihn Dampfplauderer, und alle hofften, man möge ihn von der Streife in die Stille der Asservatenkammer versetzen, an die Auskunftstheke, in die Wartungsabteilung oder zur Kfz-Verwahrstelle.
    Doch sämtliche Polizeichefs vor Hammer waren eifrig auf Quoten bedacht gewesen, und Rhoad war ein unbarmherziges Ein-Mann-Unternehmen, das unterschiedslos alle Bürger verfolgte, die zu schnell fuhren, falsch abbogen, rote Ampeln und Stoppschilder überfuhren, wendeten, wo es verboten war, drängelten, betrunken fuhren und sein Blaulicht und die Polizeisirene missachteten.
    Die Zeit verging, und mit ihr kam die Reife, die Otis Rhoad in einen neuen Lebensabschnitt hinübertrug. Auf einmal realisierte er, dass wichtiger als sein Krieg gegen Verkehrsverletzungen beim Fahren die Bekämpfung einer anderen heimtückischen Krankheit war, die sich zur Epidemie ausgewachsen hatte: Die Welt hatte keine Parkplätze mehr. Nun richtete sich sein strafendes Augenmerk auf all jene, die ihre Autos an abgelaufenen Parkuhren und in verbotenen Zonen stehen ließen, oder, Gipfel des Egoismus und der Dreistigkeit, sich auf Rasenflächen, Straßenrändern, in Einfahrten, die ihnen nicht gehörten, auf Parkplätzen von Geschäften und Kirchen, die sie nicht besuchten, und auf Fahrradwege stellten. Er begann, seinen Strafzettelblock auch außerhalb des Dienstes mit sich zu führen, besonders nachdem die Stadt auf Vierundzwanzig-Stunden-Parkuhren umgestiegen war. Rhoad streifte die Asche ab und griff zum Mikrophon. In genau sechs Minuten und vierzig Sekunden würde es acht Uhr vierzig sein und die Parkuhr der Funkbeamtin Patty Passman ablaufen.
    Möglicherweise hatte Fleck eine leichte Gehirnerschütterung, doch er weigerte sich, in ein Krankenhaus gebracht zu werden. Bubba seinerseits weigerte sich, Fleck fahren zu lassen. Bubba musste zugeben, dass er noch nie einen so schönen Pickup wie den von Fleck gefahren hatte, und wieder fühlte er die Bitterkeit in sich aufsteigen, eine Wut, die schon seit jeher an ihm genagt hatte. Auf seine Art war Fleck keinen Deut besser als all die anderen, die Bubba sein ganzes Leben lang verhöhnt und verletzt hatten.
    »Du bist mir ein schöner Kumpel«, murmelte Bubba, denn Fleck schien zu schlafen. »Verkaufst mir einen Jeep, der nichts ist als ein Stück Scheiße. Sabotierst Bucht 8, damit du jeden Monat den Wettbewerb gewinnst. Bekommst deine FreiPäckchen Zigaretten und verkaufst sie an mich.«
    »Hast du was gesagt?«, murmelte Fleck, als Bubba in Flecks Einfahrt einbog, wo Bubba gestern Abend seinen Schrott-Jeep hatte stehen lassen.
    »Ich würd mal sagen, du schuldest mir tausend Dollar«, sagte Bubba.
    Auf einmal wurde Fleck hellwach. Er setzte sich aufrecht auf seinen Sitz, blinzelte mehrmals und schaute sich um. »Wo sind wir?«, fragte er.
    »In deiner Einfahrt«, sagte Bubba. »Nun le nk nicht vom Thema ab, Fleck. Ich habe gewonnen.«
    Er wollte gerade sagen mit Fug und Recht, sah dann aber seine künstlichen Waschbärenaugen in den Bäumen glühen. »Gewonnen?« Fleck tat, als ob er unter Drogen stünde. »Was gewonnen?«
    »Unsere Wette, Fleck.«
    »Welche Wette?«
    »Du weißt, welche Wette!«
    »Wie?« Fleck sprach verschwommen. »Ich glaube, ich habe Gedächtnisverlust. Ich weiß noch nicht mal, wo wir sind. Ich erkenne nichts. Wo sind wir?«
    »Vor deinem teuren Haus in Brandermill!« Bubba hätte Fleck am liebsten eine noch ernstere Gehirnerschütterung zugefügt. »Das mit dem Swimmingpool und dem nagelneuen Range Rover vor der Tür. Weil du dich einen Scheißdreck darum scherst, amerikanische Produkte zu kaufen oder Philip Morris die Treue zu halten, die gar nicht genug zahlen, um dir diesen Lebensstandard zu ermöglichen! Also betrügst, lügst und stiehlst du ohne Ende!«
    Fleck kämpfte mit der Türverriegelung und stürzte beinahe, als er aus dem Wagen ausstieg. Bubba nahm Half Shell herunter, sie sprang auf die Rückbank des Jeeps. Flecks Frau stürzte aus der Haustür, um Fleck zu helfen. Sie warf Bubba einen drohenden Blick zu, als er rückwärts aus der Einfahrt fuhr. Es war ihm egal. Er hielt nicht an, um Erklärungen abzugeben. Er raste durch Flecks wohlhabende Nachbarschaft mit den großen Häusern und den bewaldeten Grundstücken. Er schoss auf den Midlothian Turnpike hinaus und überholte jeden. Bubba hatte Mühe, wach zu bleiben, was ihn jedoch nicht davon abhielt, aggressiv zu fahren. Er ließ niemanden in seine Spur. Wenn

Weitere Kostenlose Bücher