Kreuzberg
Entführer lässt sich mit
einem Auto abspeisen, wenn er damit rechnen muss, dass es bald auf jeder
Fahndungsliste steht.«
»Damit muss
er nicht rechnen«, widerspreche ich, »nicht, solange das Mädchen in seiner
Gewalt ist.«
»Die Frage
ist, ob es schon zu einer Übergabe gekommen ist«, mischt sich Beylich ein.
»Denn auch der Blumenhändler ist noch nicht wieder aufgetaucht.«
»Die Frage
ist, welcher Verrückte überhaupt auf die Idee kommt, einen Blumenhändler zu
erpressen.« Palitzsch haut verständnislos auf den Tisch. »Da gibt es doch
sicher lohnendere Zielgruppen.«
»Reine
Schikane«, vermutet Hünerbein. »Rache, wer weiß? Jedenfalls geht’s da nicht ums
Geld.«
»Nein! Um
Geld ganz sicher nicht.« Inga Lenz steht plötzlich im Raum und funkelt uns an.
»Hier geht es nur um das Mädchen!« Sie zieht sich einen Stuhl heran, setzt sich
aber nicht drauf, sondern stellt nur einen ihrer springerbestiefelten Füße
darauf ab. »Schon mal darüber nachgedacht?«
»Bitte,
worüber?« Palitzsch rückt nervös seine Krawatte zurecht. »Ich kann Ihnen gerade
nicht folgen, Kollegin Lenz. Könnten Sie sich vielleicht etwas deutlicher
ausdrücken?«
»Der
Golgatha-Täter.« Inga Lenz blickt in die Runde. »Ist das deutlich genug?«
»Sie
meinen«, ich zünde mir eine Zigarette an, »die Tochter des Blumenhändlers wurde
vom Golgatha-Täter entführt?«
»Woher
wissen Sie überhaupt von der Entführung?«, will Palitzsch ungehalten wissen,
doch Beylich beschwichtigt ihn.
»Ich hatte
der Kollegin Lenz gestern Abend noch ein Memo zukommen lassen, damit wir alle
auf demselben Stand sind.«
»Na,
prima.« Hünerbein wiehert drauflos. »Transparenz ist das A und O, nicht
wahr?«
»Und wie
kommen Sie darauf?«, erkundige ich mich bei Inga Lenz. »Ich meine, bislang gibt
es doch überhaupt keinen Hinweis darauf, dass der Golgatha-Täter in irgendeiner
Weise –«
»Gibt es
einen Hinweis dagegen?«, unterbricht sie mich forsch und wiegt das
kurzgeschorene Haupt. »Auch nicht, oder?«
»Na und?
Das sind doch alles nur Mutmaßungen«, regt sich Palitzsch auf. »Sie können doch
nicht aufgrund irgendwelcher Phantasien …«
»Verzeihung,
ich vergaß. Sexuelle Phantasien sind natürlich Männersache.«
»Unerhört!«
Palitzsch ist hochrot geworden. »Sie konstruieren hier ein Gebäude, das
faktisch keineswegs untermauert ist, nur um hier die Ermittlungen weiter leiten
zu dürfen, Frau Lenz. So ist das nämlich!«
»Und das
macht euch Männer so verrückt, dass ihr mich unbedingt wieder loswerden wollt?«
»Ich bitte
Sie, liebe Frau Kollegin«, versucht Beylich mit ungewohnt liebenswürdiger Miene
zu beschwichtigen, »wir wissen Ihre Arbeit durchaus zu schätzen.«
Inga Lenz
fährt zu ihm herum. »Aber?«
Beylich
hebt abwehrend die Hände. »Kein Aber. Wir nehmen den Hinweis auf den
Golgatha-Täter durchaus ernst. Nur wissen wir nicht, wer der Golgatha-Täter
ist, richtig?«
»Richtig«,
gibt Inga Lenz ruhiger zu, »der Kerl ist ein Phantom.«
»Wir nehmen
daher an, dass er möglicherweise im Umfeld der Familie Misirlioglu zu suchen
ist«, erklärt Beylich, »deren Tochter wurde schließlich entführt. Gleichwohl
sind die Misirlioglus mit Swantje Steffens bekannt gewesen. Sie hatte den Wagen
des Blumenhändlers am Tag vor ihrem Tode pfänden lassen.«
»Ich weiß.«
Inga Lenz atmet tief durch. »Hatte der Mann Feinde?«
»Es gibt
mindestens eine enttäuschte Liebhaberin«, antworte ich.
»Dann
sollten wir mal das private Umfeld checken! Vielleicht finden wir da ja was.«
»Und auch
unsere Tote in diesem Zusammenhang überprüfen!« So leicht will sich Kriminalrat
Palitzsch nicht das Zepter aus der Hand nehmen lassen. Bevor Inga Lenz was dazu
sagen kann, wendet er sich an Beylich. »Habt ihr die Söhne festgenommen?«
»Nein«,
Beylich schüttelt den Kopf, »das war uns zu riskant. Wir müssen den Anschein
wahren, alles sei normal. Wenn wir die Jungs verhaftet hätten, könnten die
Entführer vermuten, dass ihr Coup auffliegt. Wir würden das Leben des Mädchens
gefährden.«
»Sonstige
Vorkehrungen?« Jetzt war Inga Lenz wieder schneller.
»Das
Telefon der Misirlioglus wird überwacht. Außerdem wurde eine Fangschaltung
gelegt. Matuschka ist vor Ort, die Wohnung der Familie wird rund um die Uhr
observiert.«
»Gut. –
Damaschke«, wendet sich Palitzsch etwas zu hastig an den Spurensicherer, damit
ihm die Lenz nicht erneut zuvorkommt. »Was haben Sie Neues?«
»Nicht
viel. In der
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