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Kreuzberg

Kreuzberg

Titel: Kreuzberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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der
Mädchen?«
    »Blöde
Gänse waren das«, flucht Tauchwitz, »den ganzen Tag nur Gegacker und dummes
Gerede über Schminke und Jungs. Was wir hier vorhatten, war denen völlig egal.«
    »Ach Gott,
denen fehlte halt der Zugang«, winkt die Begleiterin ab. »Das hätten wir merken
müssen.«
    »Rumgealbert
haben sie.« Tauchwitz ist sichtlich getroffen. »Den ganzen Tag. Banausen,
verdammte.« Er lacht bitter auf. »Wahrscheinlich muss man so was heute Banausinnen nennen. Blöde Weiber!«
    »Bislang
war die Zusammenarbeit mit der Villa Kreuzberg immer gut«, entschuldigt sich
die Begleiterin, »gerade die Henriette Cordes ist da sehr engagiert. Aber diese
Kreuzberger Hexen waren hier wohl fehl am Platz.«
    »Kreuzberger
Hexen?« Wo hab ich das schon mal gehört?
    »So nannte
sich die Bande!« Tauchwitz lockert seine Fäuste wieder.
    »Eine
richtige Mädchengang«, lächelt seine Begleiterin. »Wir wollten sie von der
Straße holen.« Sie hob bedauernd die Hände. »Es hat nicht geklappt.«
Interessiert sieht sie mich an. »Und jetzt soll eines der Mädchen entführt
worden sein?«
    »Ja.« Ich
bin etwas ratlos. »Das Erpresservideo ist hier aufgezeichnet worden. Genau vor
dieser Wand aus lauter falschen Pappziegeln …«
    Und die
Entführung?
    Ist die
echt?

31    ÜBER DAS MELDEAMT hatte Hünerbein die
Wohnadresse des Recip Kahali in der Mittenwalder Straße ausgemacht, doch es war
niemand da. Hünerbein fragte sich durch das ganze Haus. Ohne Erfolg. Entweder
kannten die Bewohner Recip Kahali nicht, oder sie wollten keine Antwort geben.
    Erst in der
Markthalle am Marheineckeplatz bekam er die gewünschte Auskunft. Der
Gemüsehändler erinnerte sich an Hünerbeins letzten Besuch und zeigte sich
diesmal sehr kooperativ.
    Recip
Kahali, ja, den kenne er gut, der habe früher hier einen Blumenstand gehabt,
direkt neben dem von Hüseyin. Bei Allah, das war ein harter Konkurrenzkampf, da
hat sich keiner was geschenkt, wie ein kleiner Krieg. Dann habe der Hüseyin dem
Recip auch noch die Frau ausgespannt, worauf Recip Hüseyins Ayse hat entführen
lassen –«
    »Moment«,
stoppte Hünerbein den Gemüsehändler. »Sagten Sie ›entführen‹?«
    »Er hat
sie …« Der Gemüsehändler suchte nach einer geeigneteren Formulierung.
»… verschwinden lassen. Versteckt, verstehen Sie? Aus Rache. Hier ging es
immerhin um Recips Ehre.«
    »Wann war
das?«
    »Vor zwei
Jahren«, antwortet der Gemüsehändler. »Inzwischen müsste die Ayse wieder bei
Hüseyin sein.«
    Die Ayse
schon, dachte Hünerbein. Aber nicht Fatma.
    »Wo ist
dieser Recip jetzt?«
    »Er
verkauft jetzt Blumen am Südstern. Ein gutes Geschäft. Es hat eine
Sondergenehmigung und darf Tag und Nacht selbst an Sonn- und Feiertagen
geöffnet sein. Sogar aus Reinickendorf und Rudow kommen die Leute, um bei Recip
zu den verrücktesten Zeiten frische Blumen zu kaufen.«
    Hünerbein
nickte. Auch er hatte am Südstern schon in letzter Minute Schnittrosen besorgt,
wenn er mal wieder den Valentinstag vergessen hatte.
    »Früher
gehörte das Geschäft Hüseyin. Um seine Ayse zurückzubekommen, musste er es
Recip geben, verstehen Sie?«
    Und wie
Hünerbein verstand. Und jetzt hat sich dieser Recip die Tochter gekrallt,
dachte er, um Hüseyin den Rest zu geben. Ja, man sollte vorsichtig sein, wenn
man anderen Männern die Frau ausspannt. Das kann böse enden. Ganz böse! So
mancher Gehörnte vergisst das nie.
    Hünerbein
lief, wegen der wieder einsetzenden Mondpause alle Imbissstände ignorierend,
zurück zur Gneisenaustraße und fuhr die eine Station bis Südstern mit der U-Bahn.
Am Ausgang Körtestraße befand sich der rund um die Uhr geöffnete
Blumenpavillon.
    Hünerbein
atmete tief durch und trat dann ein. Ein blütenschwerer Duft von Rosen, Malven,
Gerbera und Lilien empfing ihn. Zunächst war es ihm unmöglich, im Dickicht der
vielen Blumen und Gebinde überhaupt einen Verkäufer auszumachen, doch dann
trat, zu seinem größten Erstaunen, eine kleine Asiatin auf ihn zu und lächelte
ihn aus ihren schräg gestellten Mandelaugen an.
    »Oh, guten
Tag«, sagte Hünerbein und sah sich suchend um. »Eigentlich suche ich Herrn
Kahali.«
    »Kehani«,
nickte die Asiatin und verschwand eilfertig wieder zwischen all dem Grünzeug.
»Kehani, ick hab gutt. Gucken hiel! Ganz fein Kehani.« Sie kam mit einem
Blumentopf voller Blüten zurück, doch Hünerbein winkte kopfschüttelnd ab.
    »Nein,
keine Geranien.« Er spitzte den Mund und bemühte sich um korrekte

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