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Kreuzberg

Kreuzberg

Titel: Kreuzberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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deutliche
Aussprache. »Ka-ha-li, you know ?«
    »August«,
verbesserte ihn die Asiatin, »jetzt August, nix Juno.«
    »Ich suche
Chef.« Hünerbein fing an zu schwitzen. »Den Besitzer von dem Laden hier. Ein
Türke!«
    »Tülke?«
    »Türke«,
nickte Hünerbein, »Recip Kahali!«
    Die Asiatin
fing hell an zu lachen und stupste ihn an, als habe er einen prima Witz
gemacht. »Ah, du kleine Spasvogell, sell viel Ulk, ja? Abel Letschip nix
kaufen, hahaha! Letschip is Boss.«
    »Genau! Der
Boss!« Endlich hatte sie’s. »Wo ist er hin? Kommt er gleich zurück?«
    »Ssulück?«
    »Der Boss,
Letschip.« Hünerbein spitzte wieder die Lippen. »Wann kommt zu-rück?«
    »Nix Boss
ssulück.« Sie reckte den Arm und zeigte durch die blumenverhangenen Fenster auf
eine große Imbissbude gegenüber. »Letschip da! Essen.« Dann deutete sie eine
Essbewegung an.
    Hünerbein
nickte eifrig. »Oh ja, ich verstehe! Letschip essen. Alles klar, vielen Dank!«
Er nickte der kleinen Asiatin freundlich zu und verließ den Laden wieder.
    Die größte
Herausforderung, das war ihm klar, kam erst noch: Trotz Mondpause musste er
eine Imbissbude betreten und den herrlichen Düften von Köfte, Lahmacun und
Döner widerstehen.
    Normalerweise
mied er solche Orte während der Diätzeiten wie der Teufel das Weihwasser.
Hünerbein wusste um seinen Magen. Als einziges Organ in seinem Körper führte er
ein völlig autonomes und stets hungriges Eigenleben. Er scherte sich einen
Dreck um die Diät. War er würzigen Gerüchen und Aromen ausgesetzt, musste er
essen. Da konnte der restliche Hünerbein so viele Vorsätze haben, wie er
wollte – der Magen war stärker.
    Vielleicht
ginge es, wenn er sich die Nase zuhielt?
    Hünerbein
presste mit Daumen und Zeigefinger beide Flügel fest zusammen und betrat dann
die Dönerbude. An einem der hinteren Tische hockte ein Mann um die fünfzig,
wahrscheinlich Recip Kahali, denn er zählte konzentriert ein paar Geldbündel
durch.
    Kein
besonderer Eindruck, wenn sich nebenan ein saftiger Dönerspieß dreht. Und dann
erst die Falafel und daneben, verdammt noch mal, herrliche, mit Feta und
Hackfleisch gefüllte Weinblätter, von den Salaten ganz zu schweigen.
    Hünerbein
spürte, wie er, obwohl den Gerüchen trotzend, den Kampf gegen seinen
eigensinnigen Magen verlor. Denn das Auge, da hat der Volksmund ganz recht, das
Auge isst mit. Durch das Auge sah sein Magen genau, was sich hier abspielte,
und forderte grimmig seinen Tribut.
    Ich
ermittle hier, gab Hünerbein ihm schließlich nach und forderte gleichzeitig
astrologische Absolution: Ich muss die Entführung des Mädchens aufklären, das
Verbrechen hinter dem Verbrechen, und ich werde mich nicht darauf konzentrieren
können, wenn mein Magen dauernd rebelliert. Also verzeiht mir, ihr lieben
Himmelsgestirne, es geht nicht anders.
    Hünerbein
nahm die Hand von der Nase und bestellte: einen Dönerteller, viel Fleisch und
ordentlich Salat, dazu die Weinblätter und Sucuk, scharf angebraten, unter den
Reis gemischt.
    »Vielen
Dank!«
    Mit zwei
großen, herrlich duftenden Tellern bewaffnet ging er auf den noch immer Geld
zählenden Mann zu und setzte sich an dessen Tisch.
    »Entschuldigung,
Herr Recip Kahali?«
    »Moment«,
knurrte der und murmelte türkisch vor sich hin. »Üç
yüz, dört yüz, bes yüz«, während er, ab und zu einen Finger mit der Zunge befeuchtend, die Geldscheine
weiterzählte.
    »Ich komme
gerade aus Ihrem Blumenladen.« Hünerbein hielt ihm seinen Dienstausweis unter
die Nase. »Dort hat man mir gesagt, wo Sie zu finden sind.«
    Recip
Kahali ließ die Geldbündel sinken. »Ich hatte keinen Anlass, an den Angaben
meiner vietnamesischen Mitarbeiter zu zweifeln. Ich wollte ihnen eine Chance
geben, und sie versicherten mir, im Besitz gültiger Arbeitspapiere zu sein.
Falls dem nicht so ist, gebe ich zu Protokoll, dass mein Vertrauen und meine
Menschenliebe grob missbraucht worden sind.«
    »Ich bin
nicht wegen der Vietnamesen hier.« Hünerbein begann zu essen. »Sondern wegen
Ihrer Feindschaft zu Hüseyin Misirlioglu.«
    »Das ist
lange vorbei. Wir sind jetzt Partner.«
    »Mich
interessiert, wie Sie sich wieder versöhnt haben.« Hünerbein kaute. »Ich meine,
das ging ja richtig hart zur Sache bei Ihnen beiden. Erst der harte
Konkurrenzkampf, dann spannt Ihnen Hüseyin die Frau aus, im Gegenzug entführen
Sie seine Frau …«
    »Woher
wissen Sie das?« Kahali war rot angelaufen.
    »Ich bitte
Sie!« Hünerbein tupfte sich mit einer Serviette die

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