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Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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vorsichtig die Füße aufsetzen. Ja, so ist’s gut. Recht so.« Sie leitete ihn an das Ufer zurück und meinte: »Puh, das war knapp, ehrwürdiger Bruder. Sie dürfen doch nicht alleine auf das Eis hinausgehen. Hätte ich das gemacht, die Mutter würde mir die Ohren lang ziehen.«
    »Sie hätte wohl guten Grund dazu, meine Tochter. Du darfst diese üble Strafe jetzt gerne an mir vollziehen.«
    »Entschuldigen Sie, ich bin Toni, nicht Ihre Tochter.«
    Der schmächtige Mönch wandte sich ihr zu und schüttelte den Kopf.
    »Mein Augenlicht mag mich fast verlassen haben, mein Gehör ist jedoch noch recht gut. Aber wie du willst, Toni.«
    »Bitte.«
    »Ich glaube, ich muss dir sehr dankbar sein. War das Eis dünn an jener Stelle? Ich nahm das Knistern wahr, wusste es aber nicht zu deuten.«
    »Sie wären fast ins Fischloch gefallen, ehrwürdiger Bruder.«
    »Dann verdanke ich dir ganz gewiss mein Leben. Das soll mir eine Lehre sein, nicht mehr alleine umherzuwandern. Aber – es ist so langweilig im Kloster, seit es mir nicht mehr vergönnt ist, zu lesen oder die Feder zu führen.«
    Toni sah den alten Mann belustigt an. Er wirkte trotz seines faltigen Gesichtes und dem weißen Haarkranz wie ein schuldbewusster Lausbub, nicht wie ein würdiger Ordensmann.
    »Tja, das kenne ich«, bekannte sie. »Ich streife auch gerne umher. Also, die Ohren ziehe ich Ihnen deshalb nicht lang. Verraten Sie mir, wo sie wohnen, dann begleite ich sie dorthin.«
    »Ah, das wäre sehr nützlich. Ich scheine nämlich die Orientierung verloren zu haben. Ein bisschen sehe ich normalerweise noch, aber es ist alles so eintönig weiß heute. Das Kloster Wedinghausen ist meine Wohnung.«
    »Nun, dann folgen Sie mir. Es ist so weit ja nicht.«
    Toni und Elisabeth hatten nun, da die Hessisch-Darmstädter Truppen im Westfälischen ihr Winterquartier genommen hatten, ein Zimmer bei einer Schneiderfamilie gemietet. Elisabeth, findig wie immer, fand sofort eine Beschäftigung. Da die kalte Witterung ihre Opfer unter den Soldaten forderte, arbeitete sie im provisorischen Lazarett mit, das man im Gemeindesaal errichtet hatte. Die wohltätigen Damen des Ortes hatten sich zusammengeschlossen, um den Kranken das Leben zu erleichtern. Sie sorgten dafür, dass Laken und Decken gewaschen wurden, Briefe geschrieben oder vorgelesen wurden, trugen den Genesenden erbauliche Texte aus der Bibel und Gedichtsammlungen vor und ließen die Räume mit Kohlepfannen heizen, was einen weit größeren Zuspruch als die frommen Sprüche fand. Natürlich wuschen, flickten und reinigten die Damen nicht selbst, sondern bezahlten Helferinnen derberen Gemütes dafür. Toni half ihrer Mutter, wenn sie nicht in der Schulstube saß und gelangweilt dem Lehrer zuhörte, der ihrer Meinung nach dümmer als ein altbackenes Brot war.
    In ihren freien Stunden streifte sie, wann immer es ihr gelang, Elisabeth zu entwischen, durch Arnsberg und seine Umgebung.
     
    Der Mönch hatte Toni die Hand auf die Schulter gelegt, sie war nur unwesentlich kleiner als er, und ließ sich von ihr auf den festgetretenen Schnee des Weges führen.
    »Du kennst dich gut aus, Toni. Obwohl du nicht von hier zu stammen scheinst. Du sprichst anders als die hiesige Jugend«, stellte der Mönch fest.
    »Wir sind mit den Soldaten gekommen. Meine Mutter ist Marketenderin. Sie versorgt jetzt die Kranken im Lazarett.«
    »Eine gütige Frau, deine Mutter.«
    Toni gluckste: »Geschäftstüchtig, ehrwürdiger Bruder. Die Damen vom Wohltätigkeitsverein bezahlen sie dafür. Die können nämlich nicht selbst Kartoffeln schälen. Und die Vorstellung, Tote zu waschen, behagt ihnen auch nicht.«
    Der Mönch gab ein seltsames Geräusch von sich, blieb aber völlig gelassen.
    »Nun, du hast, scheint’s, ein pragmatisches Verhältnis dazu.«
    »Ich bin mein Lebtag als Trossbub dabei, ehrwürdiger Bruder. Mein Vater war Corporal, und meine beiden älteren Brüder sind jetzt bei den Chevauxlégères der Darmstädter.«
    »Ist dein Vater auch hier einquartiert?«
    »Er hat sein Quartier im Himmel bezogen. Er fiel bei Philippsburg.« Es klang nüchtern, doch der fast erblindete Mönch hörte die Trauer in Tonis Stimme.
    »Möge er in Frieden ruhen, Kind. Ich will heute für ihn beten. Und ganz besonders für dich, Toni, und deine Familie. Du führst ein ungewöhnliches Leben. Nun verstehe ich ein wenig besser, warum du als Junge auftrittst.«
    »Es ist bequemer.«
    »Und sicherer. Wie alt bist du?«
    »Im Dezember bin ich zwölf

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