Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
wahr?«
»Ja, ich habe schon davon gehört, Lithografie oder Steindruck nennen sie es. Viel einfacher als Kupferstich, man kann die Zeichnung direkt auf den Untergrund auftragen.«
»Aber spiegelverkehrt, oder?«
»Sicher, aber das ist das geringere Übel. Noten für Musikstücke werden fast nur noch so gedruckt.«
Von der Lithografie hatte Cornelius in Paris gehört. Er war überzeugt davon, hatte aber bisher keinen Drucker gefunden, der dieses Handwerk verstand. Außerdem erforderte es die zusätzliche Anschaffung einer Reibepresse. Aber er nahm sich vor, sich eine Beschreibung der Technik zu besorgen und mit Thomas das Thema noch einmal genau zu durchdenken. Es hatte auf jeden Fall Vorteile.
Der Besuch der Messe erwies sich für Cornelius nicht nur als informativ sondern auch als geschäftlich erfolgreich. Er traf eine Vereinbarung mit einem Kommissionär, der sich darum kümmern würde, dass seine noch nicht verkauften Bücher Abnehmer fanden, und in seinem Portefeuille befanden sich die Adressen etlicher interessanter Geschäftspartner. Einen Geheimtipp erhielt er von einem befreundeten Verleger, der ihm riet: »Nehmen Sie einige Exemplare von diesem neuen Conversations-Lexikon mit. Das ist ein Handwörterbuch zu Themen aus Wissenschaft und Künsten von Arnold Brockhaus. Er hat die Rechte vor drei Jahren erworben, da lief es einfach nicht. Aber er hat es sorgfältig überarbeitet und stellt es dieses Jahr erstmalig vor.«
Zwei Tage später machte Cornelius sich mit einer prächtig gebundenen Vitruv-Ausgabe, dem Neuen Hannöver’schen Kochbuch, zwei aus Edelhölzern geschnitzten Pfeifen und einigen der sehr teuren Stahlfedern im Gepäck auf den Weg nach Dresden. Als er an die Tür des Baumeisters Leopold Stark klopfte, öffnete ihm eine kräftige junge Frau mit gerötetem Gesicht, in mehliger Schürze und umhüllt von einer Duftwolke von frischem Hefegebäck. Er wurde überaus herzlich aufgenommen. Nach einem gewaltigen Abendessen stellte Meister Leopold den Brüdern eine Flasche Wein auf den Tisch und verabschiedete sich mit den Worten: »Ihr werdet euch viel zu erzählen haben.«
Das hatten sie auch.
»Du hast es wirklich gut getroffen, David.«
»Ja, die letzten vier Jahre war mir das hier ein Heim, ich werde behandelt wie der Sohn des Hauses. Aber, Cornelius, wie das so ist, irgendwann wird man flügge, und ich fürchte, es wird Trauer geben, wenn ich Meister Leopold verlasse.«
»Wegen Emma?«
»Auch, aber er hat mir die Partnerschaft in seinem Unternehmen angeboten.«
»Aber du willst deine Flügel weiter ausspannen?«
»Ja, viel weiter. Ich weiß noch nicht ganz genau, wohin es mich zieht, aber ganz bestimmt ist mein Ziel nicht, Wohnhäuser für reiche Bürger zu bauen, die wirre Vorstellungen von pseudogotischen Türmchen oder nachgemachten mediterranen Peristylen haben. Stark ist ein hervorragender Praktiker, und seine Gebäude sind für die Ewigkeit gebaut. Aber er lehnt es ab, sich mit Stil und Harmonie zu beschäftigen und geht auf jeden Wunsch seiner Auftraggeber ein, der machbar ist.«
»Du aber möchtest einen eigenen Stil entwickeln.«
»Ja. Dazu möchte ich nach Berlin. Dortgibt es die Bauakademie, ich hoffe, bei Schinkel so etwas wie eine Assistentenfunktion zu erhalten.«
»Du hast also keine Scheu mehr, nach Berlin zurückzugehen?«
»Nein, das habe ich überwunden. Man wird sich kaum noch an die Entlassung erinnern. Es hat sich ungeheuer viel getan. Ich werde mit ganz anderen Leuten zusammenkommen. Paul Lettow ist dort und hat eine ansprechende Clique um sich versammelt.«
»Und deine Mutter hat die Stadt verlassen.«
»Ja, mit einem zwanzig Jahre jüngeren Mann. Ein zwielichtiger Kerl, wie Paul meint, aber wenn sie sich damit aus meinen Kreisen fernhält, soll es mir gleichgültig sein. Wie sieht es bei euch in Köln aus, Cornelius?«
»Antonia ist wieder sie selbst. Obwohl sie verändert wirkt. Seit ihrer Rückkehr von diesem tollen Ausflug scheinen sich einige raue Kanten abgeschliffen zu haben.« Er berichtete ihm von Antonias erfolgreichen Übersetzungen, Elenas Zuneigung zu Xaviera, Maddys Mitbringsel von der verrückten Reise, das sich als schokoladenbraunes Püppchen erwies, und seine Hoffnung, einen guten Reiseschriftsteller zu finden.
»Ich höre mich mal um. Paul in Berlin wird den einen oder anderen kennen. Es muss ja nicht eine wissenschaftliche Beschreibung sein, oder?«
»Solange es keine Gedichte oder schwülstigen Romane sind.«
»Wie es heißt,
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