Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
Ludwig Lindenborn, erfreute sich der wollüstigen Hingabe ihres Leibes. Eine Abtreibung hatte sie hinter sich, und diese Erfahrung wünschte sie nicht zu wiederholen. Sich an Karl Ludwig zu wenden, war unnötiger Aufwand, schlimmer, er würde sie wahrscheinlich sogar des Hauses verweisen. Und wenn nicht er, so dann Elisa, die, von Eifersucht geplagt, einen erstaunlich scharfen Blick entwickelte. Blieb Kay Friedrich, der Mann mit Zukunft und Ehrgeiz. Ihr Verhältnis bestand jetzt seit einem knappen Jahr, und sie glaubte, ihn richtig einschätzen zu können. Wenn sie auch sicher war, dass er sie ergötzlich fand, seine Ungebundenheit bedeutete ihm vermutlich mehr als seine Zuneigung zu ihr. Weit größer, nahm sie an, war sein Wunsch, zur gesellschaftlichen Elite zu gehören. Er stammte – ihre diskreten Erkundigungen waren dahingehend erschöpfend – aus einer unbedeutenden Handwerkerfamilie. Ein mittelloser Tuchweber war sein Vater. Kay Friedrich verachtete ihn. Weder sprach er über ihn noch mit ihm. Die Familienbande waren zerschnitten, seit er mit den französischen Besatzern 1794 von einem langen Auslandsaufenthalt zurückgekehrt war. Seit jenen Tagen hatte er als Berater der neuen Herren fungiert und sich über Pöstchen und Posten allmählich hochgearbeitet. Bis zum Kommissär für Wohlfahrtsangelegenheiten. Doch das würde nicht das Ende seiner Karriere sein, vermutete Charlotte. Nicht umsonst spielte er mit dem Gedanken an ein eigenes Haus, ein Stadtpalais sogar. Das Geld dafür hatte er. Auf dem Kopfkissen hatte Karl Ludwig einiges über dessen Herkunft ausgeplaudert. Es stammte aus Immobilienspekulationen mit den zuvor erwähnten baufälligen Häusern aus Stadtbesitz. Den Mitgliedern des Magistrats war es zwar verboten, bei den Versteigerungen mitzubieten, aber er hatte über den Bauunternehmer als Strohmann einige gut gelegene Grundstücke erworben und mit hohem Gewinn weiterveräußert. Auf einigen anderen hatte er den Bau von Mietshäusern geplant, was den Ärger über den nicht genehmigten Domabriss verständlich machte. Es schmälerte seinen Gewinn.
»Nützlich? Mhm?«, schnurrte sie neben ihm und langte über ihn zum Tisch, um an das Champagnerglas zu kommen. Er fing ihre Hand ab und sah ihr kühl in die Augen.
»Was ist dein Preis, Charlotte?«
»Ich bin doch nicht käuflich, Liebster. Alles, was ich dir gebe, gebe ich aus freien Stücken.«
»Deine großen braunen Augen sind so sanft, Chérie. Und so trügerisch wie dunkle Brunnen. Sei versichert, ich falle nicht hinein.«
»Warum sprichst du so hart mit mir?«, schmollte sie.
»Weil ich den Eindruck nicht loswerde, das unser Gesprächsthema vorhin einen besonderen Grund hatte.«
So viel zu in schmackhaften Ködern verborgenen Haken, dachte Charlotte ernüchtert.
»Ich wollte dir nur zu einem schönen und repräsentativen Haus verhelfen. Diese Wohnung – nun, sie ist für einen Junggesellen ausreichend.«
»Spielst du etwa mit dem Gedanken, meinem Heim als Hausherrin vorzustehen, meine liebe Charlotte?«
»Es wird eine Dame notwendig sein, wenn du Gäste empfangen willst, nicht wahr?«
»Du sagst es, eine Dame.« Er ließ ihre Hand los, und sie verzichtete auf den Champagner. Statt dessen richtete sie sich auf, damit sie ihm direkt in die Augen sehen konnte. Die Zeit des Versteckspielens war vorbei. Entweder bekam sie den Fisch mit einem Ruck fest an den Haken, oder er würde ihr entkommen.
»Die aber vielleicht lange nicht so nützlich ist wie ich.«
»Nein«, sagte er. »Aber um weiter in den Genuss deiner Nützlichkeit zu kommen, kann man ja Regelungen finden.«
»Bestimmt, Frédéric. Du verfügst über einige hübsche Grundstücke unten am Rhein. Auf einem davon könnte man ein Häuschen bauen. Aber ich glaube, dein Erbe sollte doch besser in einem Palais aufwachsen.«
Sie sah, dass der Haken saß. Seine Miene versteinerte sich, als ihm bewusst wurde, mit welchem Wissen er soeben erpresst wurde. Den Erwerb der Gebäude dachte er, habe er sorgsam geheim gehalten. Dann aber, höchst unerwartet, begann er laut zu lachen.
»Also gut, Charlotte. Warum nicht? Aber versuche nie, mir Fesseln anzulegen.«
»Nie, Frédéric. Genauso wenig wie du mir«, versicherte sie mit Inbrunst.
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