Kreuzdame - Köln Krimi
anrief, begann sie wie immer mit dem gewohnten »Hallo, Mama«, aber es schien mir, als sei da ein neues, ungewohntes Leuchten in ihrer Stimme, und tatsächlich fügte sie lachend hinzu: »Liebste Mama, wir werden heiraten, und zwar schon bald.«
»Warum denn das?«, fragte ich fassungslos. »Warum um Himmels willen willst du auf einmal so schnell heiraten? Warum machst du nicht erst Examen und arbeitest eine Weile und –«
»Weil ich schwanger bin«, rief mir meine Tochter ins Ohr, und das klang eher schrill.
Ich schwieg. Offenbar zu lange, denn jetzt hörte ich Carolins ängstliche Stimme, die wissen wollte, ob ich noch dran wäre, warum ich nichts sagte und ob ich mich denn gar nicht freute.
»Doch«, sagte ich und versuchte, meiner Stimme einen fröhlichen Klang zu geben, »natürlich freue ich mich, ach Kind, es ist … Also, wie weit bist du, ab wann muss ich anfangen, Jäckchen zu häkeln?«
Carolin lachte. »Erst in der zehnten Woche«, sagte sie, »aber ich habe schon zugenommen, und wir freuen uns so, Lukas ist genauso happy. Wir kommen übernächstes Wochenende zu euch, um alles zu besprechen. Grüße an Paps, Ciao, Mama.«
Hochzeitsvorbereitungen, Geschenke, Gästeliste, Tischordnung, Menüplanung vor allem: Großmutter! Klaus war tot, und meine Tochter bekam ein Kind.
»Das ist das Leben«, sagte Martin beim Mittagessen, als ich ihm davon erzählte, und das hörte sich an, als wären seine Gedanken nicht bei diesem die Familie verändernden Ereignis und dabei, dass er bald Opa sein würde, sondern bei etwas, in das er mir keinen Einblick gewähren wollte.
Das Telefon klingelte, als ich gerade die Spülmaschine angestellt hatte. Kommissar Weber war dran und fragte nach Martin. Die Polizei hatte die Auswertung des Mobiltelefonspeichers abgeschlossen, und weil Herr Bender noch am Morgen vor dem Unfall Martins Nummer gewählt hatte, gäbe es da noch ein paar Fragen.
Martin stand hinter mir und nahm mir den Hörer aus der Hand.
»Herr Weber? Kann ich heute Abend mit Ihnen darüber sprechen? Jetzt sofort? Ja, in Ordnung, einen kleinen Augenblick. Bitte warten Sie kurz.«
Mit schnellen Schritten lief er die Treppe hinauf in sein Arbeitszimmer und rief mir, bevor er die Tür schloss, zu, er wollte auf keinen Fall gestört werden während dieses Telefonats mit Herrn Weber.
Ich war ein paar Stufen hinter ihm hergegangen, weil ich gedacht hatte, die Gespräche um Klaus gingen mich auch an, aber dann hatte ich gemerkt, dass ich unerwünscht war. Was verschwieg Martin mir? Zuerst der Brief, jetzt dieses Gespräch. Unten in der Diele hob ich den Hörer des zweiten Telefons ab. Wir hatten vor langer Zeit eine Familienanlage angeschafft, mit der wir auch gemeinsam telefonieren konnten, und jetzt … Ich könnte es versuchen. Leise drückte ich den Mithörknopf und – tatsächlich, ich war mittendrin in der Unterhaltung zwischen meinem Mann und dem Kommissar.
»Es gab dieses Gespräch zwischen Ihnen und Herrn Bender am Morgen, bevor er abfuhr aus Garmisch. Was wollte er von Ihnen?«
Martin schwieg eine Weile, dann räusperte er sich und begann langsam: »Er wollte sich, glaube ich, noch mal vergewissern, dass das Doppelkopfspielen diesmal bei uns stattfand.«
»Glauben Sie? Und was wissen Sie genau?«, fragte Herr Weber, und alles Freundlich-Verbindliche war aus seiner Stimme gewichen.
»Also, da gab es noch ein paar persönliche Dinge, wenig Erfreuliches. Es ging um eine Patientin, einen Kunstfehler könnte man es nennen, sie hatte ihn verklagt, und er wollte wissen, ob es in der Kanzlei, in der meine Schwägerin tätig ist, auch einen Fachanwalt für medizinische Notfälle gibt.«
»Wie nannte er das? Medizinische Notfälle? Merkwürdige Ausdrucksweise. Wissen Sie Näheres über diesen Fall?«
»Nicht viel«, antwortete Martin. »Sie war lange Zeit seine Patientin gewesen und zufrieden, wie mir Klaus versicherte. Dann kam diese letzte Geschichte, und da hat er einen Fehler gemacht. Das war alles, was er mir erzählt hat. Ich habe nicht weiter nachgefragt. Ich nahm an, er wollte nur wissen, ob ich, oder besser meine Schwägerin, ihm einen guten Anwalt empfehlen konnte als rechtlichen Beistand für einen Prozess, der offensichtlich anstand.«
»Kennen Sie den Namen dieser Frau?«
»Ja«, sagte Martin, aber in diesem Moment klingelte es an der Tür, und ich musste auflegen. Eilig öffnete ich, nahm ein Päckchen für unsere Nachbarn an, lächelte, sagte »Danke« und schloss die Tür. Sollte ich
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