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Kreuzdame - Köln Krimi

Kreuzdame - Köln Krimi

Titel: Kreuzdame - Köln Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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vielen Fotos von unserer Hochzeit auch der Nachwelt erhalten bleiben, und vielleicht würden ihre Nachfahren irgendwann fragen, wer ist denn diese schöne Frau dort links auf dem Bild, und dann würde man sagen, das da ist deine Urahnin Hildegard.
    Es kam mir vor, als wäre meine Mutter am Tag meiner Hochzeit zum letzten Mal wirklich glücklich gewesen. Nicht lange danach ging es los mit den neuen Namen, die sich in der Stadt breitmachten, in großen Ladenlokalen residierten und in Presse und Funk die neuesten Trends zu sagenhaft günstigen Preisen bewarben. Eine Zeit lang bissen meine Eltern die Zähne zusammen und versuchten mit Stolz und Würde dagegen anzukämpfen, im festen Glauben an die Treue der Kundschaft, an deren Bereitschaft, Gewohntes nicht im Stich zu lassen. Aber irgendwann hörte man keine Türglocke mehr läuten, die Kasse blieb zu, und eines Tages verschlossen sie die Ladentür und machten sie nie wieder auf.
    Mein Vater bekam von der ungewohnten Ruhe Rückenschmerzen, und meine Mutter fand keinen Grund mehr, sich hübsch zu machen. Sie strich den Friseurbesuch, kaufte sich nichts Neues mehr, kein Kleid, keinen Mantel, und schließlich gaben sie ihr gesamtes Leben auf. Sie kündigten die Tageszeitung und das Kinoabo, die Mitgliedschaft im Schützenverein und Fußballklub, in Kultur- und Kegelvereinen, sie verließen die Nippeser Bürgerwehr, jenen Karnevalsverein, in dem schon meine Großeltern Mitglied gewesen waren, und sogar den Kleingärtnerverein und wurden zu einem alten Ehepaar, das meine Schwester und ich manchmal anriefen, mit Floskeln überschütteten, um gleich nach dem Auflegen unser fröhliches junges Leben weiterzuleben.
    Das Zeitungsabo für den »Kölner Stadt-Anzeiger« schenkten wir ihnen zum nächsten Weihnachtsfest, »damit ihr mit der Welt verbunden bleibt«, haben wir gesagt und gelacht, aber dass sie alles für uns getan hatten, dass ich ihnen dankbar war und sie liebte, solche Worte sind mir nie über die Lippen gekommen.
    Derweil hatten Martin und ich auf der rechten Rheinseite, direkt am Königsforst, endlich ein Haus gefunden, groß genug für die wachsende Familie, und mein Vater kratzte seine Ersparnisse zusammen, schenkte uns ein Sümmchen, mit dem wir unsere Einrichtung komplettieren sollten. Martin und ich bedankten uns artig, fuhren in die St.-Apern-Straße und kauften in einem Antiquitätengeschäft den antiken Schrank, der dort im Schaufenster stand und schon lange unsere Begehrlichkeit geweckt hatte. Wir stellten ihn an die Stirnseite unseres Wohnraums, damit man seine edle Schönheit gleich vom Eingang her bewundern konnte.
    Mein Vater war empört.
    Wenn er das gewusst hätte, rief er, für so etwas hätte er nicht sein sauer verdientes Geld gegeben, für solch eine holzwurmzerlöcherte Kiste. Er hatte eine moderne Schrankwand erwartet, die Farbe wäre ihm egal gewesen, weiß oder dunkel, jedenfalls etwas mit Platz für Gläser und Porzellan, für Tischdecken und für den Fernseher in der Mitte und ein verspiegeltes Barfach daneben. Er redete und redete, laut und heftig, fuchtelte mit seinen Armen umher, um den Worten mehr Gewicht zu verleihen, und geriet immer mehr in Rage, bis Martin, der schweigend unter dem Rundbogen, der ins Esszimmer führte, gestanden hatte, aus dem Zimmer flüchtete, weil seine Geduld zu Ende war.
    Ich ging auf meinen Vater zu, legte meinen Arm um seine Schultern und sagte: »Ach Papa, lass mal gut sein. Lass uns ein andermal darüber reden. Gleich kommt nämlich der Gärtner, der unseren Garten gestalten will. Grüß die Mama, ich ruf euch morgen an.«
    Mein Vater allerdings ließ sich nicht beruhigen. »Ich wünsche, dass ihr dieses Dingsda umtauscht und euch was Vernünftiges kauft.«
    Das war unerhört, er stellte Bedingungen, nur weil er uns Geld gegeben hatte. Das ging entschieden zu weit. Ich ließ seinen Arm los und sagte energisch: »Wenn du meinst, du könntest über uns, über unsere Einrichtung und über unser Leben bestimmen, weil du ein paar Pfennige beigesteuert hast, dann kann ich dir nur sagen, wir brauchen deine Kröten nicht. Du kannst sie wiederhaben und für deine eigene Schrankwand verwenden. Wir haben genügend eigenes Geld, so viel jedenfalls, dass ich es nicht nötig habe, mir von dir vorschreiben zu lassen, welchen Schrank ich kaufen darf. Das ist ja wohl die Höhe!«
    »So etwas muss ich mir nicht bieten lassen«, warf mir mein Vater keuchend entgegen, »ich habe mich mein Leben lang abgemüht, habe ordentlich

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