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Kreuzdame - Köln Krimi

Kreuzdame - Köln Krimi

Titel: Kreuzdame - Köln Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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später auf den Schiefertisch stellte, rührte mich irgendwie. Die Blumen waren so edel, wie Klaus’ ganzes Leben gewesen war, und sie passten perfekt in mein Wohnzimmer. Klaus hatte meinen Geschmack sehr gut gekannt. Vielleicht war doch an jenem Silvesterabend ein kleiner Funke übergesprungen?
    Sollte ich trotz aller Bedenken und Ressentiments mit Anna sprechen? Doch als sich unter der angegebenen Nummer niemand meldete, kam es mir vor wie der Hinweis, dass dieses Gespräch nicht stattfinden sollte.
    Als Martin nach Hause kam, zog ich mich ins Gästezimmer zurück. Martin schlich derweil durchs Haus wie ein Geist, der nicht wusste, ob er erwünscht war oder nicht. Wäre er zu mir gekommen, ich hätte ihn hereingelassen und mit ihm geredet, aber er machte keinen Versuch. Ich träumte in der Nacht von ihm und davon, dass er klopfte und hereinkam, mich in den Arm nahm und mir versicherte, er hätte nie eine andere geliebt, nie eine andere gewollt, immer nur mich.
    Ich schlief in dünnen Scheiben, wachte immer wieder auf, um kurz nach eins, um zwei, um halb vier und um sechs. Einschlafen konnte ich nun nicht mehr. Ich blieb auf dem Rücken liegen und stellte alle Aufwachzeiten nebeneinander. 1246 – welche Idee steckte darin, welche Reihenfolge ergab sich daraus? Ich zog die Zahlen zusammen und kam auf dreizehn, was in der Quersumme vier ergab. Ich hatte vier Kinder. Wäre es die fünf geworden, hätte ich es als Hinweis erkannt, dass mich das fünfte Kind erfreuen sollte. So konnte es auch meine eigene Sturheit sein, die sich bemerkbar machte, ich habe vier Kinder und basta.
    Im Bad versuchte ich, die neue Schönheit des vergangenen Tages zu reanimieren. Als ich die Treppe hinunterging, stand Martin schon im Flur. Er sah zu mir hoch und sagte: »Britta! Wie schön du bist.«
    Am liebsten wäre ich zu ihm gelaufen, hätte meine Arme um seinen Hals geschlungen, und alles wäre wieder gut gewesen. Doch ich stand wie angewurzelt auf der Treppe, unfähig, mich zu bewegen. Da drehte er sich um und verließ das Haus.
    Auf dem Kalenderblatt, das ich erst am späten Vormittag las, stand: »Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in der Wahrnehmung war.«
    Das stimmte. Ich war zu sehr mit dem Hätte-gern beschäftigt gewesen, mit der Vorstellung von etwas Neuem, Aufregendem in meinem Leben, hatte mir gewünscht, dass mein Leben sich ändern möge, dass vieles, wenn nicht alles auf den Kopf gestellt würde, damit endlich der Kellerschacht, in den ich täglich zu stürzen befürchtete, abgedeckt würde. Außergewöhnliches hatte ich ersehnt, aber doch nicht in dieser Art und nicht in dieser Fülle! Klaus war tot, Martin hatte einen Sohn, den ich nicht geboren hatte, Karins Mann war nicht der Vater ihrer Kinder, Charlotte hatte eine Affäre mit Klaus gehabt, und ihr Mann liebte offenbar ihren Agenten.
    Als das Telefon klingelte, war ich versucht, nicht dranzugehen. Wer weiß? Vielleicht waren es neue Hiobsbotschaften? Doch es war Carolin.
    »Du hattest recht, Mama«, sagte sie munter, »wir haben die Gästeliste neu geschrieben, eine Menge von unseren Leuten gestrichen und dafür eure Freunde, oder jedenfalls einige davon, draufgesetzt. Und vielleicht finden wir auch noch eine andere Location für die Feier, damit du nicht so viel Arbeit hast. Lukas meint, auch wenn ein Caterer die Essensdinge übernimmt und wir ein Zelt bestellen, bliebe doch der meiste Brassel an dir hängen, weil alle durch dein Wohnzimmer laufen würden und über deine Terrasse, deine Toiletten benutzen und, und, und …«
    Ich war erstaunt über diesen Sinneswandel, schrieb ihn der Reife meines zukünftigen Schwiegersohns zu und versuchte mich auf das Fest und die Geburt meines Enkels zu freuen. Aber es wollte kein wirklicher Jubel in mir aufkommen. Zu viel Schutt, der die Freude blockierte.
    Mit der Post kam die Kopie des vorgestern gehörten Testaments, und somit war alles noch einmal in Einzelheiten nachlesbar. Der Hinweis, man könnte das Erbe ausschlagen, klang wie Hohn. Konnte Martin Timo ausschlagen? Ein belastendes Erbe und zu sehr die Zukunft beschwerend? Aber hatte es nicht auch in den ersten Jahren unserer Ehe manchmal so eine Plänkelei zwischen Anna und Martin gegeben, so etwas Intimes, Einträchtiges? Ich wühlte in der Vergangenheit, holte diese und jene Erinnerungsmomente hervor, und obwohl ich mich dagegen zu wehren versuchte, wollte sich der Gedanke nicht wegdrücken lassen, dass sie auch nach diesem einen Abend irgendwie vertraut

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