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Kreuzdame - Köln Krimi

Kreuzdame - Köln Krimi

Titel: Kreuzdame - Köln Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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eine so eingeschränkt klare Ansicht, dass danach kein Kompromiss mehr möglich sein könnte. Bis Heiligabend blieben mir noch zweieinhalb Wochen, genügend Zeit, um eine Lösung zu finden, irgendwie.
    Diesmal rief Anna an, bevor sie kam. Sie wollte wissen, ob ich daheim wäre, und vor allem, ob ich Zeit hätte, viel Zeit.
    »Denn ich habe einen ganzen Sack voller Geschichten, wie der Weihnachtsmann.«
    »Klar«, sagte ich und machte mich auf vieles gefasst, aber nicht auf das, was kam.
    Sie trug Jeans und Pullover, die Haare zusammengebunden und war bis auf Kajalstift und Lipgloss ungeschminkt. Trotzdem sah sie gut aus, jünger sogar als vorher, und weil auch ich mich auf sie eingerichtet hatte, fühlte ich diesmal nicht den gewaltigen Unterschied zwischen uns und mich drei Stufen tiefer.
    Es war kurz nach Mittag, und eigentlich hätte ich eine kleine Pause verdient gehabt, aber Anna saß schon vor mir, ein Bein über das andere geschlagen, mit wippendem Fuß, der den Schuh nur noch mit den Zehen hielt.
    Sie wollte weder Kaffee noch Tee, aber wenn ich einen ordentlichen Rotwein anzubieten hätte, da sage sie nicht Nein.
    Ich holte eine Flasche aus dem Keller, und als wir anstießen, auf alles, was wir liebten, bekam Anna feuchte Augen.
    »Ich habe Klaus geliebt, wirklich geliebt, weißt du – auch wenn ich ihn am Anfang nur wegen des Kindes heiraten wollte. Eigentlich war er mir viel zu aufrecht, zu sehr mit seinem Beruf beschäftigt, diese vielen Reisen in Krisengebiete, das war nichts für mich, und wenn nicht diese Schwangerschaft gewesen wäre, wer weiß, ob ich nicht auf einem vornehmen Zweig im Gewerbe meiner Mutter laufen würde. Ich verführte Klaus, und er verfiel mir. Es war nicht schwer, ihm weiszumachen, das Kind sei seines, und er freute sich wie verrückt. Die Heirat war für ihn die logische Konsequenz, zwar nicht im Sinne seiner Eltern, aber für ihn ohne Zweifel das Richtige.
    Die ersten Jahre lebte ich ziemlich viel allein, und nur in den wenigen Wochen, wenn er von einer Ecke der Welt kam und noch nicht zu der anderen abgereist war, waren wir für eine kurze Weile eine Familie. Dann aber, von einem Tag auf den anderen, hörte er auf mit diesen Ferneweltheilaktionen. Er vergehe vor Sehnsucht nach mir, sagte er, und er vermisse seinen Sohn. Wenn er Kinder sähe, kämen ihm die Tränen, und er wollte nicht eines Tages einem jungen Mann gegenüberstehen, der ihn nicht als Vater sehe, weil er andauernd unterwegs gewesen war.
    Von da an lebten wir zusammen, eine richtige Familie waren wir, Tag für Tag. Er suchte eine Stelle als Chirurg, doch er hatte Mühe, etwas zu finden. Es fiel ihm schwer, sich anzubieten, seine Kenntnisse, sein Wissen. Er war gut, aber er war zu bescheiden. Ich war es, die ihn antrieb; ich war diejenige, die ihn auf die Idee brachte, es auf eine andere Art zu versuchen, Frauen zu helfen, die sich ewige Jugend wünschten, die süchtig waren nach immer neuen Verfahren, nach Goldfädchen, Botox, Hyaluron und all dem anderen Zeug. Die schöne Brüste wollten und einen knackigen Hintern, die die Nasolabiallinien mindern wollten, die Tränensäcke loswerden, die Zornesfalten und vieles mehr. Klaus wollte erst nicht. Er verstand sich als Arzt, der heilen wollte, Entstellungen behandeln, und so fing er dann auch an. Korrigierte gebrochene Nasen nach Unfällen, ließ Narben verschwinden.«
    Sie nahm ihr Weinglas und trank es langsam leer. Dann fuhr sie fort. »Der frühe Tod seiner Eltern brachte ihm eine Menge Geld, und so entstand die Idee einer eigenen Klinik, eines Tempels für die Schönheit. Nach den ersten größeren Operationen sprach sich seine Kunst herum. Es kamen immer mehr, nicht nur von hier, aus Köln oder Umgebung, aus ganz Deutschland kamen sie, und bald war sein Ruf bis ins Ausland gedrungen.«
    »War er glücklich damit?«, fragte ich unvermittelt.
    Anna sah mich an und hielt mir das leere Glas entgegen – eine Aufforderung, der ich unverzüglich nachkam.
    »Glücklich? Muss man denn glücklich sein mit seinem Beruf? Genauso gut könnte ich fragen, ob meine Mutter glücklich war mit ihrer Arbeit. Wenn etwas Geld bringt, viel Geld, warum sollte man damit nicht glücklich sein? Ist doch nichts Falsches, Reichtum zu genießen, oder? Jedenfalls kam er gern nach Hause, freute sich, wenn das Haus aufgeräumt war, wenn der Kleine ›Papa‹ rief und ich ihn umarmte. Er war liebevoll und zärtlich und so besorgt um seinen Sohn, dass ich hin und wieder mit dem Gedanken

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