Kreuzfeuer
herum.
Mathias musste seine Worte schnell herausstoßen:
»Ihr werdet zum Tode verurteilt«, schrie er, »und in fünf Tagen hingerichtet. Vor dem versammelten Volk von Sanctus, und …«
Ffillips’ Stimme übertönte sein Gekeife: »VORWÄRTS …
MARSCH …«
Die Soldaten marschierten im perfekten Gleichschritt zurück in ihre Zellen und damit ihrem Untergang entgegen.
»Und Talamein …«, kreischte Mathias.
Ffillips drehte sich noch einmal um und reckte ihm die universelle, unmissverständliche Geste der Verachtung entgegen. Und mit ihrer allerbesten Kasernenhofstimme rief sie: »DU KANNST MICH MAL!«
Ein einziges Tohuwabohu brach los. Als die Söldner endlich von der Bildfläche verschwunden waren, brüllte Mathias seiner Leibwache irgendwelche Befehle zu und gab sinnlose Erklärungen in die Vid-Monitore ab.
Ffillips war zwar so gut wie tot, aber sie wusste immerhin, wie man sich stilvoll verabschiedet.
Kapitel 65
Die riesigen Bestattungsschornsteine von Sanctus spien Asche, Rauch und Feuer aus; sie mussten Überstunden einlegen, da die wohlhabende und reichlich beunruhigte herrschende Klasse des Lupus-Clusters mit ihren Gaben an den neuen Propheten nicht gerade sparte.
Sten, Bet, Alex und die anderen manövrierten ihre buntbemalten Wagen durch die Menschenmassen, die alle in die heilige Stadt strömten.
Rotuniformierte Gefährten führten bei der Überprüfung der Pilger nur noch Stichproben durch. Hier und da zogen sie eine Person aus der Menge heraus und tasteten einen Körper und einige Habseligkeiten mit ihren Scannern ab.
Größtenteils jedoch winkten sie den Menschenstrom einfach durch und hatten alle Hände voll zu tun, den Verkehr einigermaßen zu regeln. An das Ahnden von Regelwidrigkeiten war schon lange nicht mehr zu denken.
Sobald sie die Tore passiert hatten, winkte Sten seine Leute an den Straßenrand. Auch er sah das neue Sanctus des Mathias zum ersten Mal.
Die Stadt selbst erstreckte sich zu beiden Seiten der Straße der Gräber mit ihren Monumenten, die Augen, Ohren, Nase und Hals zugleich angriffen und beleidigten. Zwischen dem kunterbunten Gemisch aus kleinen Hütten, Mietwohnungen und einigen Giebelhäusern schlängelten sich enge Straßen und Gassen hindurch. Die Hauptstadt von Sanctus verfügte offenbar über kein sehr effektives Stadtplanungsbüro.
Besonders heute quollen diese kaum passierbaren Straßen vor Besuchern förmlich über. Sten lief ein Schauer über den Rücken, als er bemerkte, dass alle Schaulustigen – Bauern, Handwerker und Kaufleute – ihren schönsten Staat angelegt hatten. Hier und da erblickte er sogar die Wagen anderer Schausteller.
Das Chaos gab Anlass zur Sorge. Sten und sein Team konnten zwar herrlich darin untertauchen, doch diese ausgelassene Partystimmung hieß zugleich, dass ihnen weniger Zeit blieb als gedacht. Keiner von ihnen hatte etwas von der Ausstrahlung der Urteilsverkündung mitbekommen, doch den festlich gekleideten Touristen nach zu urteilen, wurde Sten sofort bewusst, dass sie rasch handeln mussten.
Bet rutschte auf der Bank näher an ihn heran und schmiegte sich an seinen Hals. »Mathias hat schneller gehandelt, als wir dachten«, raunte sie. Sten stieß ein gespieltes Lachen aus und zog sie an sich, um sie zu küssen.
Ein Gefährte blickte sie einen Moment lang verwundert an, ging dann jedoch weiter. Ein betrunkener Bettler, der mit einem Stapel Eintrittskarten herumwedelte, torkelte vorbei.
»DIE HINRICHTUNGEN«, grölte er. »DAS DÜRFEN SIE SICH NICHT ENTGEHEN LASSEN … ES GIBT NOCH EINIGE FREIE PLÄTZE AUF DEM MARKTPLATZ!«
Er wankte weiter.
»WER WILL SICH DIE HINRICHTUNGEN ANSEHEN … DIE VERRÄTER AN TALAMEIN«
Schließlich ging seine Stimme in dem allgemeinen Trubel unter. Bet löste sich von Sten und glitt vom Kutschbock herunter. Sten gab ihr einen Klaps auf das Hinterteil.
»Sieh zu, was du herausfinden kannst«, flüsterte er.
Bet nickte und lachte fröhlich. Dann hüpfte sie auf das Pflaster hinab. Einen Augenblick später war sie im Gewühl verschwunden.
Alex streckte den Kopf aus dem Wageninneren hervor und schob sich dann neben Sten auf die Bank.
»Am besten, wir ziehen los, alter Knabe«, sagte er.
Sten ließ den Blick noch einmal in die Runde schweifen, bevor er die Tiere wieder in Bewegung setzte.
Der Tempel befand sich am Ende der Straße der Gräber, hoch oben auf einem sanft ansteigenden Hügel, ungefähr dreihundert Meter über den Stadttoren. Sein hoher Turm ragte hinter dicken
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