Kreuzstein
haben. Gibt es irgendwelche Spuren?«
»Nichts Konkretes. Es wurde ein heller Lieferwagen öfter in der Straße gesehen. Kennzeichen ist nicht bekannt. Und dann wurde etwas entfernt vom Gebäude ein Kaugummipapier gefunden, da wo wohl der Wagen auch mal stand.«
»Etwas Besonderes?«
»Schon. Solche Kaugummis werden in ganz Zentralafrika verkauft, also auch in Nigeria.«
Kronberg zischte durch die Zähne. »Herr Ramsauer, ich habe mir alles notiert und werde mich melden. Ihre Geschichte hat bei mir etwas ausgelöst. Ich kann es noch nicht ganz greifen, aber vielleicht gibt es ja eine Verbindung zu unserem Fall. Nur noch eine Frage. Haben Sie den Krötenrest auch auf DNA untersucht?«
Am anderen Ende der Leitung wurde es kurz still. »Warum?«
»Nur so eine Idee. Unvorhergesehene Dinge erfordern manchmal ungeplante Verhaltensweisen. Alte Kriminalistenregel.«
»Was haben wir?« Diese Frage stellte Erik Baumann, Leiter der Sonderkommission, die vom Staatsanwalt eingerichtet worden war. Ihr gehörten 60 Ermittler mit einem Psychologen und einem Sprengstoffexperten an. Zusätzlich war Allenstein für spezielle Fragen zur Geologie mit eingebunden.
»Nach den bisherigen Ermittlungen gehen wir von mindestens einem, eher jedoch zwei Tätern aus, von denen einer, vermutlich der Kopf, sehr gute Kenntnisse in Sprengmaterialien und dazugehöriger Technik inklusive Steinbruchsprengungen hat. Darüber hinaus kennt er die geologischen Verhältnisse im weiteren Umfeld des Rheinischen Schiefergebirges. Wahrscheinlich handelt es sich um eine männliche Person, überdurchschnittlich intelligent und körperlich ausreichend fit. Das Alter könnte zwischen 35 und 45 Jahren liegen. Jüngeren fehlt die Erfahrung, ältere Personen sind körperlich nicht mehr so leistungsfähig. Er muss etwas von Elektronik, technischer Chemie und Schlüsselsystemen verstehen. Seine Taten sind durch den Wunsch nach Anerkennung und Aufmerksamkeit gekennzeichnet. Nicht ohne Grund hat er eine Reihe von Sprengungen initiiert, die letztendlich in den medienwirksamen Akt der Sprengung am Drachenfels mündeten. Interessant auch die Tatsache, dass er an jedem Tatort Hinweise auf die nächste Tat hinterlässt. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass er offensichtlich Kontakt zu Profes- sor Allenstein sucht, dem er Reste von zerstörten Steinkreuzen geschickt hat. Wir wissen allerdings nicht, ob sie von ihm selbst zerstört wurden. Möglicherweise lässt die Verbindung zum christlichen Symbol des Kreuzes auf negative Erfahrungen mit Religion oder Kirche schließen, wie unser Psychologe angemerkt hat. Aber das ist lediglich eine Vermutung. Auch hinsichtlich des Kontakts zu Allenstein tappen wir im Dunkeln. Möglicherweise kennt der Täter ihn persönlich, oder er ist durch einen Artikel in der Lokalzeitung auf ihn aufmerksam geworden.«
Baumann trat an die Karte, die an der Wand hing, und nahm einen Zeigestock zur Hand.
»Beim ersten Fall hier im Steinbruch bei Bad Honnef hat der Täter mit einer Vorlaufzeit von mehreren Jahren gearbeitet. Das heißt, der eigentliche Auslöser, die Ursache für die Vorbereitungen, liegt weit zurück. Die Sprengung konnte erst jetzt erfolgen, ohne dass gebohrt werden musste. Und eine Bohrung wäre selbstverständlich aufgefallen. Deshalb kann der getötete Nigerianer nicht der Grund des Anschlags gewesen sein. Es war vermutlich nicht vorherzusehen, dass er ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt dort übernachten würde. Merkwürdig ist allerdings, dass die Kollegen von der Sonderkommission des BKA für Menschenhandel bereits auf ihn aufmerksam geworden waren. Er stand im Verdacht, einer Organisation für Kinderhandel anzugehören.«
»Welche Rolle spielte der getötete Hausmeister?«, fragte der Psychologe.
»Über ihn wissen wir nur, dass er seit mindestens dreißig Jahren dort als Hausmeister arbeitete. Er ist nicht aktenkundlich erfasst. Die Befragung der Anwohner ergab nicht viel. Die Abstände zur nächstgelegenen Bebauung sind für einen Kontakt zu groß. Einige Anwohner wunderten sich allerdings, dass häufig Kleintransporter auf das Grundstück fuhren, obwohl doch das Heim schon seit geraumer Zeit nicht mehr genutzt wurde.«
Der Psychologe meldete sich noch einmal zu Wort. »Wenn es aber kein Zufall war, dass der Nigerianer dort wohnte, und das Heim möglicherweise sogar ein logistischer Stützpunkt für den Kinderhandel war, dann könnte das Motiv doch durchaus Vergeltung sein.«
»Das war unser erster
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