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Kreuzstich Bienenstich Herzstich

Titel: Kreuzstich Bienenstich Herzstich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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meines Harems werde verbergen können.
    Das trostlose Leben des Siggi S., dachte Seifferheld.
     
    Wie sehr er sich irrte!

2. Kapitel
Schwanengesang einer dümpelnden Leiche
    Traugott Giersch parkte seinen Fiat unter dem Plakat an der Johanniterkirche, auf dem die Dauerausstellung
Alte Meister
angepriesen wurde. Das war zwar nicht ganz im Sinne der Straßenverkehrsordnung, aber wo kein Kläger, da kein Strafzettel. Und morgens kurz nach fünf war hier ohnehin nichts los. Es würde auch nicht lange dauern.
    Es war mal wieder passiert, gestern kurz vor Mitternacht: Der schweineteure Laptop hatte den Geist aufgegeben. Giersch, der neben seinem Antiquariat Bücherwurm auch einen Internetbuchhandel betrieb, musste dringend (
dringend
mit dazugedachtem Ausrufungszeichen
!
) seine Mailbestellungen bearbeiten. Es half alles nichts: Der bekennende Nachtmensch quälte sich im Morgengrauen ins Auto und fuhr zu seinem Geschäft, um am dortigen Computer zu tun, was getan werden musste.
    Giersch schloss die Autotür ab und marschierte zum Eingang. Hinterher konnte er nicht mehr sagen, warum er sich umgedreht hatte. Der phantastische Blick auf die mittelalterliche Stadtkulisse war ihm nach all den Jahren, die er hier schon das Antiquariat betrieb, doch ein wenig zur Gewohnheit geworden.
    Vielleicht lag es an dem Umstand, dass er sonst nie vor halb zehn kam und er an diesem Tag ausnahmsweise den Frühmorgennebel sah, der wie fast immer im Herbst über dem Kocher waberte.
    Vielleicht lag es auch an dem strahlend weißen Schwan, den er aus den Augenwinkeln wahrnahm und der seinGehirn aufmerken ließ, weil es eigentlich schon lange keine Schwäne mehr auf dem Kocher gab. Der herrliche Vogel breitete seine Schwingen aus und schien auf den trägen Fluten förmlich zu tanzen.
    Jedenfalls blieb Giersch am Fuß der steinernen Eingangstreppe stehen, drehte sich in Richtung Fluss und machte noch ein paar Schritte auf das Mäuerchen zu, auf dem irgendein Penner eine leere Bügelbierflasche abgestellt hatte.
    Die kann ich eigentlich gleich entsorgen, dachte sich Traugott Giersch.
    Und als er gerade die Hand nach dem Altglas ausstrecken wollte, da sah er sie.
    Die Leiche.
    Die im Kocher dümpelte.
    Passenderweise direkt unter der Henkersbrücke.
    Aus dem Polizeibericht
    LATTE TRIFFT AUF LETTE
    Auf der A6, in Höhe Ausfahrt Schwäbisch Hall, wurde am Freitag ein 36-jähriger Mann aus Lettland festgenommen. Eine Streife der Autobahnpolizei prüfte einen Mercedes 280E. Die Beamten schöpften Verdacht, als sie im Kofferraum diverse Elektronikgeräte sowie 7000 Euro, 100 000 iranische Rial, 200 000 estnische Kronen und 50 000 somalische Schillinge in bar fanden. Noch während der Überprüfung fingen die beiden lettischen Insassen untereinander einen Streit an, bei dem der Mitfahrerden Halter des Wagens unversehens mit einer mitgeführten Holzlatte so schwer am Kopf traf, dass er ins Krankenhaus gebracht werden musste. Wie sich herausstellte, wurde der Beifahrer mit Haftbefehl von einem Gericht in Bergisch-Gladbach wegen gewerbsmäßigem Diebstahl und Geldfälschung gesucht. Der Mann kam in Untersuchungshaft. Die Latte wurde konfisziert.
Alle Tage sind gleich lang, nur verschieden breit
    »Siggi, das ist aber nett!«
    Biggi und Siggi, das war jahrzehntelang ein eingeschworenes Team gewesen. Brigitte Boll hatte als Abteilungssekretärin immer nur einen Favoriten gekannt, nämlich
ihren
Kommissar Seifferheld. Jetzt stand sie selbst kurz vor der Pensionierung und arbeitete gerade ihre Nachfolgerin ein.
    »Biggi, altes Haus. Ich hatte Sehnsucht und dachte, ich schau mal bei dir vorbei.« Seifferheld ließ sich umarmen, Onis ließ sich den Kopf tätscheln, dann gab es Kaffee für den Herrn und eine Schale mit Wasser für den Hund.
    »Ist viel los?«, erkundigte sich Seifferheld von seinem Platz am Fenster aus. Das hatte er früher schon immer getan, sich auf die Heizung gesetzt, den Blick auf die Crailsheimer Straße im Rücken, die Tür zum Flur vor ihm.
    »Ach, es geht so. Frau Denner, wenn Sie möchten, können Sie jetzt Ihre Pause nehmen.«
    Biggi lächelte die junge Frau an, die junge Frau lächelte zurück.
    »Wollen Sie ungestört in Erinnerungen schwelgen oder Arbeitsgeheimnisse weitergeben?« Frau Denner lachte. »Schon gut, ich bin dann in der Cafeteria. Heute gibt es Milchreis. Da könnte ich drin baden. Lecker!«
    Sie nahm ihren sonnenblumengelben Stoffgeldbeutel aus dem Free-Tibet-Jutebeutel, strich ihren blau-weißen Ringelpulli über der

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